"Es gibt ein großes Interesse für Ansiedlungen hier bei uns"
InternationalesMalte Blank über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bremen und seiner türkischen Partnerstadt Izmir
Im Mai dieses Jahres hat Malte Blank bei der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH die Projektleitung für internationale Ansiedlungen aus der Türkei übernommen.
Nach einem Besuch vor Ort berichtet er über seine aktuellen Eindrücke und zeigt Perspektiven auf für die weitere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bremen und seiner türkischen Partnerstadt Izmir.
Herr Blank, die Türkei ist eines der Schwerpunktländer von Bremeninvest, der Auslandsmarke der WFB. Sie waren nach kürzlich in Izmir, der landesweit drittgrößten Stadt und Sitz des Bremeninvest-Büros für die Türkei. Welche ersten Eindrücke haben Sie mitgenommen?
Malte Blank: Izmir ist eine sehr junge, weltoffene und wirtschaftlich hochdynamische Stadt. Sie hat viele Ähnlichkeiten mit Bremen, etwa im Bereich Logistik, Windenergie, aber auch im wachsenden IT-Bereich. Darum sind wir ja auch vor Ort mit unserem Bremeninvest-Büro aktiv. Für Unternehmen aus Izmir ist Bremen ein attraktives Tor zu deutschen und europäischen Absatzmärkten mit sehr guten Standort-Infrastrukturen. Außerdem gibt es bereits eine starke türkische Community hier in Bremen, die dafür sorgt, dass neue Unternehmen vor Ort ideale Rahmenbedingungen vorfinden. Und nicht zuletzt finden sich viele potenzielle Kooperationspartner in der Hansestadt, zum Beispiel in der Wissenschaft, wenn es um innovative Produktentwicklungen geht.
Die aktuelle wirtschaftliche Situation in der Türkei mit ihrer vergleichsweise hohen Inflationsrate wird von manchen Beobachtenden derzeit kritisch gesehen. Ein Hindernis für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit mit Partnern in Bremen?
Malte Blank: Eher das Gegenteil trifft wohl zu: Von Anfang bis Juni dieses Jahres sind in der Türkei mehr als 100.000 Visumsanträge für Besuche im Ausland gestellt worden, ein Ansturm, den es in den vergangenen Jahren nicht gegeben hat. Besonders unter den Jüngeren interessieren sich viele für den Standort Deutschland. Wir bekommen gerade sehr viele Anfragen von Unternehmen, die sich gezielt für eine Ansiedlung hier bei uns interessieren. Auch umgekehrt gilt: Die Türkei ist nach wie vor für deutsche Firmen ein wichtiger Produktionsstandort und Beschaffungsmarkt.
Welche Faktoren machen die Türkei nach wie vor attraktiv für wirtschaftliche Kooperationen?
Malte Blank: Die Türkei ist ein sehr junges Land, der Altersdurchschnitt der Bevölkerung liegt bei etwa 32 Jahren. Und die Bevölkerung wächst weiter. Das ist ein großer Vorteil, denn es gibt Wachstumspotenzial und eine geographische Nähe zur Europäischen Union. Zu Recht hat Erol Tüfekҫi, der Direktor unseres Bremeninvest-Büros der Wirtschaftsförderung Bremen in Izmir, in seinem jüngsten Lagebericht darauf hingewiesen, dass die relativ niedrigen Arbeits- und Produktionskosten sowie die schwache Lira in der Türkei sich positiv auf Exporte aus der Türkei und auf Investitionen vor Ort auswirken. Die starke industrielle Basis macht die Türkei des Weiteren zu einem guten Markt für das Nearshoring – die Verlagerung von Produktionskapazitäten aus Asien in Richtung Europa, um den anhaltenden politischen und strukturellen Problemen entgegenzuwirken. In der jungen und wachsenden Bevölkerung gibt es eine hohe Nachfrage nach Konsumgütern, zugleich kann sie viele Fachkräfte stellen.
Welche wirtschaftlichen Faktoren sind vor Ort in Izmir von besonderem Interesse für potenzielle Partner aus Bremen?
Malte Blank: Izmir hat besondere wirtschaftliche Stärken. Der Standort ist eine regionale Drehscheibe. In Izmir gibt es ein sehr hohes Interesse an erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Beim Thema Wasserstoff sehen wir dort gerade die ersten Anfänge, während man in der Windenergie schon sehr weit vorangeschritten ist. Zudem wird ein massiver Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur vorangetrieben, und es gibt eine sehr starke lokale Fertigung in Izmir für verschiedene Produkte, ein deutlicher Schwerpunkt liegt bei Textilien.
Die Anfragen, die Bremeninvest bekommt, stammen unter anderem von hochqualifizierten Industriefertigern, die auch Kundinnen und Kunden in Bremen und umzu bedienen, besonders im Bereich Automotive, und bei denen das Thema Digitalisierung eine wesentliche Rolle spielt.
Was steht in naher Zukunft zwischen Bremen und Izmir auf der Agenda?
Malte Blank: Wir möchten unsere Aktivitäten in Izmir weiter ausbauen. Im Oktober wird es einen Informationstag für Unternehmen in Izmir geben. Im ersten Halbjahr 2024 findet die “Wenergy”-Expo für saubere Energietechnologien in Izmir statt, an dieser wichtigen Messe wollen wir teilnehmen. Und wir verfolgen weiter die vielversprechenden Möglichkeiten aus der seit 2022 bestehenden Kooperation zwischen dem Technologiepark „Teknopark Izmir“ und der Constructor University in Bremen.
Herr Blank, danke für das Gespräch!
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