21.10.2025 - Anne-Katrin Wehrmann

Was es wirklich bedeutet, ein Familienbetrieb zu sein

Handwerk

Seit 75 Jahren sorgt die William Koch Baugesellschaft für Wohnkomfort in Bremen

In 75 Jahren hat sich der kleine Maurer-Betrieb William Koch zum modernen Sanierungsspezialisten entwickelt. Geschäftsführer Axel Uhrlaub begegnet dem Fachkräftemangel, in dem er Geflüchteten, jungen Menschen mit Startschwierigkeiten oder mit Migrationshintergrund eine Chance gibt. Und eine echte Gemeinschaft schafft.

Die Jubiläumsfeier zum 75-jährigen Bestehen der William Koch Baugesellschaft war ganz nach dem Geschmack des Chefs. Sie fand statt auf dem Betriebsgelände in Oslebshausen – und zwar ganz intim, im kleinen Kreis. Mitarbeitende, Ehemalige, ein paar ganz enge Kundinnen und Kunden: mehr nicht. „Ich wollte eine Feier für meine Mitarbeiter“, sagt Geschäftsführer Axel Uhrlaub. „Und die wären untergegangen, wenn wir zu viele Gäste gehabt hätten.“

Ein ganz spezieller Gast war dann aber doch da, nämlich Jürgen Koch, Sohn des Firmengründers William Koch. Und der hatte ein Geschenk dabei, über das sich der jetzige Inhaber besonders freute und das er nun in Ehren halten wird: die lederne Aktentasche, mit der William Koch damals jeden Tag zur Arbeit gegangen ist. „Da sind unter anderem noch seine Stifte und Visitenkarten drin“, erzählt Uhrlaub. „Und eine ungeöffnete Schachtel Zigaretten, weil der Arzt ihm irgendwann gesagt hat, er soll mit dem Rauchen aufhören. Das hat er dann von einem Tag auf den anderen getan.“

Wie sehr sich die Zeiten seit der Gründung 1950 verändert haben, zeigt ein weiterer Inhalt der historischen Aktentasche: ein paar alte, mit dem Firmenschriftkopf versehene Briefpapiere. Einige davon im normalen DIN-A4-Format, andere in etwa drei Viertel dieser Größe. „Papier war damals teuer, und offenbar war William Koch so sparsam, dass er die längeren Angebote auf die DIN-A4-Bögen geschrieben hat und die kürzeren auf die kleineren Blätter.“

Axel Uhrlaub auf dem Betriebsgelände
Geschäftsführer Axel Uhrlaub auf dem Betriebsgelände © WFB/Rathke

Familienbetrieb durch und durch

Koch hatte das Baugeschäft vor 75 Jahren als Baumeister gegründet. Ein Baumeister war damals ein Handwerksmeister, der auch für die Planung des Gebäudes und die Organisation des Baus zuständig war. Nach 25 Jahren übernahm den Betrieb sein Maurermeister Ekkehard Uhrlaub, der ihn wiederum gut 25 Jahre später an Sohn Axel Uhrlaub weitergab. Ursprünglich war das so nicht unbedingt geplant gewesen. „Ich bin da so reingerutscht“, berichtet der heute 63-Jährige.

Das Maurerhandwerk kennt Axel Uhrlaub seit seiner Kindheit, als er auf dem Bau in der Firma seines Vaters aushalf. Nach dem Abitur zog es ihn dann aber zunächst an die Uni, wo er ein Studium begann, das er später als diplomierter Stahlbau-Ingenieur abschloss. „Das ging relativ schnell, weil ich schon immer sehr zielstrebig war“, sagt er. „Bis 18 Uhr hatte ich meine Uni-Sachen fertig, danach konnte ich zum Sport oder mit den anderen feiern gehen.“ Rund zehn Jahre arbeitete Uhrlaub anschließend als Stahlbau-Ingenieur. Dann stieg er in den Betrieb seines Vaters mit ein, um dem Senior unter die Arme zu greifen.

