Im Notfall Hypnose
ErfolgsgeschichtenWie Trance beruhigen und Schmerzen lindern kann
Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit von Hypnose in der medizinischen Behandlung – und doch stehen viele der Anwendung kritisch gegenüber. Dabei kann eine Trance gerade in Notfällen Erstaunliches leisten. Das in seiner Art einmalige Bremer Ausbildungsinstitut für Notfall-Hypnose zeigt Medizinern, Rettungssanitätern und Seelsorgern, welche Methoden es gibt und wie sie sich in der Praxis einsetzen lassen.
Mit Worten aus dem Schock befreit
Eine Frau rutscht auf der Treppe vor ihrem Haus aus und stürzt so unglücklich, dass sie sich mehrere Rippen bricht. Mit starken Schmerzen schleppt sie sich ins Haus zurück, um den Rettungsdienst zu rufen. Nur wenig später treffen die Rettungssanitäter ein, doch sie können zunächst nicht viel tun: Die Frau ist so geschockt, dass sie sich keinen Zugang für ein Schmerzmittel legen lassen will. Alle Beteiligten sind ratlos. Dann tritt eine Notfallmedizinerin auf den Plan und versetzt ihre Patientin mit beruhigenden Worten innerhalb weniger Sekunden in einen Zustand der Hypnose. Plötzlich entspannt sich die Frau und ist bereit, sich das Schmerzmittel zuführen zu lassen. Kurz darauf ist sie sogar in der Lage, auf ihren eigenen Beinen die Treppe hinunter und zum Rettungswagen zu gehen.
Trance für den Notfall
Was klingt wie eine Szene aus einer Telenovela, hat sich vor einigen Jahren genau so zugetragen. „Das war der allererste Einsatz, bei dem ich die Kenntnisse aus meiner Hypnose-Ausbildung in der Praxis angewendet habe“, berichtet Notfallmedizinerin Annette Held, die als Anästhesistin an einem Bremer Krankenhaus arbeitet und außerdem eine Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) betreibt. „Die Umstehenden waren ziemlich verblüfft und haben gefragt, wo man so etwas lernen kann.“
Einzigartiges Bremer Ausbildungsinstitut
Sie selbst hat von 2013 bis 2015 bei dem Allgemeinmediziner und Hypnosetherapeuten Thomas Kemmler-Kell gelernt, wie sich Trance und Suggestionen therapeutisch nutzen lassen. „Ich habe damals etwas gesucht, was den aus der TCM bekannten ganzheitlichen Ansatz noch verstärkt und auch den psychischen Bereich mit einbezieht“, erläutert sie. Der Erfolg war von Anfang durchschlagend: Held erlebte bei ihren Einsätzen, wie sie Patienten auch ohne Medikamente Anspannung und Schmerzen nehmen konnte. Sie tat sich mit Kemmler-Kell zusammen und gründete mit ihm 2015 in Bremen das Ausbildungsinstitut für Notfall-Hypnose – das bisher einzige seiner Art in Deutschland.
„Absolute Bereicherung im Klinik-Alltag“
In Wochenendseminaren vermitteln die beiden seither Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet und aus der Schweiz, wie sie Hypnose in Notfällen als Soforthilfe einsetzen können. Dabei gibt es Kurse, die den Fokus auf schmerzlindernde Verfahren richten, und solche, deren Schwerpunkt auf der psychischen Stabilisierung von Patienten liegt. Während sich Erstere an Notärzte, Notfallsanitäter und Rettungsassistenten richten, sind bei Letzteren vor allem Notfallseelsorger und Psychologen angesprochen. „Ich empfinde die Hypnose mittlerweile als absolute Bereicherung in meinem Klinik-Alltag“, berichtet Held. „Ein Allheilmittel ist sie natürlich nicht, und sie soll auch keine anderen Therapien oder aus medizinischer Sicht wichtigen Medikamente ersetzen. Aber sie kann ein sehr hilfreicher Zusatz sein – eine weitere Möglichkeit der Behandlung auf sehr zugewandte Art und Weise.“
Empathie als Grundvoraussetzung
Denn um Zuwendung geht es ganz wesentlich. Die wichtigste Fähigkeit, die Hypnotiseure nach Aussage der 54-Jährigen benötigen, ist ein aufrichtiges Interesse an anderen Menschen: „Wenn jemand nicht emphatisch ist, wird es schwierig.“ Letztlich gehe es in erster Linie darum, mit den Patienten zu reden. Sie mit Worten und Suggestionen in einen Zustand zu versetzen, in dem sie sich wohl und sicher fühlten – zum Beispiel über die Vorstellung von angenehmen Geräuschen, Gefühlen oder Bildern. „Die meisten Notfallpatienten befinden sich in einer sogenannten Problemtrance, das heißt ihre Gedanken kreisen komplett um die akute Notlage und hängen daran fest.“ Dies lasse sich positiv nutzen, denn letztlich sei eine Hypnose nichts anderes als ein Zustand der Trance beziehungsweise der Weg dorthin. „Und Trance kennt jeder von uns“, sagt Held. „Wer einschlafen will, muss durch Trance hindurch, und auch in Alltagssituationen wie Autofahrten auf geraden einsamen Strecken geraten wir schnell in einen vergleichbaren Zustand.“
