Der „Berliner“ ist eigentlich ein Bremer
PressedienstKarin und Michael Ruhnau haben sich alten Apfelsorten verschrieben – jeder auf andere Weise
Michael Ruhnaus Leidenschaft für alte Apfelsorten begann mit seinem Umzug aufs Land und der Frage: Was wächst hier eigentlich? Heute ist er Vorsitzender der Landesgruppe Bremen-Niedersachsen im Pomologen-Verein und setzt sich für den Erhalt alter Apfelsorten ein. Unterstützung bekommt er von seiner Schwester Karin Ruhnau, die von Bremen aus den Onlineshop des Vereins betreibt.
Es ist ein warmer Sommertag, die vielen dichtgewachsenen Obstbäume im Garten von Karin Ruhnau in Bremen-Osterholz sorgen für Schatten. Ab und an stolziert eines ihrer Hühner durch den Garten, Karin Ruhnau schaut ihnen gerne zu. Es gibt selbstgemachten Holundersirup und Trauben-Marmelade. „Wenn man die Augen zumacht, schmeckt die Marmelade nach Erdbeere“, sagt sie.
Der Aufstrich stammt von ihrem Wein an der Hauswand – ein Mitbringsel aus dem Urlaub, das sich über die Jahre ausgebreitet hat. Karin Ruhnau geht zu ihren Apfelbäumen, pflückt einige Exemplare und legt sie ihrem Bruder Michael Ruhnau auf den Tisch „Rate mal, was das ist“, sagt sie. Michael Ruhnau nimmt die Äpfel – manche rund, manche eher oval – genau unter die Lupe und tippt auf einen „Berliner“. Die Sorte hat im Übrigen rein gar nichts mit der deutschen Hauptstadt zu tun, sondern ist eigentlich eher ein Bremer, wie der 65-Jährige verrät.
„Der Berliner wächst gut auf den Bremer Moorböden“
Michael Ruhnau ist Experte für Apfelsorten – als Pomologe kennt er die Geschichten hinter vielen von ihnen. Er ist Vorsitzender der Landesgruppe Bremen-Niedersachsen im Pomologen-Verein, seine Schwester betreibt den dazu passenden Online-Shop von Bremen aus. Freunde alter Apfelsorten aus ganz Deutschland bestellen bei ihr Fachbücher mit allerlei Wissenswertem zum Thema. Das Interesse und Bewusstsein bei den Menschen für alte Apfelsorten und die richtige Pflege der Bäume wächst nicht nur in der Region, sondern bundesweit. In den Geschwistern Michael Ruhnau und Karin Ruhnau finden sie die richtigen Ansprechpartner.
Der „Berliner“ gilt als strapazierfähig
Michael Ruhnau weiß viel über den „Berliner“: Er hat anders als der Name es vermuten lässt seinen Ursprung in der Region Bremen. Um 1900 sorgte eine ortsansässige Baumschule dafür, dass sie sich stark ausbreitete. Die Sorte gilt als strapazierfähig, sie wächst auf nahezu allen Böden. „Jede Region hat ihre eigenen Sorten aufgrund der Eigenschaften. Und der ‚Berliner‘ wächst eben gut auf den Bremer Moorböden“, sagt Ruhnau. „Das Küstenklima hier begünstigt zum Beispiel eher Pilzkrankheiten, aber manche Sorten haben keine Probleme damit und wachsen gut.“
Einst verschwanden die Sorten – der Trend kehrt sich aber um
Zwar sei Bremen als Stadt nie ein klassisches Obstanbaugebiet gewesen, aber im angrenzenden Umland gebe es einige interessante Sorten. Sie zu erhalten sei wichtig, um für eine genetische Vielfalt zu sorgen, erklärt der gebürtige Bremer. „Außerdem bilden sie wichtige Lebensräume für Tiere.“ Doch lange sah es für alte Obst- und Apfelsorten nicht gut aus, immer mehr Obstwiesen und damit auch Sorten verschwanden. Inzwischen scheint sich der Trend umzukehren. Das ist auch den Bemühungen von Pomologinnen und Pomologen zu verdanken, die sich für den Erhalt der alten Sorten und dem damit verbundenen Wissen einsetzen.
Warum Äpfel eine genetische Vielfalt brauchen
Michael Ruhnau ist einer von ihnen. Der studierte Biologe entdeckte seine Leidenschaft für Äpfel vor vielen Jahren, als er aufs Land in der Nähe von Bremen zog. „Ich fand es interessant zu erfahren, was für Sorten hier stehen“, erinnert sich der 65-Jährige. Ruhnau wandte sich an den Pomologen-Verein, der sich in den 1990er-Jahren gegründet hatte – aus Sorge die alten Obstsorten könnten gänzlich verschwinden. Inzwischen ist Ruhnau selbst Pomologe, also Experte auf dem Gebiet der Obstbaukunde, und engagiert sich als Sprecher der Landesgruppe Bremen-Niedersachsen des Pomologen-Vereins für die genetische Vielfalt der Obstsorten.
Fünf Exemplare für die Sortenbestimmung nötig
„Jetzt bestimme ich die Obstsorten selbst“, sagt Ruhnau. Diesen Service nehmen viele Apfelbaumbesitzerinnen und -besitzer an. Für die Sortenbestimmung eines Apfels braucht man seinen Angaben zufolge etwa fünf Exemplare derselben Sorte. Ruhnau schaut sich die Äpfel innen und außen genau an, untersucht die typischen Merkmale und versucht die Apfelsorte so einzuordnen. So ist die Frucht des „Berliners“ typischerweise hell- bis goldgelb, leicht gerippt und mit vielen kleinen Punkten übersät, erklärt er anhand des Apfels, den seine Schwester eben gepflückt hat.
