„Authentizität ist das Wichtigste bei TikTok“
Über unsTikTok im Bremer Stadtmarketing – ein Gespräch mit den Online-Redakteurinnen Laura Peper und Linda Ruser
Seit Mai 2021 ist die WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH im Bereich Stadtmarketing und Tourismus auf TikTok aktiv. Mit bald 30.000 Abonnentinnen und Abonnenten und 554.400 Likes, einigen viralen Videos und einer Vorreiterrolle im deutschen Destinationstourismus ein voller Erfolg. Was steckt hinter dieser Erfolgsstory? Und welche Erkenntnisse hat das Team hinter dem Bremer TikTok-Kanal ziehen können?
Laura Peper und Linda Ruser sind bereits seit mehreren Jahren als Online-Redakteurinnen bei der WFB tätig und unter anderem für die Social-Media-Kanäle der Stadt Bremen zuständig. Gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen haben sie den Bremer TikTok-Kanal @visitbremen aufgebaut und wissen genau, worauf es ankommt.
Seit Mai 2021 ist die WFB mit dem Kanal @visitbremen auf TikTok aktiv. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Linda Ruser: Während der Pandemie haben wir festgestellt, dass die Anzahl der Nutzer:innen bei TikTok in die Höhe geschossen ist. Da war uns klar: Das müssen wir ausprobieren. Da wir generell auf allen wichtigen Social-Media-Kanälen vertreten sind, war TikTok der nächste logische Schritt für uns.
Laura Peper: Gerade, weil wir auch die jüngeren Zielgruppen unter 25 erreichen möchten, ist TikTok die richtige Plattform. Bei Instagram liegt die Zielgruppe mittlerweile bei den 25 bis 45-Jährigen, die noch Jüngeren sind hauptsächlich auf TikTok aktiv.
Wie habt ihr euch anfangs mit der Plattform vertraut gemacht?
Linda Ruser: Wir haben uns im Team viele Videos geschickt, die zu unseren Themen passen könnten, um uns Inspiration zu holen. Wir waren selbst viel auf der Plattform unterwegs, um zu verstehen, wie sie funktioniert. Und natürlich haben wir uns am Anfang auch eine Strategie überlegt, aber schnell festgestellt, dass nur schöne Kurzvideos von Bremen nicht ausreichen, um erfolgreich zu sein und authentischer und persönlicher Content auf der Plattform besser funktioniert. Daraufhin haben wir uns selbst vor die Kamera gestellt und seitdem laufen unsere Videos ziemlich gut.
Unsere Videos waren anfangs zudem englischsprachig ausgerichtet, weil wir dachten, damit internationale Zielgruppen erreichen zu können. Der Algorithmus funktionierte allerdings so, dass unser Content aus Bremen eher Leuten am Standort Bremen und umzu ausgespielt wurde. So erreichten wir am Anfang vor allem Bremerinnen und Bremer, mittlerweile kommen wir aber auch in überregionale Zielgruppen und werben gezielt.
Wie kommt ihr auf den Content, also die Inhalte, die ihr ausspielt?
Laura Peper: Wir setzen uns einmal im Monat mit dem gesamten TikTok-Team zusammen und überlegen, welche Themen wir umsetzen wollen. Das sammeln wir und arbeiten es nach und nach ab. Manches entsteht allerdings auch spontan. Manchmal ist es so, dass einer oder eine von uns ein Video auf TikTok sieht und wir zusammen überlegen, wie wir es für Bremen adaptieren können.
Linda Ruser: TikTok-Trends spielen hier auch eine wichtige Rolle. Wir versuchen, diese oftmals für Bremen zu adaptieren, da müssen wir manchmal sehr kreativ sein. Diese Trends besprechen wir aber auch im Team, sodass jeder und jede eigene Ideen einbringen kann. Auf diese Trends muss man sehr schnell reagieren, also nehmen wir sie auch sehr schnell mit auf.
Gibt es Themen oder eine bestimmte Art von Content die besonders gut laufen?
Laura Peper: Wir können schwer pauschalisieren, was besonders gut und was schlecht läuft. Wir haben allerdings festgestellt, dass Videos gut laufen, die für unsere Nutzer:innen überraschend sind oder ganz im Gegenteil, mit denen sie sich stark identifizieren können. Zum Beispiel haben wir ein Video über das Bremer Loch gedreht. Das ist mit Abstand unser erfolgreichstes organisches Video. Wir waren eigentlich davon ausgegangen, dass man das Bremer Loch in Bremen kennt, aber es hatte 360.000 Views auf TikTok und ist viral gegangen, weil einfach sehr viele Leute in unserer Zielgruppe es nicht kannten. Auf der anderen Seite ist zum Beispiel auch unser Klimahaus-Video mit 275.000 Views viral gegangen. Das kannten unsere Abonnentinnen und Abonnenten, weil sie selbst schon dort waren, zum Beispiel mit der Schule. Sie haben sich sehr gefreut, es wiederzusehen.
Manchmal gehen Videos auch erst später viral. Wir haben vorletzte Woche ein Video zur Bremer Freikarte veröffentlicht, weil diese gerade für eine jüngere Zielgruppe relevant ist. Das Video hat in der ersten Woche 3.000 Views erzielt. Eine Woche später hatte es plötzlich 27.000 Views. Von daher muss man Videos auch nicht wieder runternehmen, nur weil sie erstmal nicht so gut funktionieren, das kann später kommen.
Was macht den @visitbremen TikTok-Kanal eurer Meinung nach so erfolgreich?
