Die Vermessung des Weltalls
Luft- und RaumfahrtBremer Forscher helfen bei Kartierung von Mars, Merkur und Mond
Jeder Wanderer, Auto- oder Radfahrer kennt es: Je präziser das Kartenmaterial oder das Navi, desto treffsicherer ist die Orientierung. Das ist im Weltall nicht anders: Forscher der Bremer Jacobs University helfen dabei, in einem groß angelegten Projekt vorhandene wissenschaftliche Daten zu erschließen und für die Raumfahrt nutzbar zu machen.
Daten schlummerten in Archiven
Himmelskörper üben auf Menschen eine besondere Faszination aus – auch weil sie immer noch viele Geheimnisse bergen. Lange Zeit war es für Forscher sogar schwer, an bereits existierende Daten zum Mond oder den Planeten Mars und Merkur heranzukommen. Sie schlummerten in Archiven und auf CDs in verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen. Die rasante Digitalisierung und die damit einhergehende Verarbeitung von komplexen Datenmengen machen es inzwischen aber möglich, auf diese Erkenntnisse zuzugreifen und sie zu vereinen.
Letzteres hat sich nun das internationale Forschungsdatenprojekt „PlanMap“ zur Aufgabe gemacht, an dem neben Bremer Forschern auch Wissenschaftler aus Italien, Großbritannien, Frankreich und Kollegen aus Münster beteiligt sind. „Die Idee gab es schon seit vielen Jahren“, sagt Dr. Angelo Pio Rossi, der an der Jacobs University in Bremen als Geowissenschaftler lehrt und forscht. Vielleicht ist die Zeit jetzt reif zu beginnen – sagten sich die Wissenschaftler und stellten gemeinsam einen Forschungsantrag.
Kartierung für künftige Raumfahrtmissionen
36 Monate lang wird „PlanMap“ vom europäischen Forschungsprogramm „Horizon 2020“ mit 1,5 Millionen Euro finanziert. Ziel ist es, aussagekräftige geologische Karten zu erstellen, die vor allem künftigen europäischen Raumfahrtmissionen dienen sollen. Etwa zur Erkundung eines geeigneten Landeplatzes am Südpol des Mondes oder zur Frage, welche Aussagen bereits heute über das Vorkommen von Mineralien auf den Planeten möglich sind.
Bestehende Kartierungen basieren oft auf Materialien aus den 1970er-Jahren
Für Forscher wie Angelo Pio Rossi schlummern in dem hochkomplexen Datenmaterial, das durch den Einsatz verschiedenster Technologien vielerorts gesammelt worden ist, zahlreiche Erkenntnisse. Bestehende Kartierungen basieren oft noch auf Material aus den 1970er-Jahren. „Wir verfügen heute über weitaus mehr Daten als in den 1970er-Jahren und eine andere Technik“, erläutert Rossi. Hyperspektrale Aufnahmesysteme etwa, die elektromagnetische Strahlung sehr differenziert messen, lassen genauere Rückschlüsse auf die Zusammensetzung einer Oberfläche zu als Fotografien. Die vorhandenen Daten müssen vereinheitlicht und kombiniert werden. Das allerdings ist nicht so einfach wie es klingt. Denn die Wissenschaftler müssen berücksichtigen, auf welcher Basis und mit welchen Methoden Daten erhoben wurden und wie genau diese sind.
Anders als auf der Erde ist vieles unbekannt
Dies hat nicht nur für die europäische Raumfahrt Relevanz, sondern beschäftigt auch die Geologen. Mars und Merkur etwa sind noch weitestgehend unbekanntes Terrain. Anders als auf der Erde, wo unendlich viele Gesteinsproben genommen worden sind, gibt es von dort allenfalls kleine Stichproben. Rückschlüsse sind entsprechend begrenzt. „Auf der Erde haben wir bereits viele Erkenntnisse. Aber auf diesen Planeten stehen wir noch am Anfang“, betont Rossi.
„Wie eine vergessene Stadt in der Sahara“
Auf den 42-Jährigen mit italienischen Wurzeln übt die Geologie ferner Planeten eine Faszination aus. „Es ist wie ein Schatz, den man entdecken, aber nicht anfassen kann. Dort gibt es unberührte Prozesse seit Millionen, oft Milliarden von Jahren. Alles ist alt, aber noch da. Wie eine vergessene Stadt in der Sahara“, sagt er. Als Doktorand bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) kam er erstmals mit Raumfahrtmissionen in Kontakt. An der englischsprachigen Bremer Jacobs University arbeitet er als Professor für Erd- und Planetenwissenschaften
und wird in den kommenden drei Jahren die Zusammenführung und Verarbeitung der Daten von „PlanMap“ koordinieren. Nicht nur Kartierungen, sondern auch zwei- und dreidimensionale geologische Modelle sollen entstehen und den aktuellen Erkenntnisstand zusammenführen und dokumentieren. Klar ist schon jetzt: „Wir werden in drei Jahren nicht fertig sein. Kartierung ist ein langsamer Prozess und braucht Zeit.“
Schwierige Merkur-Mission: Sieben Jahre bis zum Ziel
Ganz ähnlich verhält es sich in der Raumfahrt. Die erste europäisch-japanische Mission „BepiColombo“ zum Merkur, die im Oktober 2018 starten soll, wird beispielsweise sieben Jahre unterwegs sein, bis sie überhaupt erst die avisierte polare Umlaufbahn des wenig erforschten Merkur erreichen wird. Für diese Mission wird das Projekt „PlanMap“ Daten der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA aufbereiten, erklärt Rossi. Die Wissenschaftler werden sich dann in Geduld üben müssen. „BepiColombo“ soll unter anderem neue geologische Daten über den Merkur liefern und damit helfen, Prozesse im Sonnensystem besser zu verstehen. Aber: „Es wird Jahre dauern, bis die Daten der BepiColombo-Mission vom Merkur da sein werden“, sagt Rossi.
Pressekontakt:
Dr. Angelo Pio Rossi, Professor of Earth and Planetary Science, Jacobs University, Tel.: +49 421-200 3153, an.rossi@jacobs-university.de
Weitere Informationen zum Luft- und Raumfahrtstandort Bremen.
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