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1.5.2014 - Ingrid Krause

Einzigartig: Das Bremer Haus

Tourismus
Altbremer Haus in der Mathildenstraße im Viertel
© Ingrid Krause

Wer durch die Wohngebiete der Stadt spaziert, dem fällt sofort auf: Irgendwas ist hier anders als in anderen deutschen Großstädten. Ähnlich wie in Großbritannien oder den Niederlanden wurden, einzigartig in Deutschland, die Viertel mit Reihenhäusern gebaut.

Damals, Mitte des 19. Jahrhunderts, fing es an: Die industrielle Entwicklung führte zu einem rasanten Wachstum der Städte, in Berlin oder Hamburg wurden Mietskasernen gebaut. In Bremen hat man sich entschieden, diese zu verbieten. Es wurden Reihenhäuser gebaut, die als Einfamilienhäuser konzipiert waren.

In Bremen wohnten um 1900 pro Haus nur 7,6 Personen, in Hamburg dagegen 23,3, in Breslau 40,7 und in Berlin sogar durchschnittlich 50 Personen. Erst die Zeit nach dem 2. Weltkrieg brachte entscheidenden Wandel. Dennoch lebt nahezu jede zweite Familie im Lande Bremen in einem Eigenheim oder einer Eigentumswohnung. Auf das sich im 19. Jahrh. entwickelnde Wohnen in großen Häusern, umgeben von Parks, z. B. an der Marcusallee oder in Oberneuland, bezog sich der alte Spruch, der die Angewohnheiten der Hansestädter vergleicht: “Die Lübecker trinken, die Hamburger essen und die Bremer wohnen über ihre Verhältnisse.”
Quelle: Bremer Lexikon, Werner Kloos und Reinhold Thiel, Verlag H.M. Hauschild Gmbh, Bremen

Das Bremer Haus, im  Sprachgebrauch meist Altbremer Haus genannt (da es ja alt ist, logisch), gibt es in großer Form für die reichen Kaufleute und Kapitäne und in kleiner Form für die Arbeiter und Handwerker. In der Größe, der Ausgestaltung und der Anzahl der Stockwerke gibt es natürlich große Unterschiede, der Aufbau ist aber im Grunde gleich. Wikipedia stellt dies mit Grundrissen und Zeichnungen detailliert dar, ich fasse hier nur die wesentlichen Merkmale zusammen.

Altbremer Reihenhaus mit Blumen auf der Veranda
Typisches Altbremer Haus mit Veranda © Ingrid Krause

Stil und Aufbau des Bremer Hauses

Der Stil der häufig wie Zuckerbäckerhäuschen anmutenden Bauten entwickelte sich über die Jahre vom Klassizismus über den Historismus hin zum Jugendstil.

Das Straßenniveau ist aus Hochwasserschutz-Gründen höher als das Gartenniveau. Jedes Haus steht direkt an der Straße, eine Hinterhofbebauung war früher verboten. Da das Straßenstück vom Eigentümer bezahlt werden musste, ist die Breite eher gering, das Haus streckt sich nach hinten. Ursprünglich hatten fast alle Häuser einen Vorgarten, aufgrund der Verkehrsentwicklungen wurden aber einige Straßen verbreitert, weshalb diese teilweise entfielen.

Eine Glasveranda gab es erst später; daran erkennt man neuere Bauten, die meist weiter weg von der Altstadt stehen. In der Regel gibt es ein Souterrain, das an der Straße halbhoch über dem Straßenniveau liegt, hinten aber die komplette Geschosshöhe zum Garten oder kleinen Hinterhof aufweist. Im Garten standen damals die Toilettenhäuschen, im Souterrain wohnte und arbeitete bei vermögenden Eigentümern das Personal. Die Küche und Wirtschaftsräume befanden sich hier, heute sind im Souterrain oft komplette Wohnungen eingerichtet.

Eine Treppe führt zum Hochparterre, das man durch einen Windfang betritt. Auf der einen Seite liegen hintereinander zwei große Räume, auf der anderen die Treppe und dahinter ein kleiner Raum, heutzutage oft die Küche. Der Aufbau in der ersten Etage ist identisch, über dem Windfang befindet sich ein weiterer kleiner Raum. Im Dachgeschoss gab es früher meist kleine Kammern. Heute sind die Bremer Häuser häufig in zwei Wohneinheiten aufgeteilt: Eine Partei bewohnt das Souterrain und das Hochparterre, die andere die erste Etage und das Dachgeschoss.

Im Garten bzw. Hof findet man vereinzelt immer noch Schuppen, in denen früher Schweine und Hühner gehalten wurden. Der Zustand mit der Toilette im Garten hat sich glücklicherweise erledigt, diese befindet sich häufig direkt unter der Treppe.

