Übernachten, wo einst Reis lagerte: Das John & Will Silo-Hotel auf der Bremer Überseeinsel
ÜberseestadtWie sich das neue Silo-Hotel zu einem Leuchtturm für den Bremer Tourismus entwickelt
Noch prägen Baukräne und Baustellen das Bild auf dem ehemaligen Kellogg´s Areal. Doch dort, wo einst das Aroma von frisch gerösteten Cornflakes die Luft erfüllte, entsteht künftig ein pulsierendes, urbanes Quartier, das Wohnen, Arbeiten und Freizeit in Einklang bringen soll. Die Überseeinsel, nicht weit vom historischen Stadtkern Bremens, in unmittelbarer Nähe zur glitzernden Weser, gehört zu den größten und wichtigsten Entwicklungsprojekten Deutschlands und befindet sich in einem stetigen Wandel.
Seit dem 1. August 2024 hat die Überseeinsel ein neues Hotel – doch nicht einfach irgendeins. Das John & Will-Silo Hotel by Guldsmeden hat im ehemaligen Reis-Silo des Cornflakes-Herstellers seine Türen geöffnet. Das imposante Gebäude, das immer noch das ikonische Kellogg's-Logo auf dem Dach trägt, erinnert nicht nur an die industrielle Vergangenheit des Areals, sondern verknüpft diese mit der Vision eines modernen Stadtteils. „John & Will“ heißt das Hotel, benannt nach den beiden Gründern der berühmten Cornflakes-Marke, John und Will Kellogg.
„Wir sehen das John & Will als Teil einer größeren Vision für die Überseeinsel“, sagt die Direktorin des Hotels, Babette Kierchhoff. Bereits wenige Wochen nach der Eröffnung zeigt sich: Dieses Hotel hat das Potenzial, ein wahrer Magnet für Besucherinnen und Besucher zu werden. „Wir waren im August schon zwei Mal über 90 Prozent belegt “, berichtet Kierchhoff stolz.
Exotische Teppiche und Bremer Skyline
Schon beim Betreten des Hotels wird deutlich, dass hier ein besonderer Ort geschaffen wurde. Eine moderne Skulptur aus recycelten Materialien der Bremer Stadtmusikanten heißt die Gäste willkommen und eröffnet den Weg in eine gemütliche und stilvoll eingerichtete Lobby. Die bunten Kronleuchter – typisch für Hotels der dänischen Guldsmeden-Kette, zu der das John & Will zu 50 Prozent gehört – tauchen den Raum in warmes Licht und reflektieren sich in den alten, marokkanischen Teppichen, die den Boden schmücken. Bequeme Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein, während die Bar, die ebenfalls als Rezeption fungiert, rund um die Uhr heiße und kalte Getränke serviert. Hier können sowohl Hotelgäste als auch Einheimische den Tag in entspannter Atmosphäre ausklingen lassen.
Doch das wahre Highlight des Hotels offenbart sich erst in den oberen Etagen des Hotels. Ob „Lütt Stuvv“, „Grode Stuuv“ oder gar die „Toorn Stuuv“, wie die Zimmer liebevoll auf Plattdeutsch benannt sind, die runden und halbrunden Hotelzimmer bieten einen unvergleichlichen Blick auf die Bremer Skyline. Egal aus welchem Fenster man schaut, die Weser glitzert in der Ferne. Und wenn der Raum mit Blick gen Bremer Innenstadt zeigt, erhascht man sogar die Spitze des Bremer Doms. Die durch die Außenmauern des Silos bedingte halbrunde Form der Zimmer und die Wände aus grobem Industriebeton, die sich aus der ursprünglichen Architektur des Silos ergeben, verleihen jedem Raum einen einzigartigen Charme.
Was Hotelgäste auch noch überraschen dürfte: In den Zimmern befinden sich keine Fernseher. Denn wer braucht schon einen Fernseher, wenn man auf der gemütlichen Fensterbank sitzen und den Sonnenuntergang über Bremen betrachten kann? Gutes W-LAN hingegen ist auf jeder Etage eine Selbstverständlichkeit.
Von der Industriebrache zum Vorzeigeprojekt
Die Herausforderung, ein ehemaliges Silo in ein modernes Hotel zu verwandeln, war groß. Tausende Kubikmeter Beton mussten entfernt, neue Decken und Böden eingezogen werden. Babette Kierchhoff erinnert sich: „Es war uns wichtig, die Seele des Gebäudes zu erhalten und gleichzeitig ein innovatives Konzept zu entwickeln, das weit über die üblichen Standards hinausgeht.“
Die Architektur des Hotels erinnert dabei nicht nur an die industrielle Vergangenheit des Standorts, sondern setzt auch ein Statement für die Zukunft. „Wir wollten zeigen, dass durchdachte Architektur zur Aufwertung und Belebung eines ganzen Quartiers beitragen kann“, so die Direktorin.
„Uns geht es nicht um Greenwashing“
Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt für die Überseeinsel insgesamt und für das John & Will im Einzelnen eine wesentliche Rolle. Von der Beibehaltung der Grundstruktur des Silos bis hin zur Nutzung von natürlichen Putzmitteln wird Nachhaltigkeit immer mitgedacht. „Wir wollen Nachhaltigkeit wirklich leben, es geht uns nicht um Greenwashing“, betont Kierchhoff. Die verwendeten Materialien im Innenraum, wie die marokkanischen Teppiche im Bar- und Rezeptionsbereich des Hotels, haben bereits ein viertes und fünftes Leben hinter sich und hauchen – frisch aufgearbeitet – dem Hotel ihre ganz eigene Geschichte ein. Und sogar der Beton, der aus dem Silo entfernt wurde, soll eine neue Verwendung bekommen. „Einiges davon haben wir gelagert“, verrät die Hoteldirektorin. „Wenn das Quartier einmal fertig ist, können wir einige Blöcke nutzen, um daraus Tische oder Bänke zu bauen.“
Das Energiemanagement richtet das Hotel ebenfalls auf Nachhaltigkeit aus. Moderne Wärmepumpen, die Nutzung von Weserwasser zur Kühlung und Heizung sowie Photovoltaikanlagen und Windenergie sind Teil eines umfassenden Energiekonzepts, dass nicht nur die Umwelt schont, sondern auch langfristig Kosten reduziert. „Wir wollten sicherstellen, dass wir das Hotel so autark wie möglich betreiben können“, erklärt Kierchhoff.