Alte Sorten werden von Allergikern besser vertragen
Dass das Interesse der Menschen an alten Apfelsorten wächst, freut den Pomologen. Denn diese findet man nicht im Supermarkt, wie Ruhnau sagt. Die Äpfel, die man in konventionellen Geschäften kaufen könne, unterlägen strengen optischen Kriterien. „Doch ein makelloser Apfel entsteht nur durch eine intensive Behandlung“, sagt der Experte. „Dem gegenüber steht eine große Vielfalt alter Sorten.“ Häufig werden diese auch besser von Allergikern und Allergikerinnen vertragen. Es lohne sich also, sich durch die vielen alten Sorten zu probieren oder sogar selbst einen Apfelbaum zu pflanzen.
Wer überlege, eine alte Obstsorte für seinen Garten anzuschaffen, kann sich bei Michael Ruhnau und seinen Kolleginnen und Kollegen des Pomologen-Vereins Rat einholen. Sie können Tipps geben, welche Sorten besonders geeignet sind. Einblicke in die Sortenvielfalt gibt es zum Beispiel bei den Begehungen von Obstwiesen, die Michael Ruhnau im Rahmen der Veranstaltungen des Pomologen-Vereins anbietet.
Wissenswertes für Apfel-Freunde
Ob Infos über alte Apfelsorten in Deutschland, Kuchen-Rezepte oder Tipps für den richtigen Obstbaumschnitt: Allerlei Wissenswertes fürs Bücherregal erhalten Freunde alter Apfelsorten auch in dem Onlineshop des Pomologen-Vereins, der unter der Obhut von Karin Ruhnau steht. Seit mehr als zehn Jahren betreibt die 58-Jährige ihn aus ihrem Büro in der Bremer Vahr. Es gibt Bücher, DVDs und andere Publikationen, die sich mit der Obstsortenvielfalt und der Pflege von Obstbäumen beschäftigen. Einiges richtet sich an Expertinnen und Experten, aber sie hat auch viel „leichte Kost“ wie Koch- oder Backbücher im Sortiment. „So ist es auch für Leute interessant, die einfach einen Apfelbaum im Garten stehen haben und wissen möchten, wie man diese verarbeiten kann“, sagt Karin Ruhnau.
Keller voller Bücher
Mehr als 300 unterschiedliche Titel vertreibt die Bremerin mittlerweile über den Onlineshop des Pomologen-Vereins. „Dafür braucht man schon echt Platz“, sagt sie und lacht. „Mein ganzer Keller steht voll mit Büchern.“ Aufträge erfassen, Pakete verpacken, den Versand organisieren – im Hause Ruhnau hat sich daraus ein kleiner Familienbetrieb entwickelt. Das Verpacken der Bestellungen nach Feierabend ist für ihren Mann schon zur Routine geworden. Als der Pomologen-Verein im vergangenen Jahr ein Standardwerk herausbrachte, wurde es turbulent. „Die Bestellungen haben uns überrollt, da kam ich mit der Arbeit nicht mehr hinterher“, erinnert sie sich.
Bestellungen aus vielen europäischen Ländern
Der Shop aus Bremen ist mittlerweile auch in vielen europäischen Ländern – von Österreich bis nach Schweden – eine gefragte Anlaufstelle für Menschen, die Wissenswertes über alte Obstsorten erfahren möchten. Dabei ist Obstkunde gar nicht ihr Steckenpferd. „Mit Äpfeln habe ich eigentlich nichts zu tun“, sagt sie fast schon entschuldigend. Das Fachgebiet überlässt sie ihrem Bruder. Der Vertrieb liegt ihr mehr.
Seit die Bremerin 2013 den Onlineshop übernahm, hat sie nicht nur das Angebot stetig ausgebaut, auch die Bestellungen haben sich vervielfacht: Während es vor zehn Jahren höchstens 500 pro Jahr waren, gingen im letzten Jahr mehr als 2.300 Bestellungen ein. Die Arbeit für den Onlineshop ist für Karin Ruhnau eine willkommene Abwechslung zu ihrem Bürojob als technische Redakteurin, bei dem sie Dokumentationen für Firmen schreibt: „Es ist einfach mal etwas anderes, denn hier habe ich deutlich mehr Kontakte zu Menschen als in meiner eigentlichen Tätigkeit.“
„Bremen ist eine sehr grüne Stadt“
Wenn Michael und Karin Ruhnau nicht mit Apfelkunde oder dem Versand der passenden Literatur beschäftigt sind, sind sie gerne in der Natur. „Ich liebe meinen Garten“, sagt Karin Ruhnau. Auch die Parks in der Umgebung von Bremen-Osterholz bieten ihr Möglichkeiten zum Ausspannen. „Bremen ist eine sehr grüne Stadt, das mag ich“, sagt auch Michael Ruhnau.
Pressekontakt: Michael Ruhnau, Landessprecher Bremen-Niedersachsen, Tel. +49 4283 6102, Mail: www.michael-ruhnau.com
Autorin: Insa Lohmann Redaktion: Janet Binder im Auftrag von textpr+, E-Mail: pressedienst@wfb-bremen.de
Bildmaterial: Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.
Foto 1: Michael Ruhnau ist zu Besuch im Garten seiner Schwester Karin Ruhnau. © WFB/Carmen Jaspersen
Foto 2: Michael Ruhnau weiß viel über alte Apfelsorten. © WFB/Carmen Jaspersen
Foto 3: Michael Ruhnau hält einen „Berliner“ in der Hand. © WFB/Carmen Jaspersen
Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Journalistinnen und Journalisten den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen. Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an: pressedienst@bremen.de
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