„Unternehmen mit Purpose sind zukunftsfähiger“
Social EntrepreneurshipWie Sozialunternehmen neue Wege aufzeigen
Die Frage nach dem Sinn wird für viele Unternehmen immer wichtiger. Wer weiß, wofür er steht, kann sich besser auf dem Markt behaupten: Davon sind Tanja Engel und Paula Süveges, Gründerinnen des Designstudios koralle, überzeugt.
Wer im Internet nach einer Übersetzung des Begriffs „Purpose“ sucht, findet „Zweck“ und „Sinn“ ganz oben in der Liste – zusammen mit dem Hinweis, dass Purpose inzwischen in der Unternehmenswelt eine bedeutsame Rolle spielt. „In Bezug auf Unternehmen bedeutet Purpose, eine Existenzberechtigung jenseits von Gewinnmaximierung zu haben“, erläutert Tanja Engel, Mitgründerin des Bremer Startups koralle. „Es geht um eine Antwort auf die Frage, was ein Unternehmen für die Gesellschaft und für die Umwelt tut.“ In einer Zeit, in der immer mehr nach Nachhaltigkeit und Sinn gefragt werde, werde dies immer wichtiger. „Unternehmen, die eine Purposeausrichtung haben, sind zukunftsfähiger und können sich besser auf dem Markt behaupten“, macht Engel deutlich. „Und sie können besser Mitarbeitende gewinnen und halten.“
Motivation entwickeln - dabei hilft sinnstiftende Arbeit
Die Diplom-Medienwirtin mit Arbeitsschwerpunkt Strategie, Konzeption und Co-Kreation weiß, wovon sie spricht. Zusammen mit Kulturvermittlerin und Medienwissenschaftlerin Paula Süveges, spezialisiert auf soziales Unternehmertum, strategische Praxis und gestalterisches Handeln, sowie Diplomdesigner Anselm Stählin hat sie voriges Jahr das Sozialunternehmen koralle gegründet, das Prozesse gestalten und Lösungen für eine nachhaltige Zukunft entwickeln will. Zuvor hatte das Trio bereits das vielfach ausgezeichnete Social Design Projekt weserholz aus der Taufe gehoben, das vier Jahre lang einer Gruppe von Menschen mit Fluchterfahrung eine Brücke in die Ausbildung und damit neue Perspektiven geboten hat. Als die Förderung für dieses Projekt auslief, standen die drei vor einer Herausforderung: Wie ließen sich ihre Erfahrungen, Kompetenzen und Netzwerke so in eine neue Struktur überführen, dass sie als Social Entrepreneurs noch breiter wirken könnten?
„Eine Besonderheit von Sozialunternehmen ist es, dass sie sich aus einer intrinsischen Motivation heraus gründen, weil sie Dinge verändern und voranbringen wollen“, berichtet Paula Süveges. „Erst danach entsteht ein Geschäftsmodell.“ Im Fall von koralle sieht das so aus, dass das Team seine Designexpertise und Kreativität als Innovationskraft nutzen will – indem es eigene Projekte initiiert, um alternative Lösungen für konkrete gesellschaftliche Missstände zu gestalten. Aber auch zur Unterstützung von Organisationen und Unternehmen, die Herausforderungen ganzheitlich und nachhaltig lösen wollen. „Um systemische Veränderungen zu erreichen, wirken wir außerdem in Bremen auch auf politischer Ebene“, sagt Süveges. Bei allem stehe stets der Design-Ansatz im Fokus: „Design ist viel mehr als nur die Gestaltung von Formen und Produkten. Für uns ist Design ein iterativer Prozess, ein Immer-Wieder-Anpassen. Wir gestalten Beziehungen, Prozesse, und im großen Sinn gesellschaftliche Transformationen.“
Wie lässt sich Purpose finden?
