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26.9.2023 -

Briefe aus Vietnam – Herbst 2023

Internationales

Informationen und Wissen rund um Wirtschaft und Investitionen in Vietnam

Stadt

Ein Börsenstar aus Vietnam wird kurzfristig zum drittwertvollsten Autohersteller der Welt und Wasserstoff wird auch in Vietnam zu einem Zukunftsfaktor. Diese und weitere Themen in unserem Vietnam-Brief direkt aus Ho-Chi-Minh-City.

Vor Ort sitzt Huong Thi Hoang, Direktorin unseres Bremeninvest-Büros, und gibt uns alle vier Monate einen Überblick über Trends, Chancen und neue Entwicklungen.

Unsere Themen im Herbst 2023:

Fast nach oben, fast nach unten – Vinfast sorgt für Schlagzeilen

Vinfast

Innerhalb von einer Woche nach Börsendebüt zum drittwertvollsten Autobauer der Welt – und ein Absturz um 80 Prozent in den Folgewochen. „Fast“ scheint das Motto bei allem zu sein, mit dem sich der junge vietnamesische Autobauer VinFast beschäftigt.

Das Unternehmen ging im August 2023 erstmals an der US-amerikanischen NASDAQ an die Börse, um Kapital für die schnelle Expansion einzusammeln. Viele Spekulant:innen sahen darin eine Chance. Das Unternehmen hatte nur ein Prozent der eigenen Anteile an die Börse gebracht, dementsprechend volatil zeigte sich der Kurs und konnte innerhalb weniger Tage auf 231 Milliarden Dollar an Marktwert anschwellen – aber auch ebenso schnell wieder fallen.

Aber auch abseits der Börsenkapriolen geht das Unternehmen auf aggressiven Expansionskurs. Nach der Grundsteinlegung der neuen Produktionsstätte im US-Bundesstaat North Carolina im Juli 2023, die 2025 in Betrieb gehen soll, kündigte das Unternehmen im September ein neues indonesisches Werk bis 2026 an. Investitionsvolumen: bis zu 1,2 Milliarden Dollar.

Dabei ist Vinfast bisher ein eher kleiner Fisch im E-Auto-Ozean. Rund 22.000 Fahrzeuge hat das erst sechs Jahre alte Unternehmen 2022 ausgeliefert. Die bisherigen Expansionspläne beinhalten derzeit Kapazitäten von bis zu 450.000 Fahrzeugen – ein ambitionierter Wachstumskurs ganz nach Tesla-Manier.

Dabei bemerken Kritiken derzeit noch so einige Kinderkrankheiten rund um Technik und Bauqualität. Kürzlich mussten zudem 1.000 us-amerikanische Fahrzeuge zurückgerufen werden. Bei einer Preisgestaltung, die der von westlichen Pendants in nichts nachsteht, bleibt also die Frage, ob das Unternehmen genug Power in die eigene Markenbildung stecken kann, um signifikante Absatzzahlen auch wirklich zu erreichen.

Denn selbst in Vietnam ist der eigene Marktanteil noch klein. Chinesische Elektrofahrzeuge von Marken wie Geely oder Produkte anderer vietnamesischer (Lizenz-)Hersteller wie TMT kosten rund ein Drittel und sind technisch ausgereifter – wenn auch in anderen Fahrzeugklassen, denn die Vinfast-Autos sind als hochpreisigere SUVs ausgelegt. Mit der VinGroup als Mutterunternehmen – Vietnams größtem Industriekonglomerat – sind die Taschen für den aufstrebenden Autobauer tief, und Zeit und Geld, um die Kinderkrankheiten zu eliminieren, ist genügend vorhanden.

Vietnams Automarkt als Chance?

Diese Expansionspläne wie auch das generell hohe Wirtschaftswachstum in Vietnam präsentieren den vietnamesischen Automarkt damit auch als Investitionschance für westliche Zulieferer. Mit einem erwarteten langfristigen Wachstum von 8,5 Prozent (CAGR) übertrifft das Wachstum viele andere Märkte. Dem steht jedoch ein niedriger Ausgangswert gegenüber, der Automarkt ist generell noch sehr klein und aufgrund hoher Steuern und Abgaben ist für viele Vietnamesinnen und Vietnamesen der Erwerb eines Autos nur schwer darstellbar. Vor allem asiatische Hersteller wie KIA, Honda, Hyundai und Toyota dominieren bisher den Markt. Einzig Mercedes betreibt aus Deutschland in Vietnam eine eigene Betriebsstätte und dominiert den örtlichen Luxusmarkt. Große Zulieferer wie Bosch sind schon lange vor Ort präsent und betreiben Entwicklungszentren.

Wasserstoff – Vietnam stellt Weichen für die Zukunft

Küste

Mit dem Ziel, bis 2050 vollständig klimaneutral Energie zu erzeugen (Net-Zero-Goal) hat sich das fernöstliche Land ambitionierte Vorgaben gesetzt. Denn der Energiehunger der stark wachsenden Ökonomie wächst steil an. Allein genügend Energie für die Bevölkerung bereitzustellen, gestaltet sich schon oft genug als Herausforderung (wir berichteten).

