Vom Pferdefuhrwerk bis zur KI – 220 Jahre Logistik-Urgestein F. W. Neukirch
Maritime Wirtschaft und LogistikBremische Spedition feiert Jubiläum
Die Bremer Spedition F. W. Neukirch (GmbH & Co.) KG blickt auf eine lange Historie zurück, die Anfang des 19. Jahrhunderts begann. Damit ist sie eines der traditionsreichsten Bremer Unternehmen.
Es sind turbulente Zeiten, als der junge Friedrich Neukirch im Jahr 1805 in Bremen mit Pferd und Wagen in das Fuhrgeschäft einsteigt: Napoleon überzieht Europa mit Krieg, der Überseehandel Englands mit Kolonialwaren kommt durch die Kontinentalsperre Frankreichs zum Erliegen und die Wirtschaft der Hansestadt Bremen mit ihrer Schifffahrtstradition leidet. Doch wo Umbrüche sind, entstehen auch Chancen. So wird in Norddeutschland der Handel zu Land plötzlich bedeutender.
Neukirch nutzt diese Chance offenbar sehr gut, denn schon 1822 gehört er zu Bremens größten Fuhrleuten – mit mehr als 100 Pferden, eigenen Lagerhäusern und einer Schmiede. Mit dem Aufkommen neuer Technologien und Institutionen – Bremens erstes Dampfschiff startet 1817, die erste Eisenbahnlinie eröffnet 1847, der Norddeutsche Lloyd gründet sich 1857 – wächst auch das Unternehmen in neue Aufgabenbereiche wie den Seehandel oder das Speditionsgeschäft. So entwickelt sich der Betrieb kontinuierlich weiter und erschließt mit jeder neuen technologischen Errungenschaft weitere Geschäftsfelder.

Ein Erbe mit Gewicht?
220 Jahre Logistikgeschichte prägen das Unternehmen. Doch wie geht die heutige Generation mit dieser Tradition um? „Zunächst hat man eine Verantwortung gegenüber den Kunden, dem Unternehmen und den Angestellten, nicht gegenüber der Vergangenheit“, stellt der heutige Geschäftsführer Martin Schlömp klar. „Aber natürlich will man diese lange Historie fortführen.“
Diese Worte sind umso signifikanter, da Schlömp erst seit April 2025 an der Unternehmensspitze steht, aber schon eng mit dem Unternehmen verhaftet ist. In der langen Geschichte der Firma, die zu den ältesten in der Hansestadt gehört, wird somit ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Am Hauptsitz erinnert vieles an die Tradition: In vielen Räumen hängen großformatige Fotoaufnahmen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Darauf zu sehen sind Pferde, Dampfschiffe oder die ersten Motorwagen.
F. W. Neukirch - Spedition durch und durch
All das ist passé. Was über all die Jahre geblieben ist: Auch heute steht das Transportwesen noch immer im Fokus. Als internationale Spedition im See-, Land- und Luftfrachtgeschäft will das Unternehmen weiterwachsen, so wie einst schon zu Zeiten von Friedrich Neukirch. „Wir wollen expandieren und unbedingt weiter diversifiziert aufgestellt sein“, so Schlömp.

Vier Standorte betreibt das Unternehmen in Bremen, einen in Niedersachsen. Am Hauptsitz im Gewerbegebiet Bremer Kreuz verfügt es über 30.000 Quadratmeter Lagerfläche, im Güterverkehrszentrum GVZ über weitere 20.000. Die Kontraktlogistik für verschiedene Kundinnen und Kunden ist ein wichtiges Standbein.
Es müssen nicht immer die großen internationalen Player sein, die anklopfen. „Die meisten unserer Kunden stammen aus dem Mittelstand. Und wir machen auch private Umzüge, etwa wenn es per Seecontainer nach Übersee geht. Auch solche Geschäfte organisieren wir“, sagt Schlömp.
Diese Bandbreite helfe, das Unternehmen auf solide Füße zu stellen – ebenso wie die feste Verankerung im Bremer Mittelstand. Schlömp, der jahrelang in leitenden Funktionen bei Logistikdienstleistern gearbeitet hat, schätzt das: „Flache Hierarchien und eine offene Kommunikation machen uns flexibler. Wir können schneller Entscheidungen treffen, was in einer schnelllebigen Branche hilfreich ist. So konkurrieren wir auch erfolgreich mit den großen Namen im Speditionswesen.“

