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24.4.2019 - Jann Raveling

Tim Ole Jöhnk – unser Mann im Silicon Valley

Internationales

Das Northern German Innovation Office verbindet Norddeutschland mit dem Silicon Valley

Kennt das Silicon Valley wie seine Westentasche: Tim Ole Jöhnk
Kennt das Silicon Valley wie seine Westentasche: Tim Ole Jöhnk © WFB/Rathke

Golden Gate Bridge und Bremer Roland, Stanford University und Universität Hamburg, Palo Alto und Kieler Börde – Tim Ole Jöhnk fühlt sich in Norddeutschland wie in San Francisco wohl. Der 30-jährige ist Direktor des Northern German Innovation Office (NGIO) im Silicon Valley, dem Hightech-Tal in unmittelbarer Nähe zur amerikanischen Hafenstadt.

Seine Aufgabe ist es, Trends und neue Technologien zu erkennen sowie Kontakte zwischen Unternehmen beider Länder zu knüpfen. Das NGIO ist als eine gemeinsame Initiative der Bundesländer Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg einzigartig - und dient dem Technologietransfer. Wie Bremer Unternehmen vom NGIO profitieren, erklärt uns Jöhnk im Interview.

Herr Jöhnk, Sie kennen sich im Silicon Valley aus – was würden Sie sagen ist der größte Unterschied zu deutschen Innovations-Standorten in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein?

Jöhnk: Die Art und Weise wie mit externer Innovation umgegangen wird. Deutsche Unternehmen sind hervorragend in interner Innovation, in Forschung und Entwicklung (F+E). Was Unternehmen oftmals schwer fällt, ist die Zusammenarbeit mit externen Partnern, besonders Start-ups. Denn das birgt immer ein unvorhersehbares Risiko. In Deutschland neigen wir dazu, alles genau durchzuplanen. Uns prägt die Großindustrie, Hierarchien sind hier stark entwickelt. Dadurch sind wir aber zu bürokratisch und zu langsam für dynamische Start-ups. Im Silicon Valley ist alles fließender, chaotischer, experimenteller.

Der zweite Unterschied ist, dass das Silicon Valley durch die Universitäten Stanford und Berkeley groß geworden ist. Dort wurde schon immer außerhalb der eigenen vier Wände gedacht, es entwickelte sich eine lebendige Atmosphäre zwischen Wissenschaft und Tüftlern, die sehr viel durchlässiger ist als ein einem starren Konzern. Das führt zu einer anderen Mentalität, des Experimentierens und Kooperierens.

Muss sich die deutsche Industrie und das Gewerbe nach dem Vorbild des Silicon Valley anpassen, um dynamischer zu werden?

Jöhnk: Das Silicon Valley ist auch für die USA ungewöhnlich. Ich denke, man muss die richtige Mentalität entwickeln, offener sein und schauen, wie und wo man mit anderen zusammenarbeiten kann. Was deutsche Unternehmen lernen können, ist vor allem Geschwindigkeit. Prozesse vom Erkennen einer neuen Technologie bis hin zu den ersten Schritten dauern in Deutschland viel zu lang. Es ist wichtig, schnell Teams an das Thema zu setzen. Zu experimentieren, wie neue Technologien funktionieren, auch wenn es noch keinen gesicherten Return-on-Invest gibt. Nur so können wir die Chancen externer Innovationen nutzen. Gleichzeitig haben deutsche Unternehmen viel Know-How anzubieten. Um diese Kompetenzen aber überhaupt erstmal zu kommunizieren, muss man sichtbarer werden und Strukturen schaffen, die es Start-ups ermöglichen an den Betrieb anzudocken.

Das Team: Kristin Asmussen und Tim Ole Jöhnk vom NGIO und Andreas Gerber, WFB
Das Team: Kristin Asmussen und Tim Ole Jöhnk vom NGIO und Andreas Gerber, WFB © WFB/Rathke

Wie können hiesige Unternehmen von Ihrem Engagement im Silicon Valley profitieren?

Jöhnk: Im NGIO stehen wir in Kontakt mit Universitäten, mit den großen Unternehmen, der Start-up-Szene, Risikokapitalgebern, Behörden und Politik. Es geht darum, Ansprechpersonen zu finden, die für uns hier im Norden von Interesse sind.

