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20.6.2024 - Insa Lohmann

Auf dem Weg ins All

Luft- und Raumfahrt

Bremer Start-up arbeitet an wiederverwendbaren Raumflugzeugen

Mann in Halle
Alexander Kopp hat das Start-up Polaris geründet. © WFB/Lehmkühler

Eine Weltraumrakete, die wie ein Flugzeug starten und landen kann: Das ist die Idee, die das Bremer Start-up Polaris verfolgt. Kleine Testmodelle fliegen schon, 2028 soll „Aurora“ abheben. Die Erfindung könnte den Markt revolutionieren, denn die Raumflugzeuge sind bis zu 200-mal wiederverwendbar – und können von jedem Flughafen ins Weltall starten.

„The Sky is not the Limit. Beyond the Universe is.“ steht an der Eingangstür des Bremer Start-up-Unternehmens Polaris. Zu Deutsch in etwa: Der Himmel ist nicht die Grenze, sie liegt jenseits des Universums – alles ist also möglich. Wer Geschäftsführer Alexander Kopp trifft, weiß schnell, warum ihm dieses Zitat so viel bedeutet. Denn der 42-jährige Unternehmer hat Großes vor: Zusammen mit seinen Mitarbeitenden entwickelt er ein Raumfahrzeug, das Nutzlasten in den Weltraum transportieren soll. Das Revolutionäre an Kopps Erfindung: Das Raumflugzeug braucht lediglich eine Start- und Landebahn, keine Startrampe. Und es soll bis zu 200-mal wiederverwendbar sein. Flüge ins All könnten somit zukünftig von jedem Flughafen der Welt aus möglich sein.

Für das Unternehmen ist das ein echter Durchbruch – und zugleich eine große Herausforderung. Alexander Kopps Tage sind derzeit besonders lang; er braucht Personal, um seine Firma voranzutreiben: Die Anzahl der Mitarbeitenden soll bis Ende des Jahres von 20 auf 35 steigen. „Und das wird immer noch nicht reichen“, sagt Kopp.

„Man muss immer wieder testen, testen, testen“

Um den Fortschritt des Raumflugzeugs zu beschleunigen, hat Polaris eine Reihe kleinerer Flugdemonstratoren entwickelt, die regelmäßig auf Testflüge geschickt werden. Da ist zum Beispiel „Mira“: Ein knapp viereinhalb Meter langes Geschoss, das zeigen soll, das die Technik funktioniert. „Mira“ sieht ein bisschen mitgenommen aus, bei einem Testflug im Februar 2024 kam sie von der Landebahn ab und landete im Gras. Für Alexander Kopp jedoch kein Grund zur Sorge: „Das sehen wir gar nicht so kritisch. Man muss Dinge aggressiv vorantreiben, wenn man vorwärtskommen will – da gehört sowas dazu.“ Am Ende soll das fertige Raumflugzeug eine Länge von 28 Meter haben. Und bis es soweit ist, sei es notwendig, sich langsam vorzutasten, sagt Kopp. Das heißt: Jeder Demonstrator wird Stück für Stück ein wenig länger sein als der Vorgänger. „Man muss immer wieder testen, testen, testen“, erklärt Kopp, „nur so entwickeln wir ein besseres Verständnis für das System.“

Flugzeugdemonstrator und Mann
Alexander Kopp steht hinter dem Flugdemonstrator „Mira“. © WFB/Lehmkühler

Revolution für die weltweite Raumfahrt

Die Idee hinter „Mira“ ist einerseits nicht neu: ein Fluggerät, das wie ein Flugzeug starten und landen soll. Doch die Technik von Polaris könnte eine Revolution für die weltweite Raumfahrt bedeuten. Bei seinem Raumflugzeug setzt das Start-up mit Sitz im Gewerbegebiet am Bremer Kreuz auf zwei verschiedene Triebwerkstypen: Beim Start kommen zunächst Turbinentriebwerke zum Einsatz. Während des Flugs werden dann sogenannte „Aerospike Engines“ als Raketentriebwerk gezündet, die den nötigen Schub für den Überschallflug erzeugen. Diese Triebwerke sind eine Eigenentwicklung aus Bremen. In 100 Kilometern Höhe soll bei sieben- bis zehnfacher Schallgeschwindigkeit eine Oberstufe mit Satelliten ausgesetzt werden. Nach erfolgreicher Mission landet das Raumflugzeug wieder horizontal auf einer Landebahn.

