Segeln auf der Bio-Welle
Maritime Wirtschaft und LogistikBremer Werft baut Segeljacht aus nachwachsenden Rohstoffen
Friedrich Deimann hat eine Vision. Der 31-Jährige will nach eigenen Worten nichts Geringeres als den Bootsbau revolutionieren: In seiner Mini-Werft in Bremen entstand eine 7,55 Meter lange Segelyacht – aus 90 Prozent nachwachsenden Rohstoffen wie Flachs und Kork. Auf der „boot Düsseldorf 2016“ zog Deimann und sein Team die öffentliche Aufmerksamkeit mit dem Kleinkreuzer „GreenBente24“ auf sich. Damals gab es nur den Rumpf des Bootes zu sehen, es war noch im Bau.
Erfolgreiche Probefahrten auf der Schlei und der Ostsee
Inzwischen ist der Prototyp nicht nur fertiggestellt, er hat auch seine ersten Fahrten auf der Schlei und der Ostsee bestanden und Käufer gefunden. Der neue Eigentümer – Familie Stuttmann aus Halle an der Saale – überlässt Deimann das Boot zurzeit noch, um es auf Messen präsentieren zu können. Denn natürlich soll es nicht bei dem einen Bau bleiben. Interessenten haben sich bei Deimann schon einige gemeldet, konkrete Folgeaufträge stehen aber noch aus. Immerhin ist die recycelbare Yacht mit 64 000 Euro kein Schnäppchen. „Sie ist so teuer, weil wir noch nicht in Masse produzieren“, sagt Deimann.
„Holzboote sind nicht mehr zeitgemäß“
Andererseits: Holzboote – mit zertifiziertem Holz ebenfalls nachhaltig – sind auch nicht günstig und haben nach Ansicht von Deimann entscheidende Nachteile: Sie bedürfen intensiver Pflege und müssen jedes Jahr aufs Neue geschliffen und lackiert werden. Zum anderen sind sie schwer und somit weniger sportlich zu segeln. „Holzboote sind nicht mehr zeitgemäß“, meint denn auch Schiffbauingenieur Till von Wahl, mit dem sich Deimann für sein Bio-Boot-Projekt zusammengetan hat.
Mit 17 Jahren erstes Boot gebaut
Dabei kommt der gebürtige Bochumer Deimann eigentlich vom Holzbootbau. Mit zehn Jahren nahm ihn sein Onkel das erste Mal mit zum Segeln. „Mit 14 wusste ich, dass ich Bootsbauer werden will.“ Mit 17 Jahren fertigte er neben der Schule sein erstes Kajak an. Er absolvierte eine Ausbildung als Bootsbauer und lernte dabei das Handwerk des klassischen Holzbootbaus. Auf einer Werft in Bremen-Nord bekam er anschließend Einblick in den Hightech-Kunststoffbootbau und perfektionierte seine Fähigkeiten im Umgang mit Glas- und Kohlefaser. Einerseits war er fasziniert davon, welche Möglichkeit die modernen Leichtbauweisen aus Kunststoff bieten: „Man kann schnell und in Serie produzieren.“
Leinen als Ersatz für glasfaserverstärktem Kunststoff
Andererseits ging ihm der Umgang mit Glasfasern, Erdölprodukten, Lösungsmitteln und Chemikalien gegen den Strich. Er sah die gesundheitlichen Beschwerden seiner älteren Arbeitskollegen und begann während seiner Meisterausbildung, mit natürlichen Rohstoffen zu experimentieren.
Ich wollte kein komplett neues Produktionsverfahren entwickeln, sondern einfach nur andere Materialien verwenden.