Laura Peper: Ich denke, dass es auf jeden Fall diese persönliche Sicht ist und unser niedrigschwelliger Content, der für alle zugänglich ist. Wir denken Themen, die bereits im Stadtportal bremen.de erschienen sind, für TikTok neu und passen den Content für diese Plattform an, um so nahe wie möglich an der Zielgruppe zu sein. Wir versuchen, sehr viele unterschiedliche Themen und Aspekte abzudecken – sowohl städtische Themen als auch touristische.
Was würdet ihr einem touristischen oder städtischen Unternehmen empfehlen, das jetzt auf TikTok aktiv werden möchte?
Linda Ruser: Selbst auf der Plattform unterwegs sein, um ein Gefühl dafür zu bekommen und sich Inspiration zu suchen. Am besten mit Creator:innen zusammenarbeiten oder mit Personen, die vor der Kamera stehen, die dem Unternehmen ein Gesicht geben.
Das Thema Kapazitäten muss auch im Vorfeld geklärt werden. Eine Person, die sich um den Kanal kümmert, reicht nicht aus. Im besten Fall sollte wie bei uns ein Team dahinterstehen und wir bekommen zusätzlich Unterstützung von unseren studentischen Mitarbeitenden. Wir produzieren auch manche Themen schon vor, damit unser Posting-Plan nicht leerläuft, denn man sollte mindestens drei Mal in der Woche posten. Und wir empfehlen, sich auf Kurzvideos – nicht mehr als 30 Sekunden – zu beschränken. Die ersten Sekunden sind entscheidend, weil da die Aufmerksamkeit entweder hängenbleibt oder die User:innen weiterscrollen.
Laura Peper: Wir haben darüber hinaus den Vorteil, dass wir sehr gerne in Bremen leben und das gut verkörpern können. Dadurch wirkt unser Kanal sehr authentisch. Authentizität ist das Wichtigste bei TikTok. Und noch ein Tipp ist, die Interaktionen anzukurbeln, indem man auf Kommentare reagiert und so die Reichweite erhöht. Da ist tatsächlich die Anzahl der Follower:innen zweitrangig. Man kann nur 200 Abonnentinnen und Abonnenten haben und dennoch ein Video posten, das viral geht, weil es nicht voneinander abhängig ist. Darum liegt bei TikTok so viel Potenzial.
Der Bremer TikTok-Kanal hat eine Vorreiterrolle im deutschen Tourismus und Stadtmarketing. Wie macht es sich bemerkbar?
Linda Ruser: Zu der Zeit, als wir loslegten, fing auch die Stadt Köln mit TikTok an, ansonsten entdeckten wir kaum deutsche Destinationskanäle. Mittlerweile gibt es zahlreiche Accounts von Städten und Destinationen, die aber teilweise noch in den Kinderschuhen stecken. Wir haben einige Kolleginnen und Kollegen aus anderen Städten bei Meetings und Konferenzen getroffen – und tatsächlich sind wir als Stadt Bremen mit unserem Kanal bekannt. Es ist schön, sich dann auszutauschen und Erfahrungen zu teilen.
Laura Peper: Wir bekommen auch häufig Anfragen von Unternehmen, ob wir Tipps geben können. 2022 haben wir unter anderem beim Social Media Travel Weekend als Rednerinnen teilgenommen und waren zu Gast beim Podcast der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin zum Thema „TikTok im Stadtmarketing“. Auch in Online-Runden mit anderen touristischen und städtischen Anbieter:innen wurden wir schon nach unseren Erfahrungen und Tipps gefragt, denn noch ist TikTok eine relativ neue Plattform für viele.
Ist TikTok denn die richtige Plattform für Stadtmarketing und Tourismus?
Linda Ruser: Das Thema Reisen ist sehr beliebt auf TikTok. Für eine Destination eignet sich die Plattform sehr gut. Gerade, wenn man junge Zielgruppen, die potenziellen Besuchenden von morgen, erreichen möchte.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen der WFB, besonders in Bezug auf große touristische Kampagnen?
Linda Ruser: Wir arbeiten eng mit der Abteilung Bremen Tourismus zusammen, da wir auch sehr viele touristische Social Ads (Beiträge mit bezahlter Werbung, Anm. d. Red.) produzieren. Für Themen und Anstöße aus anderen Abteilungen sind wir generell sehr offen, achten aber natürlich darauf, dass die Kampagnen zu TikTok und der Zielgruppe passen. Es ist wichtig, dem Kanal und unseren Abonnent:innen treu zu sein.
Laura Peper: Eine touristische Kampagne, die sehr gut lief, war zum Beispiel „Moin für Neun“ – sowohl organisch als auch als Ad. Wir haben gezeigt, was man für wenig Geld in Bremen machen kann, wenn man mit dem Neun-Euro-Ticket hierherkommt und das hat unsere Zielgruppe direkt angesprochen. Es war gut, mit einer solchen Kampagne auf dieses Thema aufzusteigen.
Was ist euer Fazit nach zwei Jahren TikToks und was waren die wichtigsten Erkenntnisse?
Laura Peper: TikTok lohnt sich! (lacht)
Linda Ruser: Es ist eine dankbare Plattform. Auch mit wenigen Follower:innen kann man eine sehr gute Reichweite erzielen. Man wird immer wieder überrascht, welcher Content gut funktioniert. Es ist aber auch sehr viel Arbeit, die man nicht unterschätzen sollte. Wir haben gelernt, immer dranzubleiben, denn es zahlt sich aus. Man sollte offen bleiben für neue Themen und immer wieder Neues ausprobieren.
Vielen Dank für das Gespräch!
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