Fahrradkultur gestalten, erleben, genießen: ein Blick auf das Projekt „BIKE IT!“
StandortmarketingEin Gespräch mit WFB-Projektleiter Peter Sämann zum Radmarketing
Kurze Wege, flaches Land, grüne Strecken und viel zu sehen – kein Wunder, dass die Hansestadt so beliebt bei Radfahrenden ist. Zum dritten Mal in Folge wurde Bremen in einer Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) zur fahrradfreundlichsten Großstadt in Deutschland gewählt. Auf 1.000 Menschen kommen in Bremen 916 Fahrräder – damit sind doppelt so viele Fahrräder wie Autos in der Stadt unterwegs. Zunehmend positioniert sich Bremen als Reiseziel im Radtourismus. Das liegt nicht zuletzt an der kontinuierlichen Förderung des Radverkehrs durch das Projekt „BIKE IT!“. Dieses Jahr bündelt zusätzlich das Themenjahr „FAHRRADja! 2024. Bremen bewegt Dich“ eine Vielzahl von Festivals, Veranstaltungen und mehr rund um das Fortbewegungsmittel auf zwei Rädern.
Bereits seit 2021 ist Peter Sämann für das Projekt „BIKE IT“ tätig, seit dem vergangenen Jahr hauptverantwortlich. Unterstützt wird er dabei zusätzlich von Victoria Reischl, die neben der Veranstaltungsförderung ebenfalls bei „BIKE IT!“ mitwirkt.
Herr Sämann, worum geht es bei „BIKE IT!“?
Sämann: Das Projekt „BIKE IT!" ist ein Vorhaben zur Förderung der Radkultur in Bremen und konzentriert sich auf die Entwicklung und Organisation von Fahrradaktivitäten sowie die Gestaltung von Radroutenkarten und die Vernetzung von Akteuren der Fahrradszene. Zu den Hauptzielen und Schwerpunkten dieser Initiative gehört die Förderung des Radtourismus, um Bremen sowohl für Bremerinnen und Bremer als auch für Touristinnen und Touristen mit dem Drahtesel erlebbar zu machen. Dazu gehört neben den eigens konzipierten Fahrradrouten eine kostenlose Navigations-App, welche die verschiedenen Rad-Runden in Bremen beschreibt.
Wir organisieren verschiedene Veranstaltungen, die das Fahrradfahren als attraktive Freizeitmöglichkeit in den Fokus rücken. Hierzu zählen unter anderem die BIKE IT! Film Night Rides, bei denen verschiedene Orte thematisch durch eine Fahrradtour verbunden werden und dort jeweils Filmvorführungen stattfinden. Außerdem gibt es das Lastenradfestival „Cargo BIKE IT!-Festival" mit Lastenradrennen, einen Pumptrack, die „Bike-inale“ im Rahmen der Breminale sowie das „Altbaukriterium“, ein Indoor-Radrennen, der in außergewöhnlichen Locations abgehalten wird. Das alles sind Mitmach-Aktionen, bei denen die Community miteinbezogen wird. Daher spielen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls eine wichtige Rolle, um auf die Veranstaltungen aufmerksam zu machen.
Was sind Ihre Aufgabenbereiche bei „BIKE IT!“?
Sämann: Meine Rolle in diesem Projekt liegt vor allem im Bereich der Veranstaltungen und im Partner:innenmanagement. Ich arbeite eng mit verschiedenen Kooperationspartnerinnen und -partnern zusammen, um die Organisation und Durchführung der verschiedenen Aktivitäten sicherzustellen. Außerdem pflege ich den Austausch mit den Radverkehrsplaner:innen des Bremer Senats und andere relevante Akteurinnen und Akteure, um das Radfahren in Bremen attraktiver zu gestalten und als Alltags- und Freizeitverkehrsmittel weiter zu etablieren.
Warum spielt Fahrradfahren so eine wichtige Rolle für Bremen?
Sämann: Fahrradfahren ist ein wesentlicher Bestandteil des Alltagverkehrs. Diese Stadt ist für ihre Fahrradfreundlichkeit bekannt, viele Bewohner:innen nutzen das Fahrrad täglich, um zur Arbeit zu kommen, Besorgungen zu erledigen oder einfach die Stadt zu erkunden.