Friedrich Deimann, Gründer von Green Boats
Sein Meisterstück war ein 6,8 Meter langes, fahrtüchtiges Kajak aus Naturmaterialien. Leinen – gewonnen aus der Flachspflanze – dient als Ersatz für Glasfaser. Kork sorgt im Kern eines Sandwichsystems für die Isolierung und übernimmt die Funktion des Polyurethanschaums, der sonst verarbeitet wird. Miteinander verbunden werden die Materialien mit Epoxidharzen, die nicht wie üblich auf Erdöl, sondern auf Pflanzenöl basieren. „So hat der Naturverbundstoff die gleiche Eigenschaft wie glasfaserverstärkter Kunststoff“, sagt Deimann.
Zweifler galt es zu überzeugen
Er war derart überzeugt von seiner Materialerfindung, dass er sich mit dem frisch erworbenen Meisterbrief in der Tasche selbstständig machte. Er gründete in seiner Wahlheimat Bremen die Werft „GreenBoats“ und fing im November 2015 an, die „GreenBente24“ zu bauen. Ihm war klar, dass er mit seiner Vision eines Bio-Bootes auf viel Skepsis stoßen würde. Deshalb musste ein Prototyp her, um die Zweifler überzeugen zu können. Für die Finanzierung startete er eine Spendenkampagne. Am Ende konnte er die Aktion frühzeitig beenden, weil sich mit den Stuttmanns schneller als gedacht Käufer fanden.
„Mich hat der innovative Gedanke begeistert“, sagt Ralph Stuttmann. Nullachtfünfzehn sei seine Sache nicht; seine Projekte müssen etwas Besonderes sein. Deshalb habe er sich bewusst auf das Experiment eingelassen. Die „GreenBente24“ ist seine erste Segeljacht. Lange habe er nach einem gebrauchten Boot für seine Familie geschaut. „Ich konnte mich aber nie entschließen.“ Als er von dem Bio-Kreuzer hörte, war er sofort angefixt. Der erste Segeltörn überzeugte ihn gänzlich: „Es ist nicht nur ein schönes Boot, sondern auch eines, das man gerne segelt.“
Design stammt von renommiertem Konstruktionsbüro
Das Design des Bootes stammt vom renommierten Bremerhavener Konstruktionsbüro „judel/vrolijk“, das sich auf Rennjachten spezialisiert hat, und ist dasselbe wie für die „Bente24“. „Bente24“ ist – ebenso wie die Schwester „GreenBente24“ – ein unkonventionelles Jachtprojekt; ausgedacht von Alexander Vrolijk und dem Hamburger Autor Stephan Boden. Die Idee war, ein Segelboot unter zehn Metern zu konstruieren, das „innovativ, bezahlbar und sexy“ und sowohl zum rasanten Heizen als auch zum gemütlichen Cruisen geeignet ist. In den Entstehungsprozess waren über soziale Medien stets 20.000 Segelbegeisterte eingebunden. Das Projekt fand große Beachtung – auch bei Friedrich Deimann. Die jungen Unternehmer aus Bremerhaven und Bremen taten sich zusammen; Deimann bringt nun die Bio-Variante auf den Markt.
Keine Geruchsbelästigung durch Lösemitteldunst
Er ist überzeugt, dass sein Produkt Chancen auf dem Segelmarkt hat. Dass das Boot anders ist als andere, sieht man schon von weitem. Die Gewebestruktur des Leinens ist unter der Harzschicht deutlich zu erkennen. „Das Leinen kann auch in jeder Farbe eingefärbt werden“, sagt Deimann. „Die Leute finden das total cool.“ Die Begeisterung gelte aber nicht nur der Optik. „Auf der ‚GreenBente24‘ gibt es keine Geruchsbelästigung, man sitzt nicht dauerhaft im Lösungsmitteldunst.“ Zudem seien Segler naturverbundene Menschen. „Warum sollten sie dann ein Boot fahren, das gesundheitlich bedenklich und in der Herstellung energieintensiv ist – und am Ende nur als Sondermüll entsorgt werden kann?“
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Foto 3: Detail des Rumpfes aus Naturfasern © Pressedienst Bremen
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