Der Koloss von Gröpelingen: Getreideverkehrsanlage im Hafen
TourismusEs ist eines der beeindruckendsten Gebäude im stadtbremischen Hafen. Wenn ich mal in Gröpelingen am Hafenbecken bin, bleibe ich jedes Mal am Fuße des riesigen Speichergebäudes stehen und lege den Kopf in den Nacken. Allein die großflächigen Backsteinwände lassen einen tief eintauchen in vergangene Zeiten. Vor kurzem hatte ich endlich Gelegenheit mit eigenen Augen zu sehen, was sich im Innern des „Koloss“ verbirgt.
Das Wort „Koloss“, wie das Speichergebäude im Bremer Volksmund auch genannt wird, trifft es wirklich ziemlich gut. Das Bauwerk erstreckt sich am Gröpelinger Fährweg in direkter Nachbarschaft zur Waterfront und zum Veranstaltungsort „Pier 2“ über 200 Meter bis an das dortige Hafenbecken heran und ragt fast 50 Meter in die Höhe.
An einem Sonntagvormittag radle ich tief in den Hafen. Ich starte bei Sonnenschein, doch schon an der Weser entdecke ich, dass ich in eine dicke Nebelwolke hineinfahren werde. Tatsächlich umgibt mich schon kurz darauf der weiße Dunst. Das macht meine Tour durch den Hafen umso interessanter. Hätte ich keinen Termin, würde ich anhalten und ein Foto nach dem nächsten machen. Doch ich will pünktlich um 11 Uhr am Getreidehafen sein. Dann beginnt die Führung durch den „Koloss von Gröpelingen“, für die ich mich angemeldet habe. Seit 2017 veranstaltet der Verein Kultur Vor Ort gemeinsam mit der betreibenden J. MÜLLER Weser GmbH & Co. KG immer im Sommerhalbjahr Führungen durch das seit 2006 unter Denkmalschutz stehende Gebäude. Da die Getreideverkehrsanlage (GVA) noch voll in Betrieb ist, finden die Führungen nur sonntags statt. Das passt heute umso besser: Es ist nämlich „Tag des offenen Denkmals“ und daher ist die Führung auch schon seit geraumer Zeit ausgebucht. Ohnehin sollte man sich früh um einen Platz kümmern, da sich die Führungen großer Beliebtheit erfreuen.
Nach einer kurzen Begrüßung samt historischer Einordnung durch Andrea Munjic vom Kultur Vor Ort e.V. übernimmt ein junger Mitarbeiter der Firma J. MÜLLER Weser GmbH & Co. KG. Niels Kocerka kennt die gesamte Anlage wie seine eigene Westentasche. Von ihm erhalten die 28 Teilnehmenden des Rundgangs in den nächsten zwei Stunden jede Menge beeindruckende Zahlen und Infos rund um die Anlage. Zum Beispiel erfahre ich, dass die ehemals größte Getreideverkehrsanlage Europas heute über rund 15.000 Tonnen Lagerraum für Getreide, Futtermittel und Rohkaffee verfügt. Im Jahr hat die aus Brake stammende Firma J. MÜLLER Weser GmbH & Co. KG hier einen Umschlag von etwa 300.000 Tonnen.
Lagern bei den Profis
Inzwischen stehen wir in einer riesigen Halle, die von unzähligen Stahlbetonpfeilern durchzogen ist. Auf jeder Säule kann ich eine Zahl erkennen. Herr Kocerka erklärt, dass die Zahlen für die einzelnen Silozellen stehen, in denen die Produkte gelagert werden. Die Zellen befinden sich über unseren Köpfen. Jede einzelne Zelle hat ein Volumen von 100 Tonnen. Mir wird ein bisschen schwindelig bei der Vorstellung, wieviel Gewicht über uns eingelagert ist. Neben dieser Lagermöglichkeit gibt es noch neuere Silos in einem Seitengebäude sowie Lagerhallen am Rande des Firmengeländes.
Fördern in höhere Gefilde
Die Waren, die in der Getreideverkehrsanlage für unterschiedliche Kunden gelagert werden, kommen überwiegend mit Schiffen an der Pier der GVA an. Von hieraus müssen Weizen, Hafer und Co. natürlich irgendwie ins Innere des „Koloss“ gelangen, bevor sie schließlich auf kleinere Schiffe und LKWs verladen werden, um weitertransportiert zu werden. Am Rande des Hafenbeckens erledigen den ersten Job überdimensionale „Sauger“ und Elevatoren. Über riesige Rohre wird die Schiffsfracht entgegen der Schwerkraft mittels Elevatoren nach oben befördert. Hier übernehmen auf der horizontalen Ebene Förderbänder und sogenannte Trogkettenförderer die Verteilung in die einzelnen Silozellen. Von oben fällt das Getreide dann in die entsprechenden Zellen.
Im Innern der Anlage sind wir zwischenzeitlich im Keller angelangt, die Gruppe erfährt mehr von verschiedensten Transportmöglichkeiten wie den Trogkettenförderern und den Bändern. Sehr beeindruckend finde ich, dass die Förderbänder in Teilen tatsächlich noch die Originalanlagen von 1915 sind. Sie laufen seit gut 100 Jahren und sind dazu wartungsarm.
Vom Keller aus steigen wir über ein Treppenaus in die sogenannten Schüttböden, die heute nicht mehr genutzt werden. Früher konnten hier auch kleinere Mengen zwischengelagert werden. Es brauchte allerdings sehr viel Personal, da das Getreide hier noch per Hand umgeschaufelt wurde.
Qualität, die überprüft wird
Übrigens wird jede angelieferte Ware von der hauseigenen Qualitätssicherung visuell geprüft und die Temperatur sowie die Feuchtigkeit ermittelt. So kann der Kunde schließlich entscheiden, ob er Dienstleistungen wie Kühlung, Trocknung oder andere Lageroptionen wählen möchte. Außerdem wird durch die visuelle Kontrolle sichergestellt, dass die Ware nicht mit Schädlingen befallen ist. Wir steigen weiter nach oben. Langsam aber sicher habe ich die Orientierung im Inneren des gigantischen Gebäudes verloren. In einer großen Halle haben wir freien Blick auf die historischen Förderbänder, die hier tagein, tagaus treu ihre Arbeit tun. Uns wird erklärt, wie das Getreide von hieraus weiter verteilt wird.
Von oben betrachtet
Schließlich gelangen wir auf eine kleine, umzäunte Plattform am nördlichen Ende der Getreideanlage. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über den Bremer Westen bis nach Worpswede und in Richtung Norden entlang der Weser. Ich genieße den seltenen Anblick und höre zu, was Andrea Munjic zur geschichtlichen Bedeutung der GVA für Gröpelingen und ganz Bremen erzählt.
Über ein großzügiges Treppenhaus gelangt die Gruppe wieder nach unten ans andere Ende der großen Halle, in der die Führung begonnen hat. Nachdem wir im kleinen Aufenthaltsraum noch einen kurzen Film zur geschichtlichen Entwicklung der Anlage schauen dürfen, entlässt uns der Koloss von Gröpelingen schließlich. Der Nebel hat sich verzogen und der Hafen samt historischer Anlage ist in noch etwas blasses Sonnenlicht getaucht. Ich schiebe mein Rad am Fuße des bedeutenden Gebäudes entlang und bemerke wieder einmal die Erhabenheit, die es auf mich ausstrahlt. Soviel Geschichte – außen wie innen! Kein Wunder, dass die Getreideverkehrsanlage auch als ein Wahrzeichen der Stadt gehandelt wird.
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