Schon in den 1990er Jahren hatten die Europäer mit dem Projekt „Hopper“ einen ähnlichen Ansatz verfolgt, doch die Erfindung kam über ein paar Flugversuche nicht hinaus. „Es gab den Markt dafür noch nicht“, erklärt Polaris-Geschäftsführer Alexander Kopp. Auch der Kostendruck sei damals nicht so stark wie heute gewesen. Inzwischen hat sich der Markt grundlegend verändert: Mit seinem Unternehmen Space-X hat US-Milliardär Elon Musk bewiesen, dass es in der Raumfahrt auch kostengünstiger geht und setzt damit die Konkurrenz unter Druck. „Das Thema Raumflugzeuge nimmt wieder Fahrt auf“, sagt Kopp.

Zwei Männer schrauben an einem Gerät
Atra Gemilang (links) und Sven Stappert sind an der Entwicklung beteiligt. © WFB/Lehmkühler

Bis zu 200-mal wiederverwendbar

Für den Gründer aus Bremen liegen die Vorteile seiner Erfindung auf der Hand: Es handelt sich um ein System, das bis zu 200-mal zum Einsatz kommen kann und innerhalb von 24 Stunden wieder einsatzbereit ist – eine enorme Kostenersparnis im Vergleich zu jeder anderen wiederverwendbaren Rakete, sagt Kopp. Ein weiterer Wettbewerbsvorteil gegenüber klassischen Raketen ist aus Sicht des Polaris-Gründers, dass die Raumflugzeuge von gewöhnlichen Flughäfen aus starten können. „Damit können wir weltweit operieren“, erklärt Kopp, der schon als Kind eine Faszination für den Weltraum entwickelte.

Die Begeisterung ist geblieben. Mit seinem Start-up setzt Alexander Kopp alles auf eine Karte: Nachdem er sich zehn Jahre lang beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit wiederverwendbaren Raumflugzeugen befasst hat, machte er sich mit Polaris selbstständig und steckte alles in das Unternehmen, was er hatte. „Irgendwann hatte ich genug geforscht und war überzeugt: Es ist Zeit für ein Start-up“, erinnert sich der Systemingenieur. Den Standort plante er zunächst weit weg von Bremen: Kopp wollte den alten Hof seiner Familie in Nordhessen zum Entwicklungszentrum für Raumflugzeuge umbauen. „Das war die blödeste Idee aller Zeiten“, gibt er zu. Die Umbaukosten hätten sein Budget gesprengt und auch der Standort erwies sich bei näherer Betrachtung als ungeeignet. „Dadurch habe ich viel Zeit verloren.“ Die Anfänge seines Start-ups seien hart gewesen.

Ab in die „City of Space“

Er hatte jedoch eine Mission vor Augen. Schließlich zog er mit Polaris nach Bremen, in die „City of Space“. Das habe vor allem mit der Suche nach passendem Personal zu tun gehabt, sagt Kopp. „Die wichtigste Standortfrage ist: Wo bekommt man die Mitarbeitenden her? Und Bremen ist nun mal einer der größten Luft- und Raumfahrtstandorte.“ Das Land Bremen hat gemessen an der Einwohnerzahl die höchste Luft- und Raumfahrtbeschäftigungsdichte in Deutschland. Mehr als 140 Unternehmen und zwanzig Institute aus der Branche sind im Land Bremen ansässig.

Aber auch die Nähe zur Küste sei ein großer Vorteil, sagt Kopp. Für ihre Flugversuche fahren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig nach Peenemünde auf der Insel Usedom, wo der Luftraum für die Testflüge über dem Meer gesperrt werden kann.

Und Alexander Kopp hat schon den nächsten Testflug geplant: „Mira II“ soll noch im Juli 2024 zum ersten Mal fliegen und bereits größer als der Vorgänger sein. Dann wird es langsam ernst. Denn in vier Jahren soll es soweit sein: Dann soll „Aurora“, ein 28 Meter langes, leichtes Raumflugzeug mit 15 Metern Spannweite und einer Tonne orbitaler Nutzlast abheben können. Doch Kopp denkt schon weiter: Die zweite Generation der Raumflugzeuge, deutlicher schwerer, soll eine Erdumlaufbahn erreichen und zehn Tonnen transportieren können. Im Jahr 2030 soll das „Heavy Spaceplane“ fliegen, das eine neue Ära in der Raumfahrt einläuten könnte.

Pressekontakt: Alexander Kopp, POLARIS Raumflugzeuge GmbH, Tel: 0421 491880 01, Mobil: 0160 98971086, Mail: alexander.kopp@polaris-rfz.de

Autorin: Insa Lohmann
Redaktion: Janet Binder, pressedienst@wfb-bremen.de

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Journalistinnen und Journalisten den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen.

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Foto 1: Alexander Kopp hat das Start-up Polaris geründet. ©WFB/Jens Lehmkühler

Foto 2: Alexander Kopp steht hinter dem Flugdemonstrator „Mira“. ©WFB/Jens Lehmkühler

Foto 3: Atra Gemilang (links) und Sven Stappert sind an der Entwicklung beteiligt. ©WFB/Jens Lehmkühler

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