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10.6.2024 -

Briefe aus der Türkei: Ausgabe Sommer 2024

Internationales

Informationen und Wissen rund um Wirtschaft und Investitionen in der Türkei

Länderbrief Türkei
Länderbrief Türkei © istock

Die Türkei entdeckt die Schiene und baut auf Infrastruktur. Ein Weg zu mehr Resilienz und ein Weg aus der Krise? Außerdem: Wie Bremens Wirtschaftsförderung sich in der Türkei neu aufstellt.

Diese und weitere Themen gibt es in unserem Länderbrief im Sommer 2024. Direkt aus der Seehafenstadt Izmir berichtet Erol Tüfekҫi, Direktor des dortigen Bremeninvest-Büros der Wirtschaftsförderung Bremen, und gibt uns einen Überblick über Trends, Chancen und neue Entwicklungen im Land. Wenn Sie diesen Länderbrief regelmäßig als Newsletter erhalten wollen, melden Sie sich gern hier an.

Die Türkei bringt die Schiene auf die Schiene

Zug
Nur ein kleiner Teil der Zugstrecken ist in der Türkei elektrifiziert. © unsplash/Onuk

Die Türkei ist ein Land des LKW-Transports. Die durchschnittliche LKW-Fahrt ist doppelt so lang wie in der EU (282 Kilometer gegenüber 135 Kilometer), nur rund fünf Prozent aller Frachten werden per Schiene transportiert (Deutschland: 19 Prozent). Damit lässt das Land viel ökonomisches Potenzial brachliegen, denn Fracht per LKW kostet pro Kilometer in der Türkei rund 2,5-mal so viel wie auf der Schiene, produziert deutlich mehr Emissionen und erfordert mehr Personal. Mit einer Länge von 13.900 Schienenkilometern ist das Land zudem deutlich weniger gut vernetzt (Deutschland: 33.000 Kilometer bei halber Landfläche).

Es wird also höchste Eisenbahn, den Frachtverkehr auf die Schiene zu bringen. Das hat auch die türkische Regierung erkannt. Derzeit schiebt sie zahlreiche große und kleine Projekte an. So baut sie entlang der nordtürkischen Grenze eine Verbindung hin zu Georgien und in die Kaukasusrepubliken. Nach Süden hin entsteht ein neuer Wirtschaftskorridor in den Irak, der die Verbindung in die Golfstaaten und nach Asien stärken soll. Er ist Teil eines mehr als 20 Milliarden Dollar schweren, multinationalen Projekts, das bis 2038 neue Infrastrukturen zwischen den Golfstaaten und der Türkei schafft. Auch im Personenverkehr entstehen neue Hochgeschwindigkeitsstrecken an verschiedenen Orten. Insgesamt soll sich das Schienennetz bis 2053 laut Masterplan Verkehr und Logistik auf 28.590 Kilometer verdoppeln und die Güterverkehrsleitung verfünffachen.

Damit einhergehend steigt auch das Investment in die Infrastruktur um bis zu 50 Prozent gegenüber heutigen Werten. Eine Chance für Investor:innen, Eisenbahnunternehmen, aber auch weltweit aktive Logistikunternehmen in der Türkei, die dank der Entwicklung ihre Effizienz erhöhen können. Denn neben fehlenden Eisenbahnstrecken ist heute auch die dazugehörige Infrastruktur noch ein großes Problem. Vielerorts fehlen hocheffiziente Umschlagsterminals und Logistikzentren, welche die Verbindung zwischen Straße, Schiene und Schiff schaffen. Auch in die Werke der großen Fahrzeugproduzenten gibt es noch keine Gleisanbindungen.

Auch hier gibt es bereits erste Projekte. So entsteht in der türkischen Seehafenstadt Izmir derzeit das Izmir Kemalpasa Logistics Center, ein Umschlagsterminal, das in der ersten Baustufe 1,2 Millionen Quadratmeter und in der zweiten bis zu 2,7 Millionen Quadratmeter umfassen soll. Es soll den Schienenverkehr in die Region Izmir stärken. Zusammen mit mehreren projektierten Eisenbahnverbindungen, welche noch fehlende Verbindungen zwischen dem Hafen und dem Hinterland herstellen, entsteht so ein neuer Korridor vom Mittelmeer ins türkische Hinterland. Mit der projektierten Verbindung in den Irak bis hin zum irakischen Hafen Basra im Persischen Golf ermöglicht diese Strecke eine Alternative zum Transport durch den Suez-Kanal und eine Anbindung an die neue Seidenstraße.

