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8.3.2018 - Carolin Hinz-Sowade

„Rausfahren, wenn andere reinkommen“ – ein Besuch bei den Seenotrettern

Tourismus
Das Zitat "Rausfahren, wenn andere reinkommen" steht neben einem Seenotretter auf einem Boot, der gerade rausfährt

Dass ich einen Segelschein (Sportbootführerschein Binnen und See) habe, darf ich gar nicht so laut sagen. Ich werde nämlich total schnell seekrank. Eine meiner schlimmsten Erfahrungen in diesem Punkt war die Überführung eines 25 m langen Seglers von der Sail in Bremerhaven zum Großsegler-Festival in Amsterdam (Ijmuiden). Bei Windstärke 7 ist uns auf der Nordsee mitten in der Nacht das Segel gerissen und wir mussten es einholen. Da wir dann nur mit Motor gegen die Wellen tuckern konnten, ist uns irgendwann allen schlecht geworden. Habt ihr schon mal den Kapitän über die Reling spucken sehen? Nicht sehr vertrauenserweckend.

Jedenfalls, uns ist nichts passiert, wir haben die Nacht überstanden. Und trotz dieser blöden Erfahrung habe ich mich doch die ganze Zeit über recht sicher gefühlt. Denn wenn es ganz übel gekommen wäre, wäre die nächste Seenotretter-Station nicht weit gewesen.

Im Bremer Stadtgebiet sind Seenotfälle eher selten und doch ist man den Seenotrettern gerade hier besonders nah. Direkt an der Weser, unweit der Innenstadt, liegt nämlich die Zentrale der Seenotretter bzw. vollständig: der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, DGzRS. Hier befindet sich auch die zentrale Leitstelle, die Seenotleitung Bremen der DGzRS. Das heißt, alle Notrufe gehen in Bremen ein und werden von hier aus koordiniert. Im Rahmen von kostenfreien Führungen erhaltet ihr in Bremen einen Einblick in die Geschichte der Seenotretter und der aktuellen Aufgaben.

Modell eines Seenotretters
Modell eines Seenotretters mit Raketenapparat, im Hintergrund ein Bild eines der ersten Ruder-Rettungsboote. © WFB

Los geht es direkt im Eingangsbereich der DGzRS. Hier sind in Schaukästen Modelle von Seenotrettungskreuzern ausgestellt. Derzeit gibt es insgesamt 59 Seenotrettungskreuzer und -boote. Auf den Kreuzern sind jeweils fest angestellte Stammbesatzungen im Einsatz, auf den Booten hingegen Ehrenamtliche. Vergleichbar ist dieses System mit der Feuerwehr, bei der es neben der Berufsfeuerwehr noch die Freiwillige Feuerwehr gibt. Im Gegensatz zur Feuerwehr arbeitet aber die DGzRS zu 100 Prozent aus Spenden finanziert. Eine besonders große Spendensumme kommt durch die jährliche Eiswette zusammen.

Ebenfalls im Eingangsbereich befindet sich ein Modell, das die Anfänge der Seenotretter zeigt. Zu Zeiten der Gründung der DGzRS 1865 wurde noch mit schweren Ruderbooten im küstennahen Bereich gerettet, vornehmlich Schiffe, die vor der Küste auf Grund gelaufen waren und sich nicht mehr selbst befreien konnten. Das Modell zeigt, wie vom Ufer mit Raketen lange Seile zu den verunglückten Schiffen geschossen wurden, um die Besatzung dann über eine Seilkonstruktion an Land zu holen – recht abenteuerlich das Ganze, aber effizient.

Modellbeispiel einer Rettung
Im Modell: Die Rettung von Land aus – recht abenteuerlich, aber effizient. © WFB

Seitdem hat sich die Technik der Seenotretter weiterentwickelt und die Flotte besteht aus modernen Booten und Kreuzern. Aber auch alle moderne Technik kann nicht die größten Unglücke verhindern – mit einer Namenstafel erinnern die DGzRS an die im Einsatz verunglückten Seenotretter. Während unserer Führung erzählt ein anderer Besucher die Geschichte der Adolph Bermpohl, die 1967 vor Helgoland verunglückte und sieben Menschen mit in den Tod riss – ein Drama, bei dem ich einen Kloß im Hals bekomme.

Lieber schnell weiter im Programm: In einem Film erfahren wir etwas von den verschiedenen Einsätzen, die die Seenotretter fahren. Es sind gar nicht immer die ganz großen Dramen mit sinkenden Schiffen. Manchmal hat sich auch einfach nur ein Fischer in seinen Leinen vertüddelt, oder einem Kite-Surfer haben die Kräfte verlassen, oder aber Zwillinge wollen einfach nicht warten, bis ihre Mutter zur Geburt das Krankenhaus erreicht hat. Die Seenotretter greifen oft frühzeitig ein, bevor eben schlimmeres passiert.

Drei Seenotrettungsboote zur Wartung in der hauseigenen Werft
Gleich drei Seenotrettungsboote lagen während unseres Besuches zur Wartung in der hauseigenen Werft, auf dass sie noch viele Jahre ihren Dienst tun können. © WFB

Damit sie das auch noch zukünftig tun können, müssen die Boote und Kreuzer regelmäßig gewartet werden. Bei unserem Besuch in der hauseigenen Werft liegen gleich drei Seenotrettungsboote wie Rohlinge in der Halle. Die Technik wird erneuert und ein neuer Anstrich ist auch mal wieder fällig. Dank regelmäßiger Wartung und Erneuerung der Technik sind die Boote und Kreuzer der Seenotretter durchschnittlich 30 Jahre lang im Dienst.

Uff, so langsam schwirrt mir der Kopf. Während der Führung gibt es sehr viel zu sehen und die Geschichten der Seenotretter sind unerschöpflich. Wegen der Witterung (Rutschgefahr) muss ein Besuch des Museumskreuzers H.-J. Kratschke heute leider ausbleiben. Aber ich habe auch so schon viele Eindrücke gewonnen. Eines ist auf jeden Fall klar: Die Arbeit der Seenotretter ist unersetzlich und verdient höchsten Respekt.

Ihr wollt die Seenotretter unterstützen? Dann schmeißt doch ein paar Münzen in eines der deutschlandweit aufgestellten Sammelschiffchen. Oder klickt auf www.seenotretter.de/spenden. Auf der Website der Seenotretter findet ihr auch Informationen, wie ihr selbst aktiv als Ehrenamtliche helfen könnt.

Das Sammelschiffchen der DGzRS.
Eines der bekannten Sammelschiffchen der DGzRS. Im Hintergrund überblickt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Geschehen. Traditionell ist das amtierende Staatsoberhaupt Schirmherr der Seenotretter. © WFB

Liebe Seenotretter, vielen Dank für die spannenden Einblicke in eurer Zentrale und vor allem: Danke für eure Arbeit!

Informationen zu den Führungen bei der DGzRS erhaltet ihr telefonisch direkt bei den Seenotrettern unter Telefon: 0421 53 707 – 665 oder 0421 53 707 – 534.

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