Das Fahrrad ist Teil der Lebensqualität der Stadt, insbesondere durch die kurzen Wege, die flache Topografie und den ständigen Rückenwind. Mit dem Fahrrad können Menschen schnell und unkompliziert von einem Ort zum anderen gelangen, ohne sich um Parkplätze oder Staus kümmern zu müssen.
Wie stehen Sie persönlich zum Thema Fahrradfahren?
Sämann: Für mich ist das Fahrrad das beste Fortbewegungsmittel in der Stadt. Je nach Route kann man zum Beispiel vom Zentrum bis nach Bremen-Nord fahren und dabei nur fünf Ampeln auf der Strecke begegnen. Das ist sehr angenehm zu fahren und lässt einen vergessen, dass man sich eigentlich in einer Großstadt befindet. Es ist nicht nur ein Hobby für mich, sondern auch ein Teil meines Lebensstils. Ich genieße es, selbst auf dem Drahtesel zu sein und besitze auch eine recht ansehnliche Sammlung von Fahrrädern – darunter ein Gravelbike, ein Mountainbike, ein Klapprad und ein Lastenrad – aber noch im einstelligen Bereich (lacht).
Meine persönliche Lieblingsrunde führt durch das malerische Fischerhude. Sie ist etwas anspruchsvoller und bietet einige spannende Geländepassagen. Immer wieder gut ist die Blocklandrunde, die eine großartige Möglichkeit bietet, die Fahrradfreundlichkeit von Bremen zu erleben.
Für mich ist die Projektleitung von „BIKE IT!“ die ideale Gelegenheit, Leidenschaft und Beruf zu vereinbaren. Im Rahmen meiner Tätigkeit ist besonders die „BIKE IT!-Stage“ immer wieder ein Highlight. Per Lastenrad wird hierbei eine Bühne durch die Stadt transportiert und bringt Auftrittsmöglichkeiten dezentral und unabhängig auf die Straßen und Plätze. Das ist immer eine besondere Atmosphäre mit einem tollen Publikum.
In diesem Jahr dreht es sich beim Themenjahr rund um das Fahrrad. Inwiefern profitiert „BIKE IT!“ davon?
Sämann: Durch das Themenjahr erhält „BIKE IT!" mehr Marketingpower, da das Thema Fahrrad breiter kommuniziert wird und somit potenziell mehr Menschen erreicht werden können. Das Themenjahr greift außerdem Angebote von "BIKE IT!" auf und verbreitet diese, was dazu beiträgt, die Aktivitäten des Projekts bekannter zu machen. Das Themenjahr wird dazu beitragen, die Fahrradnutzung und -kultur in Bremen zu fördern, indem es dem Fahrradthema eine größere Aufmerksamkeit und Präsenz verleiht. Durch die Platzierung von Fahrradthemen auf Großflächen und die verstärkte Kommunikation werden die Menschen dazu ermutigt, das Fahrrad vermehrt als Verkehrsmittel zu nutzen und sich aktiv mit der Fahrradkultur auseinanderzusetzen.
Es ist jedoch wichtig, „BIKE IT!" klar vom Themenjahr abzugrenzen. „BIKE IT!" ist ein eigenständiges Projekt mit eigenen Themen und Angeboten. Das Themenjahr dient dazu, sämtliche Fahrradaktivitäten der gesamten Stadt abzubilden und zu kommunizieren, während „BIKE IT!" eigene Veranstaltungen startet und Initiativen unternimmt. Aufgrund dessen ist „BIKE IT!“ bei einigen Veranstaltungen des Themenjahres vertreten, jedoch nicht bei allen.
Wie sieht die langfristige Vision für Fahrradmobilität in Bremen aus?
Sämann: Langfristig wäre es natürlich wünschenswert, dass das Fahrrad als primäres Verkehrsmittel gilt und in der Stadt eine vielfältige und gut ausgebaute Fahrradinfrastruktur besteht. BIKE IT! trägt dazu bei, indem es die Aufmerksamkeit für das Thema erhöht, unter anderem indem wir zeigen, wie schön und interessant Radfahren in Bremen sein kann. So werden bestehende Fahrradrouten weiterentwickelt und neue Routen erschlossen. Beispiele dafür sind die Baukulturrunde, die aktuell erarbeitet wird und die Baukultur ab 1920 in den Fokus setzt. Außerdem sind wir dabei, die Gröpelingen-Runde auszubauen und ausgewählte Routen mehrsprachig anzubieten, um die Fahrradnutzung für Menschen verschiedener Sprachgruppen zugänglicher zu machen.
