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11.7.2024 - Jann Raveling

„Wir verbrennen, woran sich sonst niemand traut“

Wasserstoff

Bremer Spezialist für Feuerungsanlagen setzt auf Wasserstoff

Dr. Christian Ausfelder
Dr. Christian Ausfelder, Geschäftsführer von SAACKE © SAACKE/Pfau

Ob auf Tankern in internationalen Gewässern oder im Dauereinsatz im PKW-Werk: SAACKE aus Bremen ist ein Hidden Champion, dessen Feuerungsanlagen weltweit geschätzt werden. Als Technologieführer setzt das Unternehmen bereits seit über 40 Jahren auf Wasserstoff und nimmt damit eine weltweite Führungsposition ein.

Das BMW-Werk in Leipzig. Täglich rollen hier rund 1.000 Fahrzeuge vom Band, die jeweils mit rund vier Kilogramm Lack beschichtet werden. Hochbetrieb in der Fahrzeuglackiererei, in der keine Zeit bleibt, „der Farbe beim Trocknen zuzusehen“. Stattdessen erwärmen leistungsstarke Brenner Luft, um die einzelnen Schichten schneller trocknen zu lassen. Heißluft, die lange Zeit nur mit klimaschädlichem Erdgas erzeugt werden konnte. Seit zwei Jahren können die Brenner am Leipziger Produktionsstandort von BMW auch Wasserstoff verbrennen - dank Know-how aus Bremen.

Dieses kommt von der SAACKE GmbH. Das Bremer Unternehmen gilt als ein Marktführer im Bereich der industriellen Feuerungsanlagen. „Wir verbrennen, woran sich sonst niemand traut“, sagt Geschäftsführer Dr. Christian Ausfelder. In vielen Nischenanwendungen ist SAACKE erste Wahl – wie zum Beispiel bei Wasserstoffbrennern. „Standard-Gasbrenner können 20 bis 50 Prozent Wasserstoff beimischen, unsere schaffen bis zu 100 Prozent“, so Ausfelder.

Brenner-Anlage
SAACKE Brenner im BMW-Werk © BMW/Leip

Spezialist für Brennstoffe jeder Art

Denn Gas ist nicht gleich Gas – Wasserstoff verbrennt heißer als Erdgas und braucht deshalb ein anderes Brennerdesign, auch um schädliche Stickoxide (NOX) bei der Verbrennung zu vermeiden. Mit Herausforderungen wie diesen kennen sich die rund 1.000 SAACKE Mitarbeitenden gut aus. Neben Wasserstoff konstruieren sie auch Feuerungsanlagen für mehr als 50 Sonderbrennstoffe wie Klärgase, Gichtgase, Molasse, Öle oder sogar Holzstaub. Rund 300 der industriellen Großgeräte verlassen jedes Jahr einen der drei weltweiten Produktionsstandorte in Richtung der Kundinnen und Kunden aus Industrie und maritimer Wirtschaft.

Erster Wasserstofftanker verbindet Know-how aus Fernost und Norddeutschland

Letztere ist das zweite große Betätigungsfeld des Bremer Unternehmens. Im Bereich Marine Systems beliefert das Familienunternehmen Werften mit Brennern und Kesseln, die auf Schiffen eingesetzt werden. Etwa für Warmwasser, das auf Tankern oder schwimmenden Raffinerien (FPSO) benötigt wird. Oder sogenannte Gas Combustion Units (GCU) – diese können Gase sicher verbrennen, die beim langen Seetransport von Brennstoffen wie flüssigem Erdgas auf Tankern entstehen. Denn trotz der guten Isolierung der tiefgekühlten Gastanks erwärmt sich ein kleiner Teil des Gases während der Reise und geht dabei vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatszustand über.

Und auch hier kommt das SAACKE Know-how beim Energieträger Wasserstoff wieder zum Einsatz: „Auch bei dem Transport von flüssigem Wasserstoff ist es nötig, diese überschüssigen Gase sicher zu verfeuern, damit es in den Tanks nicht zu einem gefährlichen Druckanstieg durch verdampfenden flüssigen Wasserstoff kommt. Genau dazu haben wir Systeme designt“, fährt Ausfelder fort.

Eine solche GCU-Einheit ist im Einsatz: auf der „Suiso Frontier“, dem weltweit ersten Wasserstofftanker. Das japanische Schiff trat Anfang 2022 zu seiner Jungfernfahrt an und ist seitdem mit SAACKE-Technik im Einsatz.

Infografik und Bild einer Maschine
Gas Combustion Unit von SAACKE - Schema und das fertige Produkt © SAACKE

Altbewährtes fit für die Zukunft machen

Sowohl das BMW- als auch das Tankerprojekt waren für SAACKE kein völliges Neuland. Bereits seit 1966 können SAACKE-Brenner mit dem flüchtigen Gas umgehen. Natürlich erfordern Projekte wie diese viel Detailarbeit und die Brenner unterliegen kontinuierlicher Forschung und Entwicklung, aber grundsätzlich sieht Ausfelder das Unternehmen gut aufgestellt für die Energiewende: „Alternative Brennstoffe sind unser Sweetspot. Die Industrie und Gesellschaft sind noch ganz am Anfang, was die Nutzung von Wasserstoff angeht, wir könnten weitaus mehr Systeme verbauen, als es die Infrastruktur hergibt. SAACKE ist gut aufgestellt für eine nachhaltige Wende“, so Ausfelder.

Das gelte nicht nur für Wasserstoff – auch für andere nachhaltige Energieträger wie Methanol oder Ammoniak habe das Unternehmen passende Lösungen parat, die den sicheren Transport auf den Weltmeeren ermöglichen.

Fachkräfte am Standort gewinnen

„Wasserstoff hat in den vergangenen Jahren einen großen Hype erfahren und es gibt noch viele Herausforderungen zu lösen, ob nun rund um die Infrastruktur oder auch technischer Art, wenn es etwa um Werkstoffe oder Industrienormen geht. Ich bin aber froh, dass Bremen hier sehr aktiv ist“, führt der Geschäftsführer fort. Das Unternehmen beteilige sich an wichtigen Branchenmessen und könne so die Bedürfnisse verschiedenster Sektoren gut beurteilen.

In Bremen schätzt der Fachmann zudem die gute Hochschullandschaft, besonders im Bereich der Verfahrenstechnik. „Uns ist es wichtig, hier den Standort zu fördern“, sagt er – so gäbe SAACKE etwa Studierenden die Möglichkeit, Abschlussarbeiten im Unternehmen zu schreiben und einige Mitarbeitende hielten auch Seminare. Ein guter Weg, um sich Fachkräfte für morgen zu sichern. „Natürlich erhalten Global Player wie Airbus oder Mercedes überregional eine ganz andere Aufmerksamkeit, da ist es wichtig für mittelständische Unternehmen wie uns, früh in den persönlichen Kontakt mit künftigen Mitarbeitenden zu kommen.“ Nur so könne das Unternehmen mit über 90 Jahren Erfahrung in der Feuerungstechnik auch weiterhin ein Hidden Champion aus Bremen bleiben.

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