Inflation: Ende in Sicht?

Markt
Hohe Inflation bedeuten hohe Konsumausgaben für viele Türkinnen und Türken. © unsplash/Jameson

Die anhaltend hohe Inflation war bereits Teil mehrerer Türkeibriefe. Derzeit liegt sie bei 67 Prozent (offiziell) und ist damit anhaltend hoch – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Leben der Türkinnen und Türken. Trotz der anhaltend negativen Effekte hatte die Regierung Erdoğan lange Zeit an einem Kurs festgehalten, der Wirtschaftswachstum vor Inflationsbekämpfung stellte. Von dieser Politik scheint es erstmals eine Abkehr zu geben. Mit einer Leitzinserhöhung bis auf derzeit 50 Prozent unternimmt die Zentralbank seit Juni 2023 Anstrengungen, die Inflation in den Griff zu bekommen – laut Erdoğan soll in der zweiten Jahreshälfte 2024 sogar ein deflationärer Kurs eingeschlagen werden.

Dies hat direkte Auswirkungen auf das zu erwartende Wirtschaftswachstum, das in den kommenden Jahren deutlich niedriger ausfallen soll als bisher. Auch der private Konsum dürfte zurückgehen, nachdem dieser in den vergangenen Jahren ein Treiber des Wachstums war aufgrund stetiger Anhebungen des Mindestlohns und der Tatsache, dass Türkinnen und Türken kaum in Lira sparen konnten, ohne dass sich ihre Ersparnisse direkt wieder verflüchtigten. Das Vertrauen in die Währung ist niedrig.

Trotz dieser eher trüben Aussichten, der hohen politischen Unsicherheit und der steigenden Abhängigkeit der Türkei von ausländischen Geldgebenden durch steigende Auslandsverschuldung bleibt das Klima unter deutschen wie türkischen Unternehmen gut. Laut einer AHK-Umfrage im Oktober 2023 bewerten 67 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut und sehen auch weiterhin positiv in die Zukunft. Betreffen dürfte das vor allem die exportierenden Unternehmen, die von der billigen Lira profitieren. Aber auch andere Faktoren wie eine junge Bevölkerung, Investitionen in eine sich verbessernde Infrastruktur oder der große Absatzmarkt lassen die Türkei weiterhin attraktiv erscheinen.

Bremeninvest kooperiert mit Uzuner Competence Group in Izmir

Newsletter 0524 - Uzuner
WFB-Geschäftsführer Andreas Heyer und Uzuner Group-Geschäftsführer Bülent Uzuner © WFB

Gründe, die auch das Land Bremen bestärken, sein Engagement in der Türkei weiterhin zu verfolgen. Seit 2011 ist die Wirtschaftsförderung (WFB) unter ihrer Auslandsmarke Bremeninvest in der Türkei aktiv. Jetzt ergibt sich eine Veränderung: Künftig kooperiert die WFB hierbei mit dem Bremer Unternehmen Uzuner Consulting als Teil der Uzuner Competence Group, um Unternehmen aus der Türkei für einen Standort in Bremen zu gewinnen und die bisherigen Zielgruppen zu erweitern.

Die Uzuner Competence Group bietet mit über 300 Mitarbeitenden IT-Consulting-Dienstleistungen im Bereich Prozessoptimierung und Projektmanagement, Digitalisierung und Softwareentwicklung an. Der Hauptsitz befindet sich in Bremen, weitere Niederlassungen liegen in Hamburg, Istanbul und Izmir. Das Izmirer Büro von Uzuner befindet sich im „Teknopark İzmir“, einem Gewerbegebiet mit zahlreichen Unternehmen aus dem Technologie- und Dienstleistungsbereich.

„Bremen wird als Wirtschaftsstandort häufig unterschätzt. Für Firmen aus der Türkei, insbesondere aus dem Großraum Izmir, ist Bremen mit seiner sehr guten Infrastruktur, den Universitäten und Hochschulen als kleines Bundesland mit kurzen Wegen ideal als Standort in Deutschland. Gerade für IT-Unternehmen bietet der Technologiepark enormes Synergiepotenzial und kann ein Sprungbrett für diese Unternehmen mit ihren hochqualifizierten Mitarbeitenden nach Europa sein. Wir sind sicher, dass wir über die Zusammenarbeit mit der WFB in den nächsten Jahren interessante Ansiedlungen in Bremen erreichen können“, so Bülent Uzuner, CEO der Uzuner Competence Group. 

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