Die Bauweise führt dazu, dass sich Bremen in der Fläche sehr ausdehnt, und die Bebauung nicht besonders hoch ist. Die Lebensqualität empfinde ich auch dadurch als besonders hoch.

Viele Bremer Häuser wurden im 2. Weltkrieg zerstört oder beschädigt, viel Schaden wurde aber auch rund um die 1960er Jahre angerichtet. Der Stuck wurde als hässlich empfunden, glatte Fassaden sollten her, Decken wurden wegen der Heizkosten abgehängt. Wie sagte es einmal ein Makler? Eine wetterunempfindliche Fassadengestaltung – er meinte die Verkleidung mit Riemchen. Aktuell sind es energetische Gründe die dazu führen, dass intakte historische Fassaden durch die Anbringung von Wärmedämmung zerstört werden. Es bleibt zu hoffen, dass hier die Möglichkeiten der Innendämmung noch besser entwickelt und erkannt werden.

Auch Neubauten werden häufig im Stil der Bremer Häuser gebaut, doch nun sehen sie natürlich modern aus und heißen neudeutsch “Townhouse”.

Collage: Zwei Haus-Modelle im Focke-Museum
Modelle von zwei Bremer Häusern © Sigrid Sternebeck, Focke-Museum

Modelle des Bremer Hauses im Focke-Museum

Im Focke-Museum, dem Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, befinden sich Modelle eines kleineren und eines größeren Bremer Hauses. Natürlich gibt es hier auch viele weitere Informationen zum Thema. Einen Besuch des spannenden Museums empfehle ich euch dringend!

Collage: verschiedene Reihenhäuser in Bremen
Ansichten mehrerer Strassenzüge und Fassaden von unterschiedlichen Bremer Häusern, Ostertor und Neustadt © Ingrid Krause
Reihenhäuser in der Parkallee
Parkallee in Schwachhausen mit Häusern für den dickeren Geldbeutel © www.planb-bremen.de

Bremer Häuser in den Stadtvierteln

Wer die Bremer Häuser entdecken möchte, verlässt am besten die großen Straßen und flaniert durch die Wohnviertel. Ob in Vegesack, Walle, Findorff … die schönen Häuser sind überall zu finden. Drei Quartiere halte ich aber für besonders interessant:

Ausgesprochen große Bremer Häuser befinden sich im Stadtteil Schwachhausen. Vom Bahnhof kann man durch das wunderbare Barkhof-Quartier über den belebten Verkehrsknotenpunkt Stern zur Wachmannstraße schlendern. Hier gehen einige Straßen ab, in denen man besonders schöne Fassaden findet. Danach bietet sich ein Gang durch den Bürgerpark an.
Kulturdenkmäler in Schwachhausen

Sehr viele und schöne Bremer Häuser gibt es auch im Bereich Ostertor, Steintor und Peterswerder. Besonders im Ostertor kann man sich in den Seitenstraßen leicht verirren, also empfehle ich ortsunkundigen einen Plan. In der Mittelstraße, die vom Ostertorsteinweg abgeht, sieht man auf der einen Seite Bremer Häuser von hinten; die schmucke Vorderseite erkennt man in der Mozartstraße. Die Mathildenstraße war damals eine Art Katalog; sie zeigte live verschiedene Möglichkeiten der Fassadengestaltungen, die man dann für das eigene Haus bestellen konnte. Besonders schöne Straßenzüge gibt es auch rund um die Hamburger Straße.
Kulturdenkmäler in der Östlichen Vorstadt

Auch sogenannte Zigarrenmacher-Häuser gibt es noch, und zwar in der Neustadt. Das Denkmal am Buntentorsteinweg zeugt von dem alten Handwerk. Ich konnte solch ein Haus mal besichtigen, es muss extrem eng und kalt gewesen sein. Heute wohnen in dem speziellen Haus viele Monteure auf engstem Raum. Um die Gegensätze gut zu erfassen ist mein Tipp, in der Gneisenaustraße und Yorckstraße zu starten und die schmucken Fassaden dort zu genießen. Dann geht es durch die Hardenbergstraße bis zum Ende und weiter durch die Verlängerung, den Siebenrutenweg. Viele der kleinen Häuser befinden sich hier, rund um den Rosenpfad.

Touren für Architektur-Interesssierte

Die “Entdeckerstrecke Altstadt und Viertel” führt ebenfalls durch Straßen mit alten Bremer Häusern der Östlichen Vorstadt. In unserem Tourenplaner findet ihr zudem weitere Tourentipps.

Wohnstraße mit parkenden Autos im Viertel
Wohnstraße im Bremer Ostertor © Jonas Ginter

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