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13.4.2023 - Anne-Katrin Wehrmann

Neu in Bremen: Faire Meile im Viertel

Einzelhandel
Fünf Menschen stehen vor einem Laden
Am Ostertorsteinweg ist eine kleine "Fair-Meile" entstanden. V.l.n.r.: Felix Halder (fairtragen), Ilona Stemmer (Weltladen), Birgitta Neumann (CONTIGO), Susanne Mewis (Weltladen), Sören Lauer (fairtragen) © WFB / Jan Rathke

Ein bisschen beengt war es am alten Standort schon, und etwas abgelegen auch. Wer nicht wusste, dass es in der Katharinenstraße einen Fairtrade-Laden gab, kam kaum zufällig dort vorbei. Das ist jetzt anders. Seit dem Umzug in den Ostertorsteinweg 88 Anfang April befindet sich CONTIGO mitten im belebten Bremer Viertel, wo viel Laufkundschaft unterwegs ist. Und statt der bisherigen 45 Quadratmeter stehen am neuen Standort nun 150 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung. „In der Vergangenheit mussten wir uns immer einschränken und entscheiden, was wir im Laden zeigen und was nicht“, sagt Birgitta Neumann, Leiterin der Bremer CONTIGO-Filiale. „Jetzt können wir unser gesamtes Sortiment präsentieren.“

Und das ist groß. Ob Hängematten, hochwertige Lederwaren, außergewöhnlicher Schmuck, handbemalte Kerzen, witzige Recycling-Produkte oder leckere Schokolade: Vom Alltagsprodukt bis zur ausgefallenen Geschenkidee ist hier eine breite Palette an Unikaten im Angebot, für deren Herstellung die meisten Schritte in kunstvoller Handarbeit ausgeführt werden. „Contigo ist spanisch und heißt übersetzt: mit dir“, erläutert Neumann. „Wir sehen uns als Brücke zwischen den Produzenten, also Kunsthandwerkern und Kleinbauern aus Übersee, und den Verbrauchern hier bei uns.“ Das Besondere am Konzept sei, dass die Kundschaft hier die Geschichten der Menschen hinter den Produkten erfahre – über Schilder in den Regalen, aber auch über kleine Flyer sowie Hintergrundinformationen der Mitarbeitenden.

Und noch etwas anderes macht CONTIGO besonders: Die umfangreiche Palette an unterschiedlichen Sorten biozertifizierten Kaffees wird nicht nur im Laden geröstet, sondern lässt sich auch direkt an Ort und Stelle frisch genießen. „Wir haben jetzt neben unserer Kaffeebar eine große Sitzecke, in der unsere Kund:innen gemütlich sitzen und beim Rösten zuschauen können“, berichtet die langjährige Filialleiterin, der die Freude über den Umzug anzumerken ist. Das Viertel sei der optimale Standort für ihr Geschäft, ist sie überzeugt: „Das Publikum hier hat ein Bewusstsein für nachhaltigen Konsum. Es gibt viele kleine Läden und Cafés, zweimal die Woche den Ökomarkt, Restaurants mit veganem und vegetarischem Angebot. Und jetzt kommen wir dazu und schließen die Lücke zwischen den beiden anderen fairen Läden und dem Reformhaus Ebken. Damit entsteht hier eine richtige kleine faire Meile.“

Eine Frau hinter einem Tresen
Am neuen Standort von CONTIGO können Kundinnen und Kunden direkt vor Ort verschiedene Sorten biozertifizierten Kaffees probieren. © WFB / Jan Rathke

Positive Ergänzung des Angebots

Und das ist ganz im Sinne der neuen Nachbarn. „Ich freue mich total, dass CONTIGO jetzt hier ist“, sagt Felix Halder, Geschäftsführer von fairtragen. Der Anbieter von ökologisch und fair produzierter Mode betreibt ein Ladengeschäft direkt nebenan und sieht kaum Überschneidungen in der Produktpalette. „Ich denke eher, dass wir uns gegenseitig befruchten werden“, meint Halder. Das Viertel sei mit das Beste in Bremen, was die politische Einstellung von Anwohner:innen und Passant:innen zum Fairtrade angehe. „Und außerdem haben wir hier viel Laufkundschaft, das ist natürlich gut für alle. Wenn jemand nach einem fairen Laden sucht, findet er die anderen beiden gleich mit.“ Aus seiner Sicht sei die Neuansiedlung daher eine positive Ergänzung des Angebots.

