Wie Bremer Unternehmer vom Silicon Valley lernen
InternationalesDelegationsreise hinterlässt nachhaltigen Eindruck bei teilnehmenden Unternehmen

Im März 2025 reiste eine Bremer Delegation ins Silicon Valley. Mit dabei: 17 Expertinnen und Experten aus der Bremer IT- und Logistikindustrie sowie von weiteren Institutionen. Sie wollten herausfinden, was das Tech-Tal so einzigartig macht – und wie Bremen davon profitieren kann.
Selbstfahrende Lieferfahrzeuge, intelligente Logistiksoftware oder Datenerfassung auf dem Meer im großen Stil – das waren einige der zahlreichen Programmpunkte der einwöchigen Reise unter Führung der Bremer Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation und organisiert von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Immer im Fokus der neugierigen Bremer Teilnehmenden: Wie schaffen es die Tech-Start-ups und -Konzerne, schnell ein Produkt zu entwickeln, Umsatz zu generieren, zu skalieren und Finanzierungspartner zu finden?
Jetzt sind drei Monate vergangen – was nehmen die Teilnehmenden von der Reise mit? Wir haben vier von ihnen gefragt:
Dr. Arne Kruse, Geschäftsführer RYTLE GmbH

„Mir sind von der Reise mehrere Dinge nachhaltig im Gedächtnis geblieben: Einerseits die wachsende deutsche Community in Kalifornien: 80.000 Toptalente, die von Universitäten oder deutschen Konzernen kommen und durch die Aufgaben – und natürlich auch das Gehalt – angezogen werden. Hier müssen wir uns auch kritisch die Frage stellen: Wie können wir diese langfristig für uns begeistern?
Ebenfalls beeindruckt hat mich die Gründlichkeit im Bewerbungsprozess. Hire and fire ist üblich in den USA, aber trotzdem versichern sich die Firmen, dass sie genau den richtigen Bewerbenden für sich finden – mit bis zu sieben Interviewrunden. Auch wenn er schnell wieder weg sein kann: Die richtige Auswahl der Talente hat hohe Priorität. Das kann man sich sicherlich etwas abschauen. Ebenso das Arbeitsethos der Gründerinnen und Gründer. Wenn diese Kundinnen und Kunden in Europa haben, ist es selbstverständlich, um drei oder vier Uhr aufzustehen. Sie setzen ihre Prioritäten für ihre Sache ein und bleiben am Ball.
Und zuletzt auch das Selbstmarketing: Auch Verluste und gescheiterte Projekte werden als Erfolge verkauft – man hat ja etwas gelernt. Das ist einfach eine andere Einstellung, mit der man an die Sache herangeht, auch gegenüber der Öffentlichkeit oder Investoren.“
Mein Highlight: das Robotikunternehmen Nuro
Dr. Mitja Echim, Mitgründer der TOPAS Industriemathematik Innovation gGmbH
„Mich beeindruckt in diesem Jahr besonders, wie schnell sich autonome Robotaxis in San Francisco vom erweiterten Probebetrieb zum festen Teil des Verkehrs entwickelt haben – mehr als 700 Fahrzeuge prägen inzwischen rund um die Uhr das Straßenbild. Parallel dazu erlebe ich den nächsten Evolutionsschritt der KI: Agentic AI-Systeme, die eigenständig komplette Aufgabenketten planen und ausführen. Möglich macht das ein Mindset, das hier überall spürbar ist: kompromisslose Datennutzung, rasend schnelle Prototypzyklen, die Bereitschaft, früh zu scheitern und dabei hohe Risiken einzugehen – stets mit klarem Fokus auf skalierbare Geschäftsmodelle. Wer mithalten will, muss daher nicht nur die Technologie, sondern vor allem diese Haltung übernehmen.“
Mein Highlight: der Besuch bei Sofar Ocean. Tausende Messbojen liefern Echtzeitdaten über den Zustand unserer Meere – ein Projekt mit philanthropischem Kern und gleichzeitig wirtschaftlichem Impact. Die Ozeandaten ermöglichen Schifffahrtsrouten, die Strömungen, Wetter und Wellengang optimal nutzen – das spart nicht nur Kosten, sondern auch große Mengen CO₂.

Arne Müller, Geschäftsführer TERRATRANS Internationale Spedition GmbH

„Meine Kernerkenntnis lässt sich mit dem Satz ‚Just do it fast‘ zusammenfassen – der Geschäftssinn, der Mut, Neues auszuprobieren, und das in höchster Geschwindigkeit ist absolut beeindruckend. Diesen Drive habe ich mitgenommen.
Was mich ebenfalls nachhaltig beeindruckt hat: Ein KI-Unternehmen fasste bei einem unserer Termine sein Leistungsvermögen wie folgt zusammen: ‚Alles, was ein Mensch am Computer machen kann, können wir auch mit KI – alles, was ein Mensch verstehen kann, verstehen wir auch mit KI.‘ Und im Anschluss hat das Produkt dies auch erfüllt. Das zeigte mir eindrucksvoll, dass viel Wissen, das ich über KI und ihre Leistungsgrenzen hatte, längst überholt ist – und dass wir in Bereichen der Automatisierung und Aufgabenübertragung schon viel weiter gehen können und müssen, um nicht noch weiter abgehängt zu werden.“
Mein Highlight: Uber Freight
Christoph Ranze, CEO encoway GmbH
„Während wir noch über den Einsatz von Generativer KI sprechen, sind die Protagonisten im Silicon Valley bereits bei der Umsetzung von Agentic AI und Physical AI. Wir werden uns darum kümmern müssen, die Methoden der KI schneller in die nützliche Umsetzung zu bringen. Ich habe einen Unterschied – zwischen Deutschland und dem Silicon Valley – im Blick auf und im Umgang mit technologischen Innovationen wahrgenommen: Wenn wir über schnelle Technologieadaption oder die ersten Schritte einer Unternehmensgründung reden, dann nutzen wir gern den Begriff Proof of Concept – eine technikorientierte Vokabel. Im Valley habe ich immer wieder den Begriff Proof of Value gehört, wenn es um Technologieadaption oder die früheste Phase einer Unternehmensgründung geht. Bedeutet für mich: Während wir noch Technik prüfen, bewerten die Investoren im Valley viel früher die wirtschaftliche Potenz ihrer Umsetzung. Ich erinnere mich gern an unseren Besuch in der Entwicklungsabteilung von Nuro, einem Anbieter für autonome Fahrzeuge. Auf meine Frage, wo sie in ihrem Entwicklungsprozess oder in Entwicklungstools bereits KI einsetzen, war die Antwort schlicht und umwerfend: ÜBERALL“
Mein Highlight: Sofar Ocean Technologies, die Kombination aus fortschrittlicher Technologie und nachhaltiger Vision macht Sofar Ocean Technologies zu einem einzigartigen Gamechanger für maritimes Monitoring.

Der kurze Weg ins Silicon Valley: Das Northern Germany Innovation Office
Delegationsreisen wie diese schaffen neue Einblicke und neue Geschäftschancen für Unternehmen. Möglich werden sie durch das Northern Germany Innovation Office. Gemeinsam unterhalten die Wirtschaftsförderungen der Bundesländer Bremen (die WFB), Hamburg und Schleswig-Holstein ein Büro vor Ort, um den direkten Technologietransfer zu ermöglichen.
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