Wenn der Hofladen nach Hause kommt
Nahrungs- und GenussmittelwirtschaftRegional, nachhaltig und Bio online einkaufen in Bremen und Oldenburg
Wer regionale Produkte online einkaufen will, musste bisher lange suchen und verschiedene Anbieterinnen und Anbieter nutzen – wenn es sie denn überhaupt online gab. Mit meinmarktstand.de entsteht für Hofläden, kleine Betriebe und Manufakturen im Nordwesten eine gemeinsame Plattform.
Herzhafter Käse aus Altenoythe, saftiges Moorschwein aus Overlahe und knuspriges Roggen-Vollkornbrot aus Apen. Zwar hören sich diese niedersächsischen Orte für das ungeschulte Ohr reichlich obskur an – die Produkte von dort sind es aber nicht: regional angebaut, frisch verarbeitet und garantiert köstlich.
Als Städterin oder Städter kann es durchaus aufwendig werden, an diese Leckereien zu kommen. Entweder geht’s per Rad oder Auto zum Hofladen aufs Land oder man findet mit Glück und Zeit das Passende auf dem Wochenmarkt.
Keine Zeit zum Einkauf
Aber einfach nach Hause bestellen? In Bremen bisher kaum möglich. „Ich arbeitete früher im Schichtdienst, habe es nie auf den Wochenmarkt geschafft und mich eines Tages gefragt: Warum kann ich das köstliche Brot nicht nach Hause bestellen? Da muss sich doch etwas machen lassen“, dachte sich Garvin Hinrichs. Nach zwölf Jahren bei der Bundeswehr entstand bei dem Oldenburger die Idee, selbst einen Onlineshop aufzuziehen.
Das war 2016. Fünf Jahre später ist aus einer fixen Idee ein handfestes Business geworden, das im Oktober 2021 sein Debüt in Bremen feiert: „Mein Marktstand“ heißt der Onlineshop, der regionale Lebensmittel von Bauernhöfen, Manufakturen und lokal Produzierender anbietet.
„Es ist ein Marktplatz für die Region. 2017 sind wir in Oldenburg gestartet. Jetzt expandieren wir nach Bremen und wollen auch hier regionale Produzenten wie Konsumierende für unsere Plattform gewinnen“, erzählt er.
Online regionale Lebensmittel einkaufen in Oldenburg und bald auch Bremen
Die Oldenburger Bilanz kann sich bereits sehen lassen: 1.500 Produkte von 70 Betrieben, etwa 5.500 Kundinnen und Kunden. Mit Bremen und dem Umland sollen sich diese Zahlen mindestens verdoppeln. Das dürfte Hinrichs im Handumdrehen schaffen. „1.500 Kundinnen und Kunden haben sich bereits bei uns auf die Warteliste gesetzt, obwohl wir noch gar keine bremischen Produkte anbieten“, erzählt er stolz. Bei 3,50 Euro Lieferkosten und Auslieferung am nächsten Tag für viele ein „no brainer“.
Hinrichs liebt gute, handgemachte Lebensmittel, die ihn an seine eigene Kindheit erinnern. „Ich habe von früher noch die Landlebenromantik im Kopf. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher achten heute darauf, wo ihre Lebensmittel herkommen und wie sie produziert werden. Regionalität punktet und mit meinem Angebot kann ich trotz des anonymen Onlinehandels lokale Eigenheiten bewahren“, ist er überzeugt.
Er sieht sich als Ergänzung zum Wochenmarkt und zum Hofladen, nicht als Konkurrenz. Jeder Hof und jede Manufaktur kann sich auf der Webseite vorstellen, mit Texten und Fotos – so werden anonyme Produkte persönlich.
Das persönliche Gespräch suchen
Dazu fahren Hinrichs und sein mittlerweile siebenköpfiges Team auch auf die Höfe raus, um Hund, Schwein, Pferd und Co. abzulichten – und natürlich auch die engagierten Landleute. Nicht immer eine einfache Angelegenheit:
„Man muss Vertrauen aufbauen, wenn man miteinander arbeiten will. Ich saß schon stundenlang mit fünf Generationen am Tisch und habe über mein Projekt gesprochen, bevor ich sie überzeugen konnte. Manchmal ist der Zugang über die junge Generation Landwirtinnen und Landwirte einfacher – die kann dann Vater und Mutter mitreißen. Ich will niemandem etwas wegnehmen, am Ende profitieren wir ja alle“, so Hinrichs.
Organisation schlank halten
In den vergangenen Jahren hat er durchaus einige Schätze in seinen Onlineshop aufgenommen. „Wir sind einer der wenigen Anbieter für frische Büffelmilch, haben Wagyu-Steaks, aber auch Gemüseboxen, Präsentkörbe und einige Anbieterinnen und Anbieter aus anderen Ländern“, zählt Hinrichs auf. Geliefert wird in der Kühltasche, die bei der nächsten Bestellung dem Paketdienst wieder mitgegeben wird.
Apropos Bestellung: Für die Versandlogistik sind Hinrichs und sein Team auf eine geniale wie schlanke Idee gekommen. Sie kooperieren mit der Citipost, einer regionalen Postdienstleisterin in Nordwestdeutschland. Diese fährt regelmäßig die Höfe an, um Post auszuliefern und nimmt auf dem Rückweg die Pakete mit. „Die Citipost kann so Leerfahrten vermeiden, wir können günstig unsere Logistik organisieren und für die Umwelt ist es auch nachhaltiger“, freut sich Hinrichs. Er hält seine Organisation schlank, muss keine eigenen Lieferfahrzeuge oder ein Versandzentrum unterhalten.
Ansiedlung in Bremen geglückt
Mit dem Start des Onlineshops in Bremen verlagert Hinrichs auch den Unternehmenssitz in die Hansestadt. „Wir müssen dort sein, wo unsere Lieferantinnen und Lieferanten sitzen. Nur wer die Region kennt wirkt auch authentisch nach außen“, so der 32-jährige, der zweimal die Woche aus Oldenburg an die Weser pendelt. Künftig werde es an beiden Standorten Büros geben, die jeweils ihre Stärken ausspielen.
Bei der Ansiedlung in Bremen unterstützte die WFB. „Wir sind schon lange in Kontakt und ich habe viele wertvolle Tipps erhalten. Die Ansprechpartnerinnen und -partner sind immer für einen da und helfen, wo es geht – etwa aktuell bei der Suche nach Fachkräften“, erzählt er. Neben der WFB ist auch die BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven mit im Boot: Über den EFRE-Beteiligungsfonds tritt die Bank mit Beteiligungskapital als Investorin auf. Beide Institutionen unterstützen den Gründer zudem mit ihrem breiten Netzwerk und Kontakten in die lokale Wirtschaft.
Mit starken Partnerinnen und Partnern im Rücken hat sich Hinrichs für die Zukunft viel vorgenommen. Mit seinem Team möchte er etwa Verpflegungspakete für Ferienwohnungen zusammenstellen und er denkt auch schon über einen eigenen Pop-up-Store in der Bremer Innenstadt nach. Und wenn erst einmal jeder Hofladen und jede Manufaktur in der Region Teil von meinmarktstand.de ist – dann geht es weiter. Erst mit dem restlichen Niedersachsen und dann, wer weiß?
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