Globalisierungstrends gehen auch an Neukirch nicht vorüber
Wie schon im Jahr 1805 steht das Unternehmen auch heute wieder turbulenten Zeiten gegenüber. Diesmal sind es die Risiken im internationalen Handel, wie zum Beispiel im USA-Geschäft. „Ein Container braucht sechs Wochen bis New York. Aktuell können wir nicht sagen, welcher Zollsatz bei seiner Ankunft herrschen wird – das macht das Geschäft schwer kalkulierbar“, erklärt Schlömp.
Auch der Blick auf neue Technologien steht im Fokus. Künstliche Intelligenz steht bei Schlömp weit oben auf der Agenda– etwa bei der Auswertung von Paketdaten oder bei Auditchecks. Hier plant das Unternehmen erste Pilotprojekte.
Neue Technologien wie die KI könnten auch helfen, dem Fachkräftemangel in der Branche entgegenzuwirken. Denn auch F.W. Neukirch spüre diesen, ergänzt Sarah Bösche, verantwortlich für Personalmarketing und Personalentwicklung bei F.W. Neukirch. Es sei zunehmend schwierig, Ausbildungsstellen zu besetzen und junge Menschen dann auch langfristig zu halten. „Die Logistikbranche hat weniger Zugkraft als etwa der Auto- oder Flugzeugbau hier in Bremen – das muss man ganz klar sagen.“
Das Unternehmen will mit Aufklärung gegensteuern und zeigen, wie vielfältig ein Logistikjob heutzutage sein kann. „Das Berufsbild wandelt sich, die Aufgaben werden komplexer, und die Ansprüche steigen. Das müssen wir auch sichtbar machen.“
Die Spedition besucht deshalb nicht nur Jobmessen, sondern auch Schulen und ist auf Social Media aktiv. „Wir wollen Berührungsängste abbauen, aber auch eine klare Erwartungshaltung kommunizieren. Viele Schülerinnen und Schüler können sich gar nicht vorstellen, wie so ein Arbeitsalltag aussieht und was es heißt, für ein Unternehmen zu arbeiten.“
Das sieht auch Geschäftsführer Schlömp so: „Es geht nicht nur um Benefits oder das Gehalt. Wir müssen die Wertigkeit eines Unternehmens vermitteln, wenn wir junge Menschen halten wollen.“

Die 250-Jahr-Feier kann kommen
Trotz aller Herausforderungen sieht sich das Unternehmen gut aufgestellt. Da wagt der Geschäftsführer auch mal einen Blick ins Jahr 2055 – wenn Neukirch sein 250-jähriges Bestehen feiern könnte. „Logistik wird immer ein ‚People Business‘ bleiben – egal, wie KI und Robotik voranschreiten. Als Organisation brauchen wir Menschen, aber natürlich anders als heute, mit neuen Aufgabenstellungen.“
Er fügt hinzu: „Unsere Gesellschaft wird immer Logistik benötigen – ob die Globalisierung nun zurückgeht und sich internationale Abhängigkeiten reduzieren, oder eben nicht.“
Friedrich Neukirch hätte sich 1805 zwar eine Welt mit KI, riesigen Containerschiffen und global vernetzten Lieferketten kaum vorstellen können, aber andere Herausforderungen von heute, wie Zollstreitigkeiten, kannte er schon damals. Man kann sagen: Vieles hat sich verändert, doch der Umgang mit Unsicherheit ist dem Unternehmen damals wie heute vertraut. Und diese Erfahrung wird F.W. Neukirch auch in Zukunft stark machen.
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