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15.3.2024 - Annemarie Meyer

Stadtführer barrierefreies Bremen: Ein Wegweiser für alle

Tourismus

Stadtführer für Menschen mit Beeinträchtigungen feiert 10-jähriges Jubiläum

Ein Mann im Rollstuhl fährt die Rampe der Kunsthalle Bremen hoch.
Besonders für körperliche Beeinträchtigungen sind oftmals bauliche Maßnahmen wie Rampen, Lifte oder Aufzüge notwendig. © Daniela Buchholz

Barrierefreiheit ist nicht nur ein Wort, sondern ein Versprechen von Inklusion und Zugänglichkeit für alle Menschen, angepasst an ihre individuellen Bedürfnisse. In Bremen hat dieses Versprechen eine lange Geschichte, die bis ins Jahr 1986 zurückreicht, als der erste gedruckte Stadtführer für ein barrierefreies Bremen veröffentlicht wurde. Seitdem hat sich viel getan, um die Stadt für alle erlebbar zu machen – die digitale Version des Stadtführers barrierefreies Bremen feiert in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum.

Selbst alltägliche Aktivitäten wie der Besuch von Ämtern oder Geschäften können für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen eine Herausforderung darstellen, wenn die Einrichtungen nicht barrierefrei sind. Diese Probleme betreffen jedoch nicht nur die Einwohner:innen, sondern auch die Tourist:innen. Reisende mit körperlichen Beeinträchtigungen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, von der Suche nach barrierefreien Unterkünften über eingeschränkte Mobilität in öffentlichen Verkehrsmitteln bis hin zu historischen Stätten und touristischen Attraktionen, die nicht vollständig barrierefrei sind. Menschen mit Hör- und Sehbeeinträchtigungen sehen sich oft mit begrenzten, auf sie zugeschnittenen Angeboten konfrontiert. Daher ist es entscheidend, dass Einrichtungen Informationen über ihre Erreichbarkeit und Aktivitäten für Menschen mit Beeinträchtigungen bereitstellen.

Um die Zugänglichkeit verschiedener Einrichtungen kompakt und übersichtlich zu bündeln, veröffentlichte die Landesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte (LAGH) bereits im Jahr 1986 die erste Printversion eines Stadtführers zur Barrierefreiheit in Bremen. Nach verschiedenen optimierten Neuauflagen bezüglich Qualität und Quantität der Informationen entstand  2009 anlässlich des Kirchentages der Wunsch, verstärkt auf die touristische Barrierefreiheit einzugehen. Für dieses Anliegen wurden das Büro p+t Planung Stadt Land Freiraum sowie Bremen Online, eine Abteilung der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH, mit der konzeptionellen und redaktionellen Gestaltung des neuen Stadtführers beauftragt.

„Bremen Online wurde damals hinzugezogen, da wir bereits umfassend auf unseren Internetseiten über die Stadt informieren. Unsere Zielgruppen sind gleichermaßen Einwohner:innen als auch Tourist:innen“, erinnert sich Holger Mayer, Teamleiter bei Bremen Online. Gemeinsam mit den anderen Beteiligten kam die Idee auf, langfristig einen Mehrwert zu bieten und den Stadtführer nachhaltiger zu gestalten, indem er online zur Verfügung gestellt wird. Zusätzlich verpflichteten zunehmende politische Richtlinien dazu, umfassender über die Barrierefreiheit zu informieren. Es folgte die Veröffentlichung des Online-Stadtführers im Jahr 2014, welcher dann 2018 mit der Eröffnung des Portals „Bremen barrierefrei“ um redaktionelle Inhalte erweitert wurde. Mittlerweile sind mehr als 800 Einrichtungen im Stadtführer erhoben. Die Daten sind verknüpft mit Brancheneinträgen der jeweiligen Einrichtungen. Diese liegen nicht nur im Portal „Bremen barrierefrei“, sondern auch im Stadtportal bremen.de und in der App „Dein Bremen Guide“.

Der Stadtführer richtet sich an Menschen mit verschiedenen körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Dies umfasst insbesondere Mobilitätseingeschränkte mit Gehbeeinträchtigungen und Rollstuhlfahrer:innen, sehbeeinträchtige und blinde Menschen, hörbeeinträchtigte und gehörlose Menschen ebenso wie Personen mit Lernschwierigkeiten. „Darüber hinaus sollen weitere Personengruppen angesprochen werden, wie ältere Menschen mit Rollatoren und Gehhilfen, Familien mit Kinderwagen oder auch Personen mit temporären Einschränkungen, beispielsweise infolge eines Unfalls“, erklärt Vera Kulari, bei Bremen Online verantwortlich für die inhaltliche Gestaltung des Portals.

