19.9.2025 - Insa Lohmann

Ein Leben für den Tanz

Lebensqualität

Ukrainisches Nachwuchstalent Dimitri Kalistov hat in Bremen neue Heimat gefunden

Mann sitzt auf Fenstersims
Dimitri Kalistov im Tanzstudio vom Grün-Gold-Club. © WFB/Björn Hake

„Tanzen ist alles für mich“, sagt Dimitri Kalistov, der seit seinem elften Lebensjahr für den Grün-Gold-Club Bremen auf dem Tanzparkett steht und im Sommer den Jugend-WM-Titel Latein holte. In der Hansestadt hat der 18-jährige Ukrainer ein neues Zuhause gefunden. Zu verdanken ist das vor allem Roberto und Uta Albanese, die Bremen zu einem Tanz-Mekka gemacht haben und Nachwuchstalente aus aller Welt an die Weser holen.

Dimitri Kalistov sitzt auf der Terrasse eines Bremer Cafés, die Sonne scheint. Für den 18-Jährigen ist das ein seltener Moment des Innehaltens, denn der Alltag des Tanztalents aus Kiew ist streng getaktet: Bis 15 Uhr Schule, danach geht es direkt zum Training beim Tanzsportverein Grün-Gold-Club Bremen, oft bis 21 Uhr. Nebenbei lernt Dimitri Kalistov für Klausuren und vertieft seine Deutschkenntnisse, Freizeit kennt er nicht. „Tanzen ist mein Leben, es ist alles für mich“, sagt er und gerät sofort ins Schwärmen, wenn er darüber spricht. Zahlreiche Titel konnte er bereits holen.

Dabei war sein Start in die Tanzwelt durchaus mit Herausforderungen verbunden. „Bei uns in der Ukraine sagte man damals, Tanzen sei nicht für Männer“, erzählt er. Als Kind versuchte er sich beim Judo, doch der Drang zum Tanzen war stärker. Unterstützung fand er in der Familie, seine Mutter hatte mit seinem älteren Bruder zusammen einen Tanzclub gegründet. „Auf einmal wollte ich nur noch tanzen. Für meine Mutter war das der schönste Tag“, erinnert sich Dimitri Kalistov. Unterrichtet wurde er von seinem zehn Jahre älteren Bruder – bis heute ein großes Vorbild für ihn.

Was als kindliche Begeisterung anfing, ist heute Dimitri Kalistovs größte Leidenschaft. Er ist da angekommen, wo er immer hinwollte: auf der großen Tanzbühne. Die Auftritte, die großen Turniere, sie bedeuten ihm alles, sie sind die Krönung des anspruchsvollen Trainings unter Roberto und Uta Albanese beim Grün-Gold-Club. „Man gibt alles für diesen einen Moment“, sagt Dimitri Kalistov. „Wenn die Musik anfängt und man tanzt, ist man in einer anderen Welt.“

Mann und Frau tanzen
Dimitri Kalistov trainiert mit seiner Tanzpartnerin Luna Albanese. © WFB/Björn Hake

„Tanzen ist mental und körperlich eine große Herausforderung“

Solch einen Moment erlebte der 18-jährige Lateintänzer erst kürzlich, als er im Juli 2025 mit seiner Tanzpartnerin Luna Albanese in China den Jugend-WM-Titel holte. Dort standen gleich zwei Paare aus Bremen im Finale, ein Novum für den Grün-Gold-Club von der Weser. Die weite Reise nach Wuxi hatte sich gelohnt, denn für das Bremer Tanzpaar war der Titel sozusagen das i-Tüpfelchen ihrer Jugend-Karriere, in der sie sich immer weiter verbessert hatten. Zuletzt konnten sie bereits den EM-Titel sowie den Sieg beim prestigeträchtigen Turnier in Blackpool nach Bremen holen.

„Tanzen ist mental und körperlich eine große Herausforderung“, sagt Dimitri Kalistov. Möglich sei all das nur mit sehr viel Disziplin. Seinen Weg geht er gemeinsam mit Tanzpartnerin Luna Albanese, der Tochter von Roberto und Uta Albanese. Die beiden bilden seit 23 Jahren die Spitze des Bremer Tanzclubs Grün-Gold. Sieben Jahre tanzten die beiden selbst erfolgreich als Paar, mittlerweile trainieren sie die Lateinformation und zahlreiche internationale Weltklasse-Paare.