Ein besonderes Detail: das Fitnessstudio des Hotels. Alle Geräte sind aus Holz gefertigt und werden zu 100 Prozent durch menschliche Bewegung betrieben. „Das Laufband und die anderen Geräte stehen hier nicht den ganzen Tag auf Stand-By“, versichert die Direktorin.
Kurze Wege und enge Zusammenarbeit mit den Nachbarn
Doch der Sinn für Nachhaltigkeit geht über die Betonmauern des Hotels hinaus, weiß Kierchhoff. „Wir arbeiten sehr eng mit den benachbarten Gastronomien zusammen“, erklärt sie. Im selben Gebäude wie das Hotel befindet sich zum Beispiel das Vitaminlager, ein veganes Restaurant, das seine Produkte aus regionalem Anbau bezieht. Dort können die Hotelgäste ihr Frühstück oder Abendessen genießen, denn ein eigenes gastronomisches Angebot besitzt das John & Will nicht. Wer ein wenig Abwechslung wünscht, wird in der gegenüberliegenden Reishalle fündig. Unter den Büroetagen der Brüning Group, die sich 2023 mit Unterstützung der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH von Fischerhude auf die Überseeinsel verlagerte, bieten nun die Pizzeria Zio Manu di Napoli, die Bremer Braumanufaktur und Brünings Scheune ihre kulinarische Vielfalt an.
„Wer in unseren Räumlichkeiten ein Event veranstaltet, kann sich zum Beispiel für ein Catering vom Vitaminlager, Zio Manu oder dem Hopfenfänger entscheiden“, erläutert Kierchhoff. „Wir kümmern uns dann um die Kommunikation mit dem Gastrobetrieb. Das Bier lassen wir uns über die Straße von der Bremer Braumanufaktur anliefern. Kurze Wege sind uns wichtig und wir achten darauf, unsere Lieferketten so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten.“ Dies bedeute auch, bei lokalen oder regionalen Unternehmen zu bestellen und sich gemeinsam mit den benachbarten Restaurants abzustimmen, um eine gemeinschaftliche Beschaffung zu gewährleisten.
Smells like Team-Spirit
Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist Kierchhoff auch innerhalb des Teams des John & Will besonders wichtig. Bei der Auswahl der Mitarbeitenden stünde nicht nur die fachliche Kompetenz im Vordergrund, so die Direktorin. „Mir geht es mehr um den Menschen als um das, was er oder sie vorher gemacht hat.“ Diese Haltung fördere nicht nur den Zusammenhalt im Team, sondern sorge auch dafür, dass alle auf ihre Arbeit und das Unternehmen stolz seien.
Flache Strukturen und gemeinschaftliche Verantwortung seien dabei das A und O. „Wir sind ein Team. Jede und jeder Einzelne trägt zum Erfolg des Hauses bei“, betont sie. Auf allen Namensschildern stehen nur die Vornamen, alle duzen sich untereinander. „Hier kommt das dänische Feeling der Guldsmeden-Kette zum Vorschein“, so Babette Kierchhoff. Diese Philosophie spiegelt sich in der täglichen Arbeit wider, bei der alle Mitarbeitenden, unabhängig von ihrer Position, aktiv mit anpacken.
Diese Art der Zusammenarbeit zeige sich auch in der Weise, wie Entscheidungen getroffen werden. „Wir haben regelmäßige Meetings, in denen alle ihre Ideen und Vorschläge einbringen können“, erklärt Kierchhoff. Diese offene Kommunikation ermöglicht es, schnell auf Herausforderungen zu reagieren und gemeinsam Lösungen zu finden. „Es ist uns wichtig, dass sich alle Mitarbeitenden als Teil des Ganzen fühlen und wissen, dass ihre Meinung zählt. Der Umgang untereinander ist entspannt. Es sollen alle das Gefühl haben, Teil des Ganzen zu sein.“
Das John & Will: ein Ort für alle
Ein Teil des Ganzen sollen auch laut der Hoteldirektorin die Bremerinnen und Bremer sein. „Wir möchten, dass die Bremer:innen das John & Will als ihr Hotel sehen“, erklärt sie. „Sie sollen sich hier wohlfühlen, hier gerne herkommen. Wir duzen unsere Gäste ganz selbstverständlich und bis jetzt haben wir positive Erfahrungen damit gemacht.“ Diese Verbindung zur Stadt sei für das Hotel ebenso wichtig wie für die Menschen, die hier arbeiten und wohnen.
Das John & Will Hotel versteht sich als Teil von Bremen. Es soll ein Ort der Begegnung werden, offen für alle, die die Überseeinsel besuchen oder dort leben und arbeiten. Die Lobby mit ihrer 24/7-Bar lädt zum Verweilen ein, und der große Veranstaltungsraum mit Allround-Blick über die Bremer Skyline ist flexibel nutzbar und bietet Platz für private Feiern, Business-Events oder kulturelle Veranstaltungen. „Wir sehen das John & Will als einen Ort, an dem Menschen zusammenkommen und wo neue Ideen entstehen können“, schließt Kierchhoff zufrieden ab.
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