Tastmodell mit dem Relief der Bremer Innenstadt
Für Menschen mit Sehbeeinträchtigung kann ein Tastmodell helfen, sich die Stadt besser vorzustellen. In Bremen ist es vor der Bürgerschaft auf dem Marktplatz zu finden. © WFB/Carina Tank

 „Der Austausch mit den Zielgruppen ist besonders wichtig“

In erster Linie bietet der Stadtführer barrierefreies Bremen Informationen über die Zugänglichkeit verschiedener Einrichtungen, um einen reibungslosen und angenehmen Aufenthalt in Bremen zu gewährleisten. Von rollstuhlgerechten Wegen über barrierefreie öffentliche Verkehrsmittel bis hin zu Informationen über behindertengerechte Einrichtungen und Dienstleistungen – der Stadtführer gibt Auskunft, inwiefern die Zugänglichkeit für Personen mit Einschränkungen gegeben ist. „Dabei liegt der Fokus darauf, inwiefern ein Zugang möglich ist“, berichtet Mayer. Die Erhebung und Qualitätssicherung der Daten für den Stadtführer wird vom Büro p+t Planung Stadt Land Freiraum durchgeführt. Hierfür wurde vorab ein standardisiertes Erhebungs- und Auswertungsverfahren in Form eines Erhebungsbogens konzipiert. Dabei wurden verschiedene Vereine wie unter anderem Selbstbestimmt Leben einbezogen, um sicherzustellen, dass die Kriterien den Bedürfnissen der Zielgruppen entsprechen. Die Teilnahme an der Erhebung ist kostenlos, eine Selbstauskunft der Institutionen und Betriebe ist nicht möglich, um eine objektive Bewertung sicherzustellen.

„Zusätzlich zu den messbaren Kriterien bieten wir redaktionell aufbereitete Infos. Zum Beispiel zu speziell angepassten Führungen in Museen sowie Informationen zu Kosten für Begleitpersonen“, führt Kulari weiter aus. Für Mayer und Kulari ist der Austausch mit den Zielgruppen und deren aktive Beteiligung im Entwicklungsprozess von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Informationen hilfreich und verständlich für alle Zielgruppen aufbereitet werden. Die Informationen im Portal werden größtenteils in Textform zur Verfügung gestellt. Diese Texte sind weitgehend in Einfacher Sprache verfasst und mit Screen-Readern (Vorleseprogrammen) kompatibel. Weiterhin werden in diesem Zusammenhang alternative Texte zur Beschreibung von Bildern sowie Videos in Gebärdensprache bereitgestellt.

Insbesondere findet regelmäßig der Begleitausschuss „Bremen barrierefrei – Informationen für Alle“ statt, um den Stadtführer barrierefreies Bremen kontinuierlich zu verbessern. Teilnehmende sind der Landesbehindertenbeauftragte, verschiedene Ressorts des Senats sowie Behindertenverbände und -vereine. Um die Aktualität der Informationen hochzuhalten, erfolgt eine jährliche Abfrage bei den erhobenen Einrichtungen, ob es Änderungen bei der Barrierefreiheit gab und ob eine erneute Datenerhebung durch das Büro p+t Planung Stadt Land Freiraum erfolgen soll. Weiterhin kann über eine zentrale E-Mail-Adresse jederzeit Lob und Kritik geäußert und auf Fehler oder Ergänzungen hingewiesen werden. Zudem existiert ein bundesweiter Austausch zur Barrierefreiheit, an dem alle Bundesländer teilnehmen. Außerdem besteht die Möglichkeit, diese als Betrieb selbst einzufordern. Die Abteilung Bremen Tourismus der WFB informiert die Agentur ebenfalls über Umbauten und Neueröffnungen im touristischen Bereich.

Eine barrierefreie Stadt für Alle

Für die Zukunft sind zahlreiche inhaltliche Erweiterungen des Portals geplant. Dazu gehört die Datenerhebung von weiteren Bildungs- und Sporteinrichtungen. Redaktionell werden neue Themen bearbeitet, zum Beispiel rund um Wohnen, Bildung, Veranstaltungen, Volksfeste sowie Sensibilisierungsangebote für alle. Vorgesehen ist auch die Einbindung von mehr Gebärdensprachvideos. Ein weiteres Vorhaben ist die Prüfung, inwiefern künstliche Intelligenz, Chatbot-Anwendungen und Avatare eingesetzt werden können. „Wir möchten uns außerdem für die Entwicklung von weiteren barrierefreundlichen Angeboten in der Stadt einsetzen, indem wir intern verstärkt mit Bremen Tourismus zusammenarbeiten“, wünscht sich Mayer.

Über die Barrierefreiheit in der Stadt informiert neben dem Online-Portal auch die Bremen Information in der Böttcherstraße. Außerdem kann hier ein Rollstuhl kostenlos ausgeliehen werden. Der Bus für die täglichen Stadtrundfahrten verfügt über zwei Rollstuhlplätze. Die „City Tour" steuert neben der Innenstadt auch neue Quartiere wie die Überseestadt sowie das Weserstadion sowie das Technologiezentrum an. Eine andere Möglichkeit, die Innenstadt fahrend zu entdecken, bietet der „Stadtmusikanten-Express". Der kleine Elektrobus startet am Marktplatz und führt über die Weserpromenade „Schlachte“ und dem Schnoorviertel bis hin in die Kulturmeile. Eigens konzipierte barrierefreie Rundwege zur Erkundung Bremens beinhalten Stationen, die dank Rampen für Personen mit Kinderwagen, Rollstuhl, Rollator oder anderen Gehhilfen erreichbar sind. Außerdem werden die Rundwege durch Altstadt und Stephaniviertel sowie der Neustadtrundweg in Leichter Sprache beschrieben, der Neustadtrundweg ist zusätzlich per Audioguide abrufbar. Die Führung „Eine sinnliche Zeitreise durch die Böttcherstraße" richtet sich ebenfalls insbesondere an sehbeeinträchtigte und blinde Menschen.

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