Spezialist für Altbausanierung und viele weitere Bereiche

In den folgenden Jahren ließ sich Axel Uhrlaub zum Betriebswirt sowie zum zertifizierten Sicherheitsingenieur weiterbilden und richtete den Betrieb neu aus – vom reinen Maurerhandwerk hin zu einem Unternehmen, das umfassende Lösungskonzepte für unterschiedliche Kundenanfragen erarbeitet. Dabei hat er sich mit seinem aktuell 19-köpfigen Team unter anderem einen Namen als Spezialist für Altbausanierung gemacht. Ebenso zum Portfolio gehören aber auch Bereiche wie Wohnraumerweiterung, Bauplanung, Balkonbau, Badmodernisierung, Schimmelsanierung oder Kellerabdichtung. Rund 250 Baustellen im Jahr betreut Koch Bau heute, viele davon an Altbremer Häusern.

Was dem Unternehmer ein besonderes Anliegen ist: Jeder, der wirklich arbeiten will und eine entsprechende Einstellung mitbringt, bekommt bei ihm eine Chance. Das betrifft den unbegleiteten Flüchtling aus Albanien, der es inzwischen zum Meister gebracht hat, ebenso wie den Kollegen aus Estland, der ihm vor einigen Jahren als ungelernter Mitarbeiter von der Agentur für Arbeit vermittelt wurde. Auch er ging bei Uhrlaub zunächst in die Lehre, wurde nach erfolgreicher Prüfung Geselle und später sogar Meister. Doch dann musste er aufgrund einer chronischen Entzündung der Unterarme, die er sich durch frühere Fehlbelastungen bei der Arbeit in seiner Heimat zugezogen hatte, den Maurer-Beruf an den Nagel hängen.

Mann mit Aktentasche
Unerwartetes Jubiläumsgeschenk: die lederne Aktentasche von Firmengründer William Koch. © WFB/Rathke

Jeder bekommt seine Chance

Was in einem anderen Betrieb vielleicht zur dauerhaften Entlassung geführt hätte, bedeutete hier nicht das Ende, sondern einen neuen Anfang für den 36-jährigen Esten. „Mir war klar, dass es nicht gut aussieht für ihn“, sagt Uhrlaub. „Er ist verheiratet und hat drei Kinder, da habe ich überlegt: So gut, wie er sich mit allem auskennt, kann er doch auch im Büro anfangen und mich in der Verwaltung unterstützen.“ Gesagt, getan: Nach einigen Wochen zur Probe ist der Mann seit Anfang des Jahres fest als Bürokraft eingestellt und kümmert sich seither um die Einteilung von Mitarbeitenden, Abrechnungen, Baustellenplanungen und Ähnliches.

Auch der junge Mann mit türkischem Hintergrund, der Anfang August seine Ausbildung begonnen hat, passt nicht unbedingt ins klassische „Schema F“. Er lege autistische Züge an den Tag und sei so schüchtern, dass er kaum mit Fremden kommunizieren könne, berichtet sein Chef. Seine Chance bekam er trotzdem: „Weil er von sich aus zu uns gekommen ist und ich gemerkt habe, dass er es ernst meint.“ Der junge Mann wolle unbedingt lernen, sei höflich, zuverlässig und habe soziales Benehmen. „So etwas mag ich. Und inzwischen ist er auch bei den anderen gut angekommen – weil sie merken, dass er sich geschickt anstellt und schnell lernt.“

Soziale Grundhaltung, verlässliche Mitarbeiter

Eine soziale Grundeinstellung habe er schon in seinem Elternhaus vermittelt bekommen, sagt der Unternehmer über sich selbst. Außerdem habe er lange Zeit Handball gespielt – ein echter Teamsport, bei dem man fürs Leben lerne. „Da ist jeder für jeden da. Zuerst wird man von den Größeren ausgebildet, später trainiert man selbst die Kleineren. Das ist ganz normal.“ Mit dieser Haltung konnte er in seinem Betrieb auch schnell einen guten Draht zu den jungen Geflüchteten aufbauen, die er im Laufe der Jahre ausbildete. Die hätten bei ihm nicht nur Arbeit, sondern auch Heimat und einen Vaterersatz gesucht, erzählt er. „Und das konnte ich ihnen bieten.“ Indem er sich Zeit nahm, mit ihnen lernte, ihnen Vertrauen schenkte. Und nicht zuletzt: mithilfe von festen Strukturen und klaren Hierarchien.