Um den klimaneutralen Energiebedarf zu decken, spielt Wasserstoff künftig eine zentrale Rolle, sowohl als Energieträger als auch als Rohstoff für verschiedene Industrien. Die ersten Schritte hin zu einer Wasserstoff-Ökonomie geht das Land gerade: Die TGS Green Hydrogen Company baut derzeit einen Elektrolyseur für grünen Wasserstoff im Süden des Landes in Tra Vinh, der rund 24.000 Tonnen H2 im Jahr produzieren wird, die zur Ammoniak-Produktion vornehmlich für den Export genutzt werden. Das Projekt wird unter anderem von ThyssenKrupp als Industriepartner umgesetzt. Weitere Projekte sind in Planung, wie etwa der Thang Long-Offshorewindpark, an dem ein Elektrolyseur angeschlossen werden soll.

Allein der erste Elektrolyseur wird in seiner Leistung die bisherigen Produktionsanlagen von herkömmlichem (grauen) Wasserstoff übertreffen, die derzeit im Raffinerie- und Düngemittelsektor das Gas produzieren und verarbeiten.

Bis 2050 könnte das Land rund 20 Megatonnen grünen Wasserstoff herstellen. Ausländische Investor:innen sehen gute Chancen, dabei mitzumischen, denn Know-how wie Investitionskraft ist gefragt. Gleichzeitig offenbart diese junge Wasserstoff-Branche aber auch große Hürden: Denn Nachfrage und Angebot müssen sich gleichzeitig entwickeln, damit der grüne Wasserstoff am Markt angenommen wird. Die hohen nötigen Erst-Investitionen einer Wasserstoffökonomie sind für eine sich entwickelnde Wirtschaft wie Vietnam eine Herausforderung und ohne ausländische Investitionen nicht zu schaffen. Zwar hat das Land aufgrund seiner langen, windreichen Küste ein großes Potenzial, große Mengen an grüner Energie durch Wind (technisches Potenzial: 160 GW) sowie durch Solarenergie (Vietnam gehört zu den sonnenreichsten Gebieten der Welt) zu erzeugen, ohne die ausländische Unterstützung dürfte der Marktanlauf jedoch schwierig werden. Könnte dieses Potenzial gehoben werden, kann Vietnam sogar als Exportland dienen, da es laut Studien marktfähige Preise erzeugen können wird.

Eine weitere Hürde sind zudem die noch mangelnden rechtlichen Rahmenbedingungen und Infrastruktur, die ebenfalls noch entwickelt werden müssen – so die Autoren derselben Studie*.

*Quelle: Hoang AT et al., Green hydrogen economy: Prospects and policies in Vietnam, International Journal of Hydrogen Energy

Bremeninvest auf dem HCMC Economic Forum 2023

Hochhäuser

“Green Growth - Towards Net Zero” – das ist eines der Hauptziele der Region Ho Chi Minh City und Thema des diesjährigen Economic Forum, das im September 2023 stattfand. Mit der mehrtägigen Konferenz möchte die Stadt die Weichen für die nachhaltige Entwicklung der Region stellen. Rund 1500 Besucherinnen und Besucher nahmen teil. Das Forum mit seinen wechselnden Themen gibt zentrale Impulse für die Weiterentwicklung der Region.

Mit seinem Büro in HCMC war auch Bremeninvest eingeladen, an dem Forum teilzunehmen und neue Kontakte zu knüpfen, wie auch Bremen als Standort vorzustellen, um die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu fördern.

IT – Vietnams Potenzial erschließen

WFB-Team bei FPT
© WFB

Im September engagierte sich das Bremeninvest-Team nicht nur im Bereich der Nachhaltigkeit Vietnams, sondern auch der Digitalisierung. Bei einem Besuch bei einem der größten vietnamesischen IT-Dienstleister, FPT Software, informierten sich Huong Thi Hoang und Kolja Umland über Kooperationspotenziale. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 21.000 Fachkräfte überall auf der Welt, unter anderem auch an einem Standort in Essen. Zum Unternehmen gehört eine eigene Universität, die IT-Fachkräfte in großer Zahl ausbildet.

Letztere werden auch an der HCMC University of Foreign Languages - Information Technology (HUFLIT) ausgebildet, erste private Universität in HCMC und eine weitere Station des Bremeninvest-Teams. Bei beiden Besuchen wurde klar: Das Fachkräftepotenzial in Vietnam ist groß – und bietet eine Chance, dem IT-Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen. Dieser Faden soll in Zukunft aufgenommen werden und gemeinsam mit interessierten Bremer Institutionen weiterverfolgt werden – etwa über Austausch- oder Anwerbungsprogramme.

Falls Sie Interesse an einer Zusammenarbeit mit Institutionen aus Vietnam haben, melden Sie sich gern bei Kolja Umland, T +49 (0) 421 9600-339, umland@bremen-invest.com

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