Genauso sieht das Susanne Mewis vom Weltladen Bremen, der Schwerpunkte unter anderem auf Wohndekoration, Körperpflege-Produkte und fair gehandelte Lebensmittel setzt. Auch wenn sich hier das Angebot schon eher einmal überschneiden kann: „Ich halte das nicht für problematisch, im Gegenteil“, sagt Mewis. „Es kann gar nicht genug solche Läden geben. Und letztlich ist es eine Aufwertung und Belebung für das ganze Viertel, wenn hier Facheinzelhandel aufmacht.“ Der Weltladen habe schon immer im engen Austausch mit CONTIGO gestanden: „Das machen wir jetzt eben noch etwas intensiver und stimmen unser Sortiment aufeinander ab.“

Faire Läden seien Kämpfer für die Sache, macht Susanne Mewis deutlich. „Uns geht es nicht primär um den eigenen Umsatz, sondern um das Voranbringen von Gerechtigkeit im Welthandel.“ Wenn sich das Angebot an einer Stelle konzentriere, mache das den Standort noch attraktiver für interessiertes Publikum. „Es ist schon etwas Besonderes, dass wir hier jetzt eine faire Meile haben“, meint die Weltladen-Geschäftsführerin. „Ich glaube nicht, dass es das in so vielen anderen Städten gibt.“

Innenraum Contigo
Auf 150 Quadratmetern lassen sich im neuen CONTIGO-Laden im Bremer Viertel faire Produkte finden. © WFB / Jan Rathke

Unterstützung durch die WFB

Rund um den Umzug hat CONTIGO Unterstützung durch die WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH erhalten. „In dem Ladengeschäft befand sich vorher eine Bäckerei, die aber schon seit zwei Jahren geschlossen war“, berichtet Birgitta Neumann. „Die Wirtschaftsförderung hat unseren Wunsch, dort einzuziehen, sofort positiv aufgenommen und uns gesagt, dass ihre Türen immer offen stehen.“ So habe die WFB unter anderem in Erfahrung gebracht, wer der Vermieter der Immobilie sei, und außerdem verschiedene Kontakte vermittelt – unter anderem zur zuständigen Stelle für die Genehmigung der Außenbeschilderung. „Das war schon sehr hilfreich, an der Stelle Rückhalt zu haben“, macht Neumann deutlich.

Die Filialleiterin legt Wert auf die Feststellung, dass der Umzug ohne das tatkräftige Zupacken ihrer Mitarbeitenden nicht möglich gewesen wäre. „Überhaupt läuft kein Laden ohne ein gutes Team“, betont sie. Und das hat sie noch einmal deutlich aufgestockt: Zu den bisherigen sechs Beschäftigten sind jetzt vier weitere hinzugekommen. „Alles junge und hochmotivierte Leute“, sagt Neumann. „Aber man muss dazu auch einen Bezug haben, es geht nicht einfach nur ums Verkaufen. Im Kern stehen die Beratung und das Vermitteln von Informationen, das muss man wollen.“ Der Job sei vielfältig und anspruchsvoll und mache eben deswegen so viel Spaß. Mindestens genauso viel Spaß macht es ihr, sich im neuen Laden umzuschauen. Das Ambiente sei ein ganz anderes als am alten Standort, meint Neumann: „Das wird der Qualität der Waren jetzt voll und ganz gerecht.“

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