Und das ist gar nicht so einfach, denn heute will mittlerweile jeder mit zentralen Akteuren sprechen, die haben natürlich gar nicht so viel Zeit. Wir haben schon eine Beziehung aufgebaut und können so leichter anknüpfen, das ist unser Vorteil. Außerdem kennen wir die interessanten Unternehmen auch abseits der Big Player wie Google oder Apple. Viele kleine Start-ups haben heute genau das, was hiesige Firmen benötigen.

Zum Zweiten schauen wir für Unternehmen konkret, was gerade in der Branche und anliegenden Bereichen passiert. Denn Disruption kommt meistens von außen, aus einem anderen Geschäftsfeld. Diesen Blick in die Weite zu haben ist wichtig.

Wie sieht die Arbeit zwischen Ihnen und interessierten deutschen Unternehmen konkret aus?

Jöhnk: Der Kontakt zu uns entsteht über meine Kollegin Kristin Asmussen, quasi mein deutscher Gegenpart der Wirtschaftsförderung Schleswig-Holstein und über Andreas Gerber von der Wirtschaftsförderung Bremen. Sie führen erste Vorgespräche, danach komme ich ins Spiel. Ich arbeite dann mit den Unternehmen zusammen daran, die richtigen Informationen und Partner zu gewinnen.

Brauche ich eine ganz konkrete Idee, um mich bei Ihnen zu melden, oder reicht es, wenn ich meine Fühler nur mal ausstrecken will?

Je konkreter die eigenen Vorstellungen sind, desto leichter fällt es uns, Kontakte und spannende Entwicklungen zu finden. Aber natürlich ist es nicht immer so leicht und manchmal muss man einfach ins Blaue schießen. Wenn Neugier da ist, reicht das, um mit uns zu arbeiten!

Das Silicon Valley liegt südlich der Metropole San Francisco und erstreckt sich entlang der San Francisco-Bucht
Das Silicon Valley liegt südlich der Metropole San Francisco und erstreckt sich entlang der San Francisco-Bucht

Gibt es denn umgekehrt auch Interesse seitens der Unternehmen aus dem Silicon Valley, mit dem Norden zu kooperieren?

Jöhnk: Ja, damit das Projekt NGIO funktioniert, muss es in beide Richtungen gehen. In der ersten Phase fokussieren wir uns eher auf den Bereich von „Deutschland in die USA“. Start-ups aus dem Valley zu helfen, in Europa Fuß zu fassen und sich im Norden anzusiedeln, ist dann der kommende Schritt. Etwa über ein Pilotprojekt mit deutschen Partnern.

Für welche Branchen ist das NGIO besonders interessant?

Jöhnk: Das machen wir abhängig von den Unternehmen, die sich melden. Im Norden ist der Bereich Maritimes natürlich sehr stark, aber auch in der Luft- und Raumfahrt, Landwirtschaft und Querschnittsbereichen wie der künstlichen Intelligenz sind wir aktiv.

Mal eine persönliche Frage – was machen Sie am liebsten im Silicon Valley?

Jöhnk: Ich gehe auf so viele Veranstaltungen wie möglich, jeden Tag gibt es Spannendes zu entdecken! Wenn man die Augen offen hält, trifft man an jeder Straßenecke, in jeder Bar jemanden – und wer weiß, vielleicht ist gerade das der nächste Elon Musk? Außerdem liebe ich als Norddeutscher die Nähe zum Wasser.

Welcher Eindruck aus dem Silicon Valley hat sich bei Ihnen ins Gedächtnis gebrannt?

Jöhnk: Ich war zusammen mit einem Freund in einer unscheinbaren Studierendenkneipe in der Kleinstadt Menlo Park. Es wurde immer voller und irgendwann saß Max Levchin neben uns, der Mitgründer von Paypal, und unterhielt sich mit mir über Fußball in Deutschland – das war schon ein prägendes Erlebnis für das Silicon Valley!

Herr Jöhnk, vielen Dank für das Gespräch!

Über Tim Ole Jöhnk

Der gebürtige Kieler zog 2014 für sein „Master Business Administration“-Studium in die USA, zunächst nach Oregon. Dort arbeitete er nebenbei bei Intel im Supply Chain Management. Nach einer Station in einem Start-up in Portland leitete er bei der Innovations- und Investorenplattform Plug and Play das Deutschlandgeschäft. Im Juli 2018 übernahm er dann das NGIO-Büro und bringt seitdem seine Erfahrung im Bereich des Innovationsmanagements ein. Viermal im Jahr kommt er nach Deutschland zurück, um deutsche Partner im NGIO kennenzulernen.


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