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9.11.2020 - Jann Raveling

Export nach Libyen: Die Feinheiten machen den Unterschied

Internationales

Export nach Libyen: Die Samawat GmbH

Tamim Fannoush mit Karin Noetzel, Bremeninvest
Tamim Fannoush mit Karin Noetzel, Bremeninvest © Frank Pusch

Die Samawat GmbH ist spezialisiert auf den Export und Fracht nach Libyen. Das Bremer Unternehmen kennt sich mit der Logistik und der Infrastruktur vor Ort bestens aus. Wichtige Faktoren, um erfolgreich Handel zu betreiben mit dem nordafrikanischen Land.

Tamim Fannoush ist eine wahre Frohnatur – der Libyer trägt stets ein Lächeln auf den Lippen und begrüßt sein Gegenüber mit überwältigender Freundlichkeit. Liegt es vielleicht daran, dass er in seiner Lieblingsstadt lebt? „Bremen ist der beste Ort zum Leben, ich liebe die Stadt. Es ist so ruhig, das Weserufer schön – ich fühle mich hier willkommen“, freut sich Fannoush. Seit knapp einem Jahr wohnt er in der Hansestadt, hat neben Geschäftskontakten auch viele Freunde hier gefunden.

Von hier aus führt er die Samawat GmbH, die mit Gründungsdatum Februar 2019 heute bereits zwei Angestellte beschäftigt. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Logistik im Libyengeschäft. Neben dem Bremer Unternehmen führt Gründer Fannoush außerdem in der libyschen Hauptstadt Tripolis die Samawat Maritime LLC – das Unternehmen konzentriert sich auf den Import von Container- und Projektladung und beschäftigt dort zwölf Angestellte.

Libysche Wirtschaft: Zwischen Wachstum und Unruhen

Obwohl Libyen fünfmal so groß wie Deutschland ist, leben dort nur 6,5 Millionen Menschen. Als Land mit den größten Erdölreserven Afrikas ist die Energiebranche der wichtigste Wirtschaftssektor. Die inneren Unruhen durch den lange anhaltenden Bürgerkrieg wirkten sich stark auf das Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren aus. Während das Land 2018 noch um mehr als 15 Prozent wuchs, waren es 2019 nur noch knapp über zwei Prozent. Künftig rechnen Prognosen aber mit einem erneut starken Wachstum, an dem die kürzlich verhandelte Waffenruhe zwischen den Konfliktparteien ihren Anteil haben könnte.

Fannoush hofft, dass dann auch der Handel wieder zunimmt. „Die Lage beruhigt sich. Viele unterbrochene Projekte werden wieder aufgenommen. Die Ölindustrie hat großen Bedarf an Importgütern wie Ventilen, Transformatoren oder Werkzeugen. Aber auch im Bereich der Stromversorgung, Telekommunikation und – überraschenderweise – der Tiernahrung sind wir aktiv“, so Fannoush.

Die Lage vor Ort kennen, um im Libyenexport erfolgreich zu sein

Samawat versteht sich als Spezialist für Logistik in dem nordafrikanischen Land. „Viele europäische Unternehmen machen den Fehler, sich nicht mit den Gegebenheiten vor Ort auseinanderzusetzen. Das kann zu erheblichen Verzögerungen und Mehrkosten im Projektablauf führen“, erklärt er.
Ein Beispiel: Wer Fracht nach Libyen versendet, verschicke diese meist zu einem der beiden großen Häfen im Land, Tripolis oder Bengazi. Für den Weitertransport von dort aus kann der Zielhafen einen erheblichen Unterschied machen. „Manchmal sind Straßen aus Sicherheitsgründen nicht passierbar. Dann kann eine Fracht für Tage oder Wochen im Hafen feststecken. Wir kennen die jeweils aktuelle Lage vor Ort“, führt er aus. Ein anderes Beispiel: Für die Lagerung und Verladung von Waren mit Zielort Bengazi gelten andere Bedingungen als für Tripolis, weil die örtliche Infrastruktur sich unterscheidet.

Lebt gern in Bremen: Tamim Fannoush
Lebt gern in Bremen: Tamim Fannoush © Frank Pusch

Ortskenntnis mit Logistikexpertise in Libyen verbunden

Fehler, die sich mit ausreichender Ortskenntnis vermeiden lassen. Fannoush bietet deshalb sein Wissen beim Export nach Libyen an – sei es als reiner Informationsaustausch oder bei der Unterstützung konkreter Geschäftsaktivitäten. „Und wenn es vor Ort Probleme gibt können wir einspringen und dort neue Routen oder Wege finden, wo es unmöglich scheint.“ Auf der Social Media-Plattform LinkedIn schreibt Fannoush regelmäßig Expertenbeiträge über die Lage im Land.

Auch die Corona-Pandemie führte zu weiteren logistischen Hürden. So waren Flughäfen lange gesperrt, was Luftfracht nach Libyen unmöglich machte. „Die Herausforderung, täglich neue Probleme zu lösen, motiviert uns immer wieder.“

Digitalisierung in der Logistik schreitet voran

Fannoush arbeitet stetig an der Verbesserung seiner Services und entwickelt zusammen mit dem Bremer Softwarehaus Besitec derzeit an einer Plattform, die es ermöglicht, Tracking- und Preisinformationen für Fracht komfortabel online darzustellen.

Auch im täglichen Geschäft kooperiert der Libyer mit Bremer Unternehmen, etwa mit dem global tätigen Pojektlogistiker F.H. Bertling Logistics, zu dem eine lange Partnerschaft besteht. „Ich glaube, dass in Bremen noch viele weitere Kunden auf uns warten“, gibt er sich zuversichtlich. Gerade die Aussicht auf ein starkes Wachstum in den kommenden Jahren würde das Land attraktiver als Handelspartner machen, was auch dem krisengebeutelten Volk zu Gute käme.

Hilfe durch Bremeninvest bei Ansiedlung

Bei seiner Unternehmensgründung im Februar 2019 setzte Fannoush ganz auf die Unterstützung durch Bremeninvest, der Auslandsmarke der Wirtschaftsförderung Bremen. Das Team arbeitete einen detaillierten Plan aus, der es dem Libyer ermöglichte, innerhalb von einer Woche alle nötigen Schritte bis zur Gründung vorzunehmen – von Handelskammereintrag, Steuerberatungsbesuchen, Bank und Notar bis hin zur eigenen Adresse im World Trade Center Bremen. Auch seitdem steht er in engem Kontakt und schätzt die große Hilfsbereitschaft des Teams bei allen Fragen und Anliegen.

Auch das ist ein Grund dafür, dass er seinen ständigen Wohnsitz rund ein halbes Jahr nach Unternehmensgründung nach Bremen verlegte. Mit seinen Angestellten in Libyen kommuniziert Fannoush dabei täglich per Videokonferenz – und kann so Unternehmen über Kontinente hinweg führen. Trotzdem mag er nicht auf den direkten Kontakt verzichten: „Wir brauchen persönliche Kontakte, um weiterzukommen“, bestätigt er, „und die lassen sich nur vor Ort pflegen.“


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