Steigende Kosten bei rückläufiger Nachfrage
Mittelfristig sei deshalb zu erwarten, „dass sich der Nachfrageschock auch in den bremischen Exportzahlen niederschlagen wird.“ Logistikketten funktionierten häufig nicht mehr wie geplant, da entweder Logistikpartner in China ausfielen oder Liniendienste umgelegt würden. Bekannt sei auch, dass in betroffenen Gebieten – wie nun ja auch in Deutschland und in der EU – Unternehmen die Vorsorgemaßnahmen hochfahren und Krisenszenarien für den Ernstfall planen würden. Dabei müssten sie mit zuneige gehenden Vorräten an wichtigen Schutzmitteln, wie zum Beispiel Atemmasken oder Desinfektionsmitteln, arbeiten. Bremer Exporteure müssten daher Kostensteigerungen für einen hohen organisatorischen Aufwand bei rückläufiger Nachfrage einkalkulieren.
Für viele Bremer Unternehmen ist China auch ein bedeutender Beschaffungsmarkt: Sie handeln mit Waren, die in China hergestellt werden oder beziehen Bauteile sowie (Vor-)Produkte aus China, die wiederum in eigenen Produkten verbaut werden. „Auch hier gilt eine Beeinträchtigung für die produzierenden Industrien unseres Standortes als wahrscheinlich“, ist Torsten Grünewald überzeugt.
Denn je spezieller eine Fertigung ausfalle, desto schwieriger sei es, kurzfristig auf Ersatzmärkte auszuweichen. Verlängerte Bestell- beziehungsweise vertragliche Vorlaufzeiten stünden kurzfristigen Lösungen entgegen und bedeuteten für betroffene Importeure unter Umständen eine Unterbrechung der Lieferkette und somit Produktionsausfälle oder -verzögerungen. Die wenigsten Lieferverträge dürften jedoch hierauf vorbereitet sein. Breit aufgestellte Unternehmen, die ihre wichtigsten Waren auf verschiedenen Märkten absetzen oder von dort beziehen können, sind in der aktuellen Situation unter Umständen flexibler.
Unterbrochene Lieferketten müssen neu zertifiziert werden
Die Grenzen einer solchen Flexibilität sind allerdings schnell erreicht, wenn – wie zurzeit auch in Deutschland und Europa zu beobachten ist – Absatz- oder Beschaffungsmärkte sich in der Krise abschotten oder ganze Produktionszweige stilllegen. Die Handelskammer Bremen weist darauf hin, dass jetzt unterbrochene Lieferketten – etwa in der Textilindustrie – bei einer Wiederaufnahme der Lieferbeziehungen erneut zu zertifizieren sind, was Zeitverzug und zusätzliche Kosten verursacht.
Täglich dürften auch die hiesigen Hersteller von Investitions- und Ausrüstungsgütern nach Anzeichen Ausschau halten, die ein nachhaltiges Wiederanfahren der chinesischen Produktion signalisieren. Transparenz zählt allerdings nicht zu den hervorstechenden Eigenschaften des asiatischen Partners: Ausmaß und Prioritäten einer Reaktivierung bleiben derzeit unklar, erschwerend für eine Prognose ist der Zeitverzug, mit dem sich Produktionsschwankungen in tatsächliche Lieferbeziehungen und Investitionsentscheidungen übersetzen. Branchenübergreifend sind ohnehin kaum präzise Abschätzungen möglich, was schon an den spezifischen Bedingungen für einzelne Sparten – beispielsweise für Saisonware (etwa Lebensmittel) – scheitert.
Ein Schiff wird kommen...
Der Austausch mit chinesischen Partnern vollzieht sich überwiegend auf dem Seeweg, die Schiffe sind jeweils Wochen unterwegs, was Sars-CoV-2 ökonomisch in China und in den außenwirtschaftlichen Beziehungen angerichtet hat, wird exakt erst in einigen Wochen deutlich werden, wenn die ersten Containerschiffe aus China in Bremerhaven und an anderen großen europäischen Piers festmachen. In seiner Blitzumfrage hat der DIHK vor wenigen Tagen seine Mitgliedsunternehmen auch nach den außenwirtschaftlichen Auswirkungen der Sars-CoV-2-Pandemie befragt.