Die tatsächliche Arbeit an der Radinfrastruktur unterstützen wir als Teilnehmende an der „AG Rad“ beispielsweise mit der Zurverfügungstellung von Radverkehrsdaten aus unserer Bike Citizens App. Wir arbeiten eng mit dem Amt für Straßen und Verkehr und dem Senat für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung zusammen, um die touristisch relevante Radinfrastruktur zu verbessern.
Mit welchen Herausforderungen sieht sich das Projekt dabei konfrontiert?
Sämann: Eine Herausforderung ist sicher die Fülle an Stellschrauben, an denen man drehen kann, die Menge der Aktionen, die sinnvoll und notwendig wären und an spannenden Themen, die Aufmerksamkeit verdient haben. Da stößt ein so kleines Projekt schnell an seine Grenzen. Ein kleines Beispiel ist die Präsenz des Fahrradstadtmarketings auf Social Media und die dadurch mögliche Reichweite für das Thema. Das läuft aktuell „so nebenher“, hätte aber viel mehr Aufmerksamkeit verdient, um Potentiale auszuschöpfen.
Persönlich hätte ich auch Lust, weitere spezielle Fahrradrouten zu entwickeln, die verschiedene kulturelle und subkulturelle Aspekte der Stadt Bremen widerspiegeln, wie etwa das Viertel und die Neustadt. Eine „Multi-Kulti“-Route könnte die Vielfalt und Internationalität der Stadt Bremen abbilden. Mein Anliegen wäre auch, vermehrt auf Kinder als Zielgruppe einzugehen, um bereits in jungen Jahren das Fahrradfahren zu fördern und die nächste Generation für eine aktive, nachhaltige Mobilität zu begeistern.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Projekt?
Sämann: Es ist notwendig, die Vernetzung innerhalb der Radfahrgemeinschaft und zwischen den verschiedenen Interessengruppen voranzutreiben. Durch eine verbesserte Vernetzung können Ressourcen gebündelt, Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsame Ziele effektiver verfolgt werden.
Wichtig ist auch, das meist ehrenamtliche Engagement vieler Akteure in diesem Bereich mit ein wenig Finanzkraft zu unterstützen, um das eine oder andere Projekt zu ermöglichen und die Sichtbarkeit in Sachen Fahrradstadt Bremen zu fördern. Außerdem ist erfahrungsgemäß eine gute Mischung aus niedrigschwellig-offenen und szenig-speziellen Veranstaltungen eine gute Kombination, um viele Menschen zu erreichen.
Leidenschaft und Engagement spielen auch eine wichtige Rolle, um als Teil der Szene wahrgenommen zu werden und mittendrin statt nur dabei zu sein. Das ermöglicht auch eine Art Vermittlerposition zwischen den Menschen auf den Fahrrädern und politischen und behördlichen Entscheidungen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Im Rahmen des Projekts „BIKE IT!“ wurden mittlerweile zwölf Fahrradstrecken zur Erkundung von Bremen und Bremerhaven entwickelt. Weitere Informationen zu den Routen, zu aktuellen Veranstaltungen sowie zum Themenjahr „FAHRRADja 2024. Bremen bewegt Dich.“ finden Sie hier.
Erfolgsgeschichten
Seit 2018 setzen die Themenjahre in Bremen innovative Impulse für Stadtmarketing und regionale Wirtschaftsförderung. Sie stärken den Tourismus in der Hansestadt und fördern vielseitige Kooperationen. WFB-Projektleiterin Kristina Brandstädter weiß, was das Bremer Modell erfolgreich macht und welche Ansätze andere Städte nutzen können.
Mehr erfahrenIn der neuen Episode unseres Podcasts geht es um den Werder Bremen-Faktor: Das Verhältnis von Fußball, Sport und Wirtschaft in Bremen. Mit dem Vorsitzender der Werder-Geschäftsführung Klaus Filbry und WFB-Geschäftsführer Oliver Rau.
zum PodcastBremen gehört seit Anfang November 2024 offiziell als Street Art City zu den exklusiven Partner:innen der international agierenden „Street Art Cities“-App.
zur Pressemitteilung