Wie eine Bürger-Energiegenossenschaft in Bremen Arbeitsplätze schafft
Social EntrepreneurshipDie Bürger Energie Bremen eG gestaltet die Energiewende mit
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Genossenschaften als Gesellschaftsform bieten im Bereich der Energieversorgung viele Vorteile. Die Bürger Energie Bremen (BEGeno) ist ein Vorzeigebeispiel für eine Bürgerenergiegenossenschaft, die auf mehr als nur Rendite abzielt.
Wenn Rike Fischer mit ihrem Cityrad durch den Bremer Westen düst, durch Reihen von Stadthäusern und kleine, versteckte Parks, dann kann die Designerin genau auf die Häuser zeigen, auf deren Dächern die Bürger Energie Bremen (BEGeno) Solaranlagen errichtet hat.
Als Aufsichtsratsmitglied kennt sie natürlich die Projekte der mittlerweile zehn Jahre alten Bürgerenergiegenossenschaft. Da sind nicht nur die Solaranlagen auf den beiden neuen Mehrfamilienhäusern im Stadtteil Walle, sondern auch Solarmodule auf Gewerbedächern, Grundschulen oder Kirchengemeinden in Bremen und umzu, bis hin zu zwei Windkraftanlagen, die auf freiem Feld in Bremen bzw. Niedersachsen stehen. „Die ersten genossenschaftlich finanzierten Bürgerwindanlagen im Raum Bremen“, so die überzeugte Aufsichtsrätin.
Mitbestimmen, mitmachen, sich für die Energiewende engagieren und eine dezentrale Energieversorgung sicherstellen – das ist die Idee hinter der BEGeno. Ein aktiver Kern der mittlerweile rund 360 Mitglieder engagiert sich in Arbeitsgruppen, um die Genossenschafts-Idee voranzutreiben. Hier geht es um mehr als nur Rendite. „Wir wollen, dass jede und jeder nachhaltige Energieerzeugung erleben kann. Wir wollen Stromkosten dauerhaft senken. Dazu arbeiten wir mit vielen verschiedenen Interessengruppen und vereinbaren individuelle Betreibermodelle.“
Neben eigenen Anlagen entwickelt die BEGeno so verschiedenste Varianten der Energieversorgung: PV-Strom-Direktlieferungen, Contracting, Mieterstrom, Eigenbedarfsanlagen. Sie übernimmt neben Planung und Einrichtung auch Finanzierung, Administration, Service- und Wartungsaufgaben.
Geschickte Kombination für die Energiewende
Aber es geht noch um mehr. Dazu radelt Fischer ins Gewerbegebiet Bayernstraße im Bremer Westen, wo Lager und Büros der BEGeno liegen. Hier, in einem unscheinbaren Lagerhaus, trifft sie auf Tobias Jaletzky. Er ist seit 2021 nicht nur der erste hauptamtliche Beschäftigte der BEGeno, sondern seit 2023 auch geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft.
Er kann einen Einblick hinter die Kulissen der Genossenschaft geben – und auf eine Entwicklung, auf die alle Mitglieder besonders stolz sind: die BEGeno Solar GmbH. Der mittlerweile acht Beschäftigte starke Eigenbetrieb der Genossenschaft projektiert, plant und baut Solaranlagen sowohl für die BEGeno als auch für Privat- und Gewerbekund:innen. Damit schafft die Genossenschaft nicht nur Arbeitsplätze in einer nachhaltigen Branche; etwaige Gewinne aus der Geschäftstätigkeit kommen auch wieder der Genossenschaft zu.
„Die Tochterfirma erweitert unsere Möglichkeiten, über sie können wir als Dienstleisterin auftreten und so Photovoltaik für jedermann und überall aufs Dach bringen. Im ersten Jahr des Bestehens hat der Betrieb bereits mehr PV-Leistung installiert, als die Genossenschaft in den letzten zehn Jahren“, erzählt Jaletzky. Und kann so eben auch zur Energiewende beitragen.
Natürlich kommt ihnen dabei der Boom in der Solarenergie zugute. Steigende Energiekosten sowie die stetig fallenden Modulpreise machen Photovoltaik für Immobilienbesitzende immer attraktiver, die Nachfrage nach Dienstleistenden steigt. „Hinzukommt, dass wir mit unserem Eigenbetrieb für eine hohe Qualität der Installation sorgen können und nur die Geräte und elektrischen Anlagen einbauen, von denen wir wirklich überzeugt sind“, so Jaletzky weiter. Denn in der wachsenden Solarbranche gebe es auch manchmal schwarze Schafe.
Wie Genossenschaften alternatives Wirtschaften ermöglichen
Im Kern der Genossenschafts-Aktivitäten stehe aber der positive Zweck für die Gemeinschaft. Das ist ein typisches Anliegen für alternative Wirtschaftsformen wie Genossenschaften. Sie ermöglichen basisdemokratische Entscheidungen (jedes Mitglied hat eine Stimme) und stellen Verantwortung in den Mittelpunkt. „Auf unserer Generalversammlung kann jedes Mitglied den Kurs mitbestimmen. Wer sich mehr engagieren möchte, hat auch dazu die Möglichkeiten“, so Jaletzky. Zu den Entscheidungen gehöre zum Beispiel auch die Verwendung des Jahresüberschusses: Während ein Teil an die Mitglieder als Zinsen ausgeschüttet werde, gelange ein anderer über Spenden in die Gesellschaft. „Dabei unterstützen wir lokale Projekte. Die Verwurzelung in Bremen ist uns wichtig, wir wollen Gutes Erreichen. Und das ist ja auch der Zweck der Genossenschaft und zugleich unser Antrieb.“
In den mittlerweile zehn Jahren ihres Bestehens hat die Genossenschaft viel Erfahrung gesammelt, sowohl im ehrenamtlichen Engagement als auch mit stetigem Wachstum und dem größeren Organisationsaufwand, die damit entstehen. „Ich würde neuen Initiativen empfehlen, klein anzufangen, mit nicht mehr als 20 Mitgliedern, und erste Projekte zu sichern“, rät Jaletzky. Zudem lohne sich eine Beratung durch den Genossenschaftsverband immer vor Gründung.
Teil von etwas Größerem sein
Jaletzky und Fischer wissen aber auch, dass eine Genossenschaft allein noch keine Energiewende macht. Deshalb engagiert sich die BEGeno nicht nur lokal für Bremen, sondern bringt sich auch überregional ein: als Teil der Bürgerwerke, einem Verbund von Bürgerenergiegesellschaften. Über sie kann die Bremer Genossenschaft etwa Stromtarifverträge anbieten und damit auch als Energieversorgerin für Bremer Bürgerinnen und Bürger auftreten – unabhängig von einer Mitgliedschaft.
Zudem vernetzen sich die Energieexpert:innen mit weiteren lokalen Genossenschaften, um größere Projekte zu stemmen, aktuell etwa an einem Bürgerwindpark im Landkreis Zeven. „Wir können so Risiken streuen und damit minimieren. Denn während Solaranlagen meist kleinere Projekte sind, ist der Betrieb von Windenergieanlagen schon ein ganz anderes Kaliber und erfordert Millioneninvestitionen“, so Jaletzky. Das sei für kleinere Energiegenossenschaften kaum ohne Fremdkapital zu schaffen.
Und so, ist Jaletzky überzeugt, gelte der jetzt schon 160 Jahre alte Leitsatz der Genossenschaftsidee nicht nur fürs Individuum, sondern eben auch für den Verband von Genossenschaften: „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele gemeinsam“.
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