Für Axel Uhrlaub ist seine Offenheit gegenüber Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen nicht nur selbstverständlich, sondern zugleich auch eine Voraussetzung dafür, in Zeiten von Fachkräftemangel verlässliche Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. „Anders würde es gar nicht gehen, das ist ganz klar“, betont er. Wenn er merke, dass jemand motiviert und im positiven Sinne gierig sei, investiere er gerne Zeit und Energie in dessen Ausbildung – auch, wenn es anfangs vielleicht Sprach- oder Lernprobleme gebe. „Aber ich weiß dann, dass ich hinterher gut ausgebildete Leute habe. Und die wollen dann auch bleiben.“ So lautet sein Rat an andere Unternehmen: „Gebt jungen Leuten eine Chance! Und wenn ihr dauerhaft gute Fachkräfte haben wollt: Bildet sie selbst aus.“

Teamfoto
Eine enge Gemeinschaft - das Team der William Koch Baugesellschaft © William Koch

Teamplayer mit Blick für sein Umfeld

Neben dem Blick auf seine Mitarbeitenden denkt der Firmenchef auch an die Zukunftsthemen der Branche. Nachhaltigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle – sowohl im Hinblick auf Bauprojekte als auch im eigenen Betrieb. Auf dem Dach produziert schon seit einigen Jahren eine Photovoltaikanlage Strom. Nun plant Uhrlaub, diese mit einer Dachbegrünung zu kombinieren. Zusätzlich will er bei Gelegenheit eine kleine Windkraftanlage installieren. „Das rechnet sich wirtschaftlich vielleicht nicht sofort“, räumt er ein. „Aber ich bin da idealistisch und sehe es auch als Investition in die Zukunft.“ Zudem wolle er ausprobieren, was funktioniere – nicht nur für seinen Betrieb, sondern auch für seine Kunden.

Bei allem, was er tut, endet sein Blick nicht an den Grenzen seines Firmengeländes im Gewerbegebiet Riedemannstraße/Reiherstraße. Da passt es ins Bild, dass er sich auch in das Gewerbegebietsmanagement der WFB Wirtschaftsförderung Bremen mit einbringt: Unter anderem hat er in diesem Rahmen voriges Jahr ein Sommerfest für die Betriebe in der Nachbarschaft organisiert. „Ich finde es gut, dass es das gibt“, stellt er klar. „Und dass wir Unternehmer wissen: Da ist eine Institution, die sich kümmert.“ Für die Gewerbetreibenden sei das Programm eine gute Gelegenheit, über gemeinsame Veranstaltungen ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln. „Mir ist wichtig, dass hier nicht jeder nur Einzelkämpfer ist. Wenn wir uns austauschen und gemeinsam für ein sauberes, attraktives Umfeld sorgen, profitieren alle davon.“

Und so wird auch am Schluss dieser Geschichte noch einmal deutlich, dass der 63-Jährige ein echter Teamplayer ist, der immer auch seine Umgebung im Blick hat. Wie bei den Kundenaufträgen, bei denen er immer schaue, welcher Mensch vor ihm stehe: „In welcher Lebenssituation ist er? Was für ein Budget hat er? Und wie kann ich für ihn die beste Lösung finden?“ Letztlich sei es sein Antrieb, glückliche Menschen um sich zu haben, sagt Axel Uhrlaub. „Und wenn mir das gelingt, bin ich auch glücklich.“

Das Gewerbegebietsmanagement der WFB

Gemeinsam den Wirtschaftsstandort weiterentwickeln - das steckt hinter der Idee des Gewerbegebietsmanagements: Die Unternehmen vor Ort enger vernetzen, gemeinsam das Gebiet attraktiver gestalten oder einfach nur ein offenes Ohr für die Anliegen zu haben. Unsere Expertinnen und Experten organisieren Veranstaltungen, informieren über Förderangebote und fördern den Austausch von Kompetenzen und Stärken innerhalb der Gebiete.

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