Für das Start-up stand der Purpose also schon ganz am Anfang der Entwicklung. Was aber tun Unternehmen, die sich bisher noch nicht mit dem tieferen Sinn und Zweck ihres unternehmerischen Handelns auseinandergesetzt haben? Wie lässt sich Purpose finden? „Darauf gibt es keine pauschale Antwort“, meint Tanja Engel. „Was es auf jeden Fall braucht, ist Zeit. Und man muss das Thema Purpose in Verbindung setzen mit den Themen Strategie und Wirtschaftlichkeit.“ Letztlich gebe es unterschiedliche Wege, zu einem Purpose zu kommen – zum Beispiel über einen spielerischen Angang mit kreativen und assoziativen Ideensammlungen. Dabei sei das Ganze immer als Lernprozess zu verstehen: „Lieber klein anfangen und das auch so kommunizieren, als nach außen ein falsches Bild zu erwecken.“
Wichtig sei es auch, die Mitarbeitenden von Anfang an mitzunehmen und nichts von oben zu verordnen, betont Paula Süveges. „Viele wollen ja mitgestalten können und Verantwortung übernehmen, was soziale und ökologische Nachhaltigkeit angeht. Hier liegt ein Riesenpotenzial, Beschäftigte zufrieden zu machen und ihre Selbstwirksamkeit zu fördern.“ Wer eine Purposeausrichtung habe, verändere damit letztlich auch das System um sich herum. Und: „Unternehmen mit Purpose gleichen ihre Produkte und Dienstleistungen immer wieder damit ab, ob sie noch den Zielen entsprechen, und das wiederum steigert die Resilienz.“ Allerdings müsse das Ganze auf Führungsebene und auf allen anderen Ebenen dann auch tatsächlich gelebt werden, sonst ändere sich nichts. „Purpose darf nicht als Marketinginstrument dienen“, betont Süveges.
Unternehmen in Bremen sind auf der Purpose-Suche
Wie groß der Bedarf an Austausch zu diesem Thema ist, wurde beim jüngsten Stammtisch für Personalverantwortliche deutlich, zu dem die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation und die WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH regelmäßig einladen. „Arbeitgeberattraktivität durch Purpose – was wir von Sozialunternehmen lernen können“ lautete der Titel der Veranstaltung, die schon nach wenigen Tagen restlos ausgebucht war. Das koralle-Team führte durch das Programm und leitete einen Workshop, in dem es zu intensiven Diskussionen kam. „Dabei ist deutlich geworden, dass viele Unternehmen und Organisationen wirklich noch einmal sich und ihren Sinn hinterfragen wollen“, berichtet Tanja Engel.
Sozialunternehmen bildeten eine Branche, die Purpose als zentralen Bestandteil des eigenen Wirkens habe, sagt Tamara Kassow, bei der WFB Projektleiterin für nachhaltige und alternative Wirtschaftsformen. „Sie kombinieren gesellschaftlich verantwortliches Handeln mit unternehmerischen Methoden. Und sie bieten gute Anknüpfungspunkte für Firmen der klassischen Wirtschaft, die selbst auf der Suche nach Purpose sind.“ Die WFB bringe deshalb in regelmäßigen Workshops Unternehmen von beiden Seiten zusammen, damit diese voneinander profitieren könnten. „Und wir unterstützen Sozialunternehmen bei der Ansiedlung und beim Wachstum in Bremen, da sie ein Schlüssel für sozial und ökologisch verantwortungsvolleres Wirtschaften sein können“, so Kassow.
Und was können „klassische“ Unternehmen nun von Sozialunternehmen lernen?
„Viel“, meint Paula Süveges und lacht. „Auf jeden Fall ist Kooperation ein wesentlicher Punkt. In unserem Sektor teilen wir Wissen und Erfahrungen miteinander und unterstützen uns gegenseitig, weil uns klar ist: Zusammen können wir mehr bewirken.“ Bei den Social Entrepreneurs zählten andere Maßstäbe als hoher Gewinn. Dabei gehe es auch darum, beweglich zu bleiben und alte Muster und Strukturen zu verlernen. „Wir leben die ganze Zeit auf Pump, darum müssen wir weg von diesem Denken: Das haben wir schon immer so gemacht“, betont sie. „Und das geht nur, wenn die Dinge anders werden und sich Strukturen verändern.“
Weitergehende Informationen zum Thema Purpose:
Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
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