Bei Einsätzen vermeidet Held das Wort Hypnose
Obwohl es mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Studien gibt, die die Wirksamkeit von Hypnose belegen, steht die Methode in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer in der esoterischen Ecke. Dabei habe sie nichts mit Esoterik zu tun, betont die Medizinerin. „Durch die vielen Show-Hypnosen im Fernsehen und auf Veranstaltungsbühnen ist das Thema negativ besetzt, viele gruseln sich davor“, meint sie. „Bei meinen Einsätzen benutze ich darum auch nie das Wort Hypnose: Es nützt nichts, wenn Menschen Angst davor haben.“ Ihr ist die Feststellung wichtig, dass niemand im Zustand der Trance willenlos wird und dass jeder jederzeit wieder aussteigen kann. Dabei wirkt die Hypnose nur bei Patienten, die sich darauf einlassen und die nicht unter Alkohol- beziehungsweise Drogeneinfluss stehen oder unter Psychosen leiden.
Handlungsfähigkeit zurückgewinnen
„Machen Sie die Augen zu. Spüren Sie Ihren Atem. Hören Sie in sich hinein.“ Mit kurzen und einfachen Sätzen wie diesen können Notfallpatienten in kürzester Zeit aus ihrer Problemtrance in eine positive Trance geleitet werden und so ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Muss jemand längere Zeit in einem ruhigen Zustand gehalten werden, zum Beispiel während der Fahrt ins Krankenhaus oder bei der Befreiung aus einem zerstörten Auto, kommen tiefergehende Techniken zum Einsatz.
Schonende Methode
Wer das Seminar am Bremer Ausbildungsinstitut abschließe, sei in der Lage, seine Kenntnisse unmittelbar auch in der Praxis anzuwenden, sagt Annette Held. Sie hofft, dass sich Hypnose in Notfallsituationen weiter verbreitet und künftig noch mehr Patienten in den Genuss der schonenden Methode kommen. So wie der Handballer, der mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Hallenboden lag, weil er sich die Kniescheibe ausgerenkt hatte. Nicht zum ersten Mal war ihm das passiert, aber zum ersten Mal wurde sie ihm unter Hypnose und ohne Narkose wieder eingerenkt. Held hatte ihn zuvor angeleitet, sich gedanklich in eine bequeme, warme und weiche Umgebung zu versetzen. Der Sportler war begeistert – und verabschiedete sich nach der Behandlung mit den Worten: „Das will ich jetzt immer so haben.“
Pressekontakt:
Ausbildungsinstitut für Notfall-Hypnose, Annette Held, Tel.: 0421 – 17504689, E-Mail: info@notfall-hypnose.de
Bilddownload
Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.
Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen arbeitet ähnlich wie ein Korrespondentenbüro. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden.
Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an pressedienst@bremen.de.
Erfolgsgeschichten
Dass wir Bremen lieben, ist ja klar. Aber auch Neu-Bremerinnen und Neu-Bremer schätzen unsere Hansestadt. Wie haben sieben von ihnen einmal gefragt, was sie hier begeistert.
Mehr erfahrenProf. Dr. Karen Struve ist Professorin für Frankoromanistik an der Universität Bremen. In ihrem Forschungsfeld beschäftigt sie sich unter anderem mit postkolonialen Literatur- und Kulturtheorien sowie mit den Narrativen der Angst und der weltweiten Anxiety Culture. Was Karen Struve an ihrer Arbeit besonders begeistert, verrät sie bei „Wissenschaft persönlich".
Mehr erfahrenGeht nicht? Gibt’s nicht! Die GERADTS GMBH macht wirklich, wo viele andere nicht mehr weiter wissen. Deshalb ist das Ingenieurunternehmen tief in den größten europäischen Luft- und Raumfahrtprojekten, aber auch in zahlreichen anderen Branchen verwurzelt.
Mehr erfahren