Harte Bewährungsprobe in Bremen

Dem persönlichen Engagement der Albaneses und einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass Dimitri Kalistov den Weg an die Weser fand und Bremen inzwischen das neue Zuhause seiner Familie ist. Kalistov, der seit seinem achten Lebensjahr tanzt und damals noch in der Ukraine lebte, war auf der Suche nach einer Tanzpartnerin – ebenso wie Luna Albanese einen Tanzpartner suchte. Über eine Art Internet-Tanzpartnerbörse stieß der damals Elfjährige auf den renommierten Grün-Gold-Club in Bremen. Als er das erste Mal in der Hansestadt ankam, um mit Luna Albanese zu trainieren, wartete gleich eine harte Bewährungsprobe auf ihn: die Vorbereitung auf die norddeutschen Meisterschaften, für die dem Tanzpaar gerade einmal fünf Trainingstage zur Verfügung standen. „Die Choreografie war schwierig“, erzählt Dimitri Kalistov, „aber wir haben es geschafft.“

„Wir sind wie eine Familie“

Die gemeinsame Leidenschaft fürs Tanzen verbindet die beiden. „Luna ist ein emotionaler und sensibler Typ, ich eher ruhig und kontrolliert. Diese Eigenschaften ergänzen sich sehr gut“, sagt Dimitri Kalistov, der ebenso wie Luna Albanese die sportbetonte Oberschule Ronzelenstraße in Bremen besucht. Mit ihr hat das Nachwuchstalent aus Kiew die ideale Tanzpartnerin gefunden. Doch anfangs trennten die beiden hunderte Kilometer, das hieß fürs Training: regelmäßiges Pendeln zwischen der Ukraine und Deutschland. Oft war der junge Tänzer dann gleich für mehrere Monate in Bremen, lernte dabei die Stadt und die Albaneses besser kennen. „Roberto und Uta Albanese geben alles für ihre Tänzer“, sagt Dimitri Kalistov. „Wir sind wie eine Familie.“

Seit Dimitri Kalistovs Mutter im vergangenen Jahr an einer Krebserkrankung starb, braucht er diesen Halt besonders. Das Tanzen gebe ihm Kraft in schweren Zeiten, aber es fordere ihm auch viel ab, sagt der Ukrainer. „Tanzen muss man fühlen, auch an schlechten Tagen.“ Wenn er auf der Tanzfläche stehe, versuche er seinen Kopf auszuschalten.

Mann tanzt mit Mann
Roberto Albanese (rechts) hat Dimitri Kalistov nach Bremen geholt. © WFB/Björn Hake

„Ich mag Bremen total“

Rund drei Jahre pendelte Kalistov zwischen den Welten, dem Tanzen in Bremen und dem Alltag in der Ukraine. Mit dem Beginn des Angriffskriegs durch Russland gegen die Ukraine im Februar 2022 veränderte sich alles. In Bremen hat er gemeinsam mit seinem Vater und Bruder eine neue Heimat gefunden. „Ich mag Bremen total“, sagt Dimitri Kalistov. „Es fühlt sich wie Zuhause an.“ Immer an seiner Seite: Roberto und Uta Albanese, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, Sportlerinnen und Sportler unterschiedlicher Nationalitäten auf dem Tanzparkett miteinander zu verbinden.

„Tanz-Eltern“ für den Nachwuchs

Dazu gehört, dass sie Tänzerinnen und Tänzer wie Dimitri Kalistov teilweise bei sich beherbergen. Ihren Schützlingen möchten die Albaneses nicht nur Tanzunterricht geben, sie sind auch so etwas wie Tanz-Eltern für den Nachwuchs. Vermutlich ist es dieses Engagement, das immer wieder Talente aus aller Welt zu Grün-Gold nach Bremen zieht und die Hansestadt zu einem Mekka fürs Tanzen gemacht hat. „Sie tun alles dafür, dass ich mich entwickeln kann“, sagt Kalistov, dem herausfordernde Zeiten bevorstehen. Am Jahresende folgt für ihn und Tanzpartnerin Luna Albanese der Wechsel in den Erwachsenenbereich, wo sie auf erfahrene Konkurrenz treffen und sich neu behaupten müssen.

So bescheiden und fast ein bisschen schüchtern wie Dimitri Kalistov wirkt, desto größer und ambitionierter sind seine Ziele auf dem Parkett: „Ich möchte nicht nur Weltmeister sein, ich möchte eine Legende in der Tanzwelt werden.“

Pressekontakt: Lea Buerfeind und Raban Bottke, Mail: presse@ggcbremen.de

Bildmaterial: Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Dimitri Kalistov im Tanzstudio vom Grün-Gold-Club. ©WFB/Björn Hake

Foto 2: Dimitri Kalistov trainiert mit seiner Tanzpartnerin Luna Albanese. ©WFB/Björn Hake

Foto 3: Roberto Albanese (rechts) hat Dimitri Kalistov nach Bremen geholt. ©WFB/Björn Hake

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz, herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalistinnen und Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Redaktionen den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen. Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an: pressedienst@bremen.de

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