Ziel: Standardlösung für alle Fahrmanöver
Hinter diesem und weiteren Fahrmanövern verbirgt sich die Arbeit der Technomathematiker: Sie sezieren Situationen und Fahrmanöver, die im Straßenverkehr auftreten können, stellen sie in nicht-linearen Funktionen nach, um sie dann – als Algorithmus verpackt – inklusive optimaler Handlungsoption für ein System handhabbar zu machen. „Als Mathematiker abstrahieren wir Situationen“, erklärt Büskens. Ziel ist, eine Standardlösung zu entwickeln, die für jedes Fahrmanöver angewendet wird.
Assistenzsysteme lösen bislang Einzelprobleme
Denn ein Problem der derzeitigen Technik zeigt sich im Projekt „AO-Car“ deutlich: Die bereits in Autos verbauten Assistenzsysteme, die automatisierte Vorgänge ausführen, sind Insellösungen. Unabhängig voneinander entwickelt, bauen sie auf unterschiedlicher Software und Problemlösungsmodellen auf – das macht die Vernetzung zu einem Gesamtsystem, das ein Ersatz für den Fahrer wäre, zum Problem. Auch wenn Berichte und Werbespots immer häufiger suggerieren, autonomes Fahren sei schon morgen möglich, lässt sich der Entwicklungsstand doch treffender wie folgt beschreiben: „Es gibt fertige Lösungen für einzelne Szenarien, aber nicht für den komplexen Straßenverkehr, den wir in Städten vorfinden“, erklärt Büskens. Was Autofahrer an Wahrnehmung, Handeln und Lernen leisten müssen, ist sehr komplex.
Parklücke erkennen
Beispiel: Einparken. Assistenzsysteme können das, aber: „Das Auto soll ja nicht nur einparken, sondern auch die Parklücke finden, wenn es auf einen Parkplatz fährt“, sagt Sommer. Das Terrain muss erkundet, eine Parklücke als solche erkannt werden, ebenso mögliche Hindernisse wie Fußgänger, Poller, Einkaufswagen. Dieses Szenario wollen die Bremer bis zum Jahresende als erste Etappe bewältigt haben.
Transfer aus der Raumfahrtforschung
An der Uni Bremen arbeiten drei Arbeitsgruppen (AG) an dem Projekt. Neben der AG für Optimierung und Optimale Steuerung von Büskens sowie der für Computergrafik und Virtuelle Realität befasst sich die AG Kognitive Neuroinformatik mit der Weiterentwicklung der Sensorfusion und mit Entscheidungsfindungen. Weiterer Partner ist das Institut für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung an der Universität der Bundeswehr München. Ebenso wie Büskens Team bringen sie Erfahrungswerte aus Raumfahrtprojekten ein, denn: „Vieles lässt sich übertragen“, sagt Matthias Rick. Egal ob Sonde auf einem entfernten Planeten oder Auto im Stadtverkehr, die Anforderungen seien ähnlich: Das Fahrzeug soll zuverlässig von A nach B manövrieren und dabei bekannte wie unbekannte Variablen meistern.