
In ihrer Hauptwerkstatt in der Bremer Neustadt schaltet Irene Borgardt den Gasbrenner an. Für ihre Arbeit benötigt sie eine Flamme, die knapp 2000 Grad heiß ist – im Sommer kann das schon mal ganz schön anstrengend werden. „Wenn die Temperaturen draußen über 30 Grad sind, kann ich hier keine großen Sachen machen“, sagt sie. „Eher kleinere, wo die Flamme nicht so groß ist.“
An diesem Tag sind die Temperaturen erträglich. Auf dem Programm steht das Anfertigen von Stielen für ihre exklusiv kreierte Glasreihe „Step by Step“: Der Name ist Programm, denn die Stiele entstehen Schritt für Schritt und brauchen viel Zeit und Geduld. Dafür teilt die 54-Jährige unter der Flamme unterschiedlich farbige Stäbe aus Borosilikatglas, das besonders bruchsicher und spülmaschinengeeignet ist, in kleine Stücke, die sie anschließend Schicht für Schicht miteinander verschmilzt. „Von der Konsistenz fühlt sich das in dem Moment ein bisschen an wie Kaugummi“, erzählt sie. Das Endergebnis sind individuelle Wein-, Sekt- oder Grappagläser mit bunten Stielen, von denen keins dem anderen gleicht.
„Ich sehe das als meditativen Prozess“
Für die Glasbläserin ist das eine der Arbeiten, die sie besonders gerne mag. „Ich sehe das als meditativen Prozess“, berichtet sie. „Dabei kann ich ausgesprochen gut abschalten.“ Oft beschäftigt sie sich dann mehrere Stunden am Stück damit, Stiele zu fertigen. Dabei wählt sie die Farben der einzelnen Schichten je nach Lust und Laune aus: „Genau das lieben die Kunden, dass jedes Glas anders aussieht.“ Seit 1994 betreibt die gebürtige Darmstädterin, die der Liebe wegen nach Bremen kam, nun schon ihre eigene Glasmanufaktur. Zunächst im touristisch geprägten Schnoor, seit 1999 auf der anderen Weserseite. Dort lassen sich Familie und Beruf besser unter einen Hut bringen, denn die Werkstatt befindet sich nun im Erdgeschoss ihres Wohnhauses. „In den ersten Jahren saß ich hier oft abends mit Babyfon“, erinnert sie sich. Und auch jetzt kommt sie manchmal noch zu später Stunde nach unten, um ein paar Arbeiten zu erledigen.