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30.11.2020 - Jann Raveling

„Solange Stahl gebraucht wird, liefern wir auch Stahl“

Gewerbepark Hansalinie

Bremer Stahl Service bearbeitet Stahlbleche und -profile für Industrieanwendungen

Stahlbleche zerkleinern - der Bremer Stahl Service versteht sich als Dienstleister für die Industrie
Stahlbleche zerkleinern - der Bremer Stahl Service versteht sich als Dienstleister für die Industrie © Bremer Stahl Service

Lasern, Brennen, Fasen, Bohren, Sägen – der Bremer Stahl Service rückt dem widerstandsfähigem Metall mit allerlei brachialen Mitteln zu Leibe. Das Unternehmen bearbeitet Stahlbleche, -profile und -stäbe auf Kundenwunsch passgenau. Und blickt dabei auf eine bewegte Geschichte zurück.

Ralf Henkelmann und Bill Talayman sind Herren über zehntausende Tonnen Stahl. Zumindest in der rund 25.000 Quadratmeter großen Halle im Bremer Gewerbepark Hansalinie. Hier geht es wie im Bienenstock zu. An der einen Ecke zerteilen riesige Autogen-Brennanlagen mit 35 Brennern funkensprühend Stahlbleche in schmale Streifen. Ein Laser schmilzt millimetergenaue Löcher, ein Sandstrahler bearbeitet lautstark Stahlprofile. Dazwischen 40-Tonner, die ein- und ausfahren, um Nachschub für die nimmersatten Maschinen zu besorgen.

„Wir kaufen Stahl und machen ihn dann klein“, beschreibt Geschäftsführer Henkelmann lapidar das geschäftige Treiben seiner rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einem Rundgang durch die Halle. 20.000 Tonnen verarbeitet der Betrieb im Jahr.

Die beiden Geschäftsführer Ralf Henkelmann und Bill Talayman
Die beiden Geschäftsführer Ralf Henkelmann und Bill Talayman © Bremer Stahl Service

Das Licht bleibt an in Bremen

Ohne die beiden Gesellschafter Henkelmann und Talayman wäre es hier zappenduster und mucksmäuschenstill. Denn eigentlich hätte es den Bremer Stahl Service gar nicht geben dürfen. Vor zwei Jahren war der Betrieb noch eine Niederlassung eines international tätigen Stahlhändlers aus Essen. Durch Umstrukturierungen und neue Strategien stand der Bremer Standort damals vor dem Aus.

Das konnten die beiden damaligen Geschäftsführer des Standortes nicht auf sich sitzen lassen. Sie sind alte Hasen im Stahlgeschäft, Henkelmann kann auf 36 Jahre und Talayman auf 38 Jahre im Business zurückblicken, davon viele als Führungsperson an zahlreichen Konzernniederlassungen. „Der Standort in Bremen besitzt das Potenzial, dauerhaft am Markt erfolgreich zu sein. Diese Vision hatten wir beide“.

Visionen und schlaflose Nächte

Zusammen entschieden sie sich, den Bremer Standort in Eigenregie zu übernehmen – per sogenannten Management-Buyout. „Wir hatten damals nur drei Monate, um das Geschäft abzuschließen. Wenn man sich mit Unternehmenskäufen auskennt, weiß man, dass das eine extrem kurze Zeit ist“, so Henkelmann.

Schlaflose Nächte bereitete das den beiden – denn auch wenn der Standort nahe der Autobahn A1 über eine gute Infrastruktur verfügt, ein eigenständiges Unternehmen unterscheidet sich doch deutlich von einer Konzernniederlassung. Bereiche wie Verwaltung, Finanzen oder Vertrieb mussten neu ausgerichtet werden, um so zu funktionieren.

Blick in einen Teil der 20.000-Quadratmeter-Halle
Blick in einen Teil der 20.000-Quadratmeter-Halle © Bremer Stahl Service

Neue Wege im Stahlgeschäft gehen

Dazu kamen Anpassungen am Geschäftsmodell. Die Vision der beiden damals frisch gebackenen Geschäftsinhaber ging über den reinen Stahlhandel hinaus. „Wir wollten mehr Wertschöpfung am Standort betreiben, Stahl bearbeiten und so als Dienstleister der Industrie auftreten“, erklärt Henkelmann den Wandel.

Heute zählt das Unternehmen den Maschinen- und Anlagenbau, die Schwer- und Sondermaschinenindustrie sowie den Schiffbau zu den Kunden. Manche davon noch treu aus alten Konzernzeiten, aber andere auch neu hinzugewonnen. Neben dem Zuschnitt von Stahlblechen, Rundstählen, Führungsschienen oder Profilen bereiten die Bremer Stahlteile vor, schneiden, bohren, schweißen Komponenten zusammen – sodass die Industrie diese als Werkteile für Maschinen oder Wasserfahrzeuge direkt verwenden kann.

„Diese höhere Fertigungstiefe ist der entscheidende Unterschied zu früher. Damit heben wir uns von anderen Stahlhändlern ab und sind näher am Kunden. Wir sind nicht mehr so austauschbar“, ist Henkelmann zufrieden über die Entwicklung.

Die Autogen-Brennanlage zerteilt mühelos Stahlbleche
Die Autogen-Brennanlage zerteilt mühelos Stahlbleche © Bremer Stahl Service

Coronakrise mit Zuversicht begegnet

Noch kein halbes Jahr im eigenen Unternehmen und noch mitten im Wandel, packte Anfang März die Coronapandemie mit eiserner Unnachgiebigkeit zu. „Corona stand nicht in unserem Businessplan“, erläutert der 52-jährige Henkelmann mit Galgenhumor. „Die Krise hat uns mächtig durchgerüttelt, denn natürlich hat es auch unsere Kunden getroffen. Wir haben dann auf Kurzarbeit gesetzt. Dank dem Engagement unserer Beschäftigten konnten wir aber auch diese Zeit durchstehen. Wir sind sehr stolz und dankbar, so ein gutes Team zu haben.“

Mit der Erholung der Industrie im Sommer stieg auch die Nachfrage bei den Bremern erneut. „Solange Stahl gebraucht wird, liefern wir auch Stahl“, sagt er entschieden. Es gehöre als Unternehmer nun mal dazu, positiv in die Zukunft zu blicken. Und da sehen sie, neben steigender Nachfrage und weiterem regionalen wie überregionalen Wachstum, eine ständige technologische Weiterentwicklung als Unternehmen.

Eine neue Bestimmung gefunden

Vielleicht war es für Henkelmann und Talayman nicht immer ein Traum, ein eigenes Unternehmen zu besitzen –manchmal kommt eben der Berg zum Propheten. Die beiden Geschäftsführer hätten es sich nach knapp einem Jahr im Geschäft trotz aller Herausforderungen nicht anders gewünscht. „Wir haben lange Jahre damit zugebracht, zu reisen und Menschen über Standorte hinweg aus der Ferne zu führen. Wenn man wie hier in Bremen jeden Tag vor Ort ist, kann man mehr erreichen. Die Verantwortung als Mittelständler alles alleine entscheiden zu können, die genießen wir. Eine frühe Rente ist daher für uns kein Thema, wir wollen mindestens zehn bis 15 Jahre das Projekt hier in Bremen persönlich begleiten“, schließt Henkelmann, während er aus seinem Büro auf einen weiteren 40-Tonner blickt, der Nachschub für die emsigen Sägen, Laser und Schweißgeräte bringt.

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