„Offenheit und kurze Wege sind die Grundidee unserer Architektur“
Technologiepark BremenZukunftsorientiertes Arbeiten im neuen Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS
Das Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS forscht und entwickelt gemeinsam mit zahlreichen nationalen und internationalen Partnern. Mit dem jetzt eingeweihten Neubau in Bremen setzt MEVIS ein Zeichen und stellt die Weichen für ein agiles und zukunftsorientiertes Arbeiten. Wir haben Prof. Dr. Horst Hahn, Leiter des Fraunhofer MEVIS, getroffen, um mit ihm über die Ziele, den Stellenwert und die Arbeitsprozesse des Instituts zu sprechen.
Prof. Dr. Hahn, welchen Stellenwert nimmt das Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS in der internationalen Community zum Thema „KI und Digitale Medizin“ ein?
Prof. Hahn: Die besondere Rolle des Instituts ergibt sich aus der Bandbreite, die wir mit dem Institut adressieren, von der angewandten Forschung bis zur Fertigstellung der Methoden, die dann marktfähige Lösungen darstellen. Wir übergeben sie anschließend an unsere Partner, die einen kommerziellen Hintergrund haben, damit diese Lösungen international verfügbare Werkzeuge in der Medizin und in der Alltagsversorgung sein können. Ich will nicht behaupten, dass wir die Einzigen sind, aber mir fallen zurzeit keine Institute ein, die eine solche Spanne von der Forschung bis zur Verfügbarkeit abdecken. Natürlich gibt es Forschungsabteilungen mit ähnlicher Kompetenz in großen Firmen. Sie sind jedoch etwas eingeschränkter in ihrer Offenheit gegenüber verschiedenen Stakeholder-Gruppen.
Wie hat Fraunhofer MEVIS die nationale und internationale fachliche Resonanz auf den Neubau und die mit ihm verknüpften fachlichen Schwerpunkte wahrgenommen?
Prof. Hahn: Wir sind schon seit langem auch international bekannt beim Thema der computergestützten Medizin. Insofern wird der Neubau des Instituts in Bremen von außen als logische Fortführung wahrgenommen. Diejenigen, die bei der Eröffnung dabei sein konnten, waren extrem positiv. Sie haben gesehen, dass uns hier jetzt ein fantastisches Gebäude zur Verfügung steht. Ich möchte das aber nicht überbewerten. Das war eine positive Reaktion von Kolleginnen und Kollegen – auch international – auf der Basis einer ohnehin positiven Wertschätzung.
Was bedeutet Ihre Ankündigung, unterschiedliche Menschen über die Zukunft der Medizin nachdenken (zu lassen) – von Fachleuten aus Wissenschaft und klinischer Praxis bis hin zu Kindern, Jugendlichen und Lehrkräften – konkret in der Praxis?
Prof. Hahn: Uns ist es ein Anliegen, Kinder und die breite Öffentlichkeit wirklich ernst zu nehmen. Das heißt, nicht nur mit den Fachkolleginnen und -kollegen aus Medizin, Wissenschaft und Industrie zu sprechen, sondern auch weiter zu fragen, wie die Bürgerinnen und Bürger unsere Themen wahrnehmen. Dieser Dialog kommt jetzt mehr und mehr auf die Agenda. Dabei suchen wir auch nach geeigneten Formaten, denn wir sind ja eigentlich ein technologisch orientiertes Forschungsinstitut. Wir stehen aber in der Verantwortung, unser Wissen auch in diese Richtung hin zu entwickeln. Ein wesentlicher Bereich ist der wichtige Dialog mit Lehrkräften, Jugendlichen und deren Eltern. Unser neues Gebäude bietet zudem eine Chance, zukünftig auch Gruppen von Patientinnen und Patienten bestimmter Erkrankungsfelder einzuladen und in die Diskussion einzubinden.
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Welche weiteren Aspekte müssen Ihrer Meinung nach berücksichtigt werden?
Prof. Hahn: Eine weitere Facette ist der notwendige Austausch über ethische und soziale Fragestellungen. Dabei scheint es bisher auch eine Einengung auf den klassischen Personenkreis aus der Technologieforschung und -Entwicklung zu geben. Deshalb arbeiten wir mit Ethikerinnen und Ethikern zusammen, um mit ihnen gemeinsam grundlegende Fragestellungen anzugehen: Wo liegen die Grenzen der KI und wie können wir sie berücksichtigen im Wandel der medizinischen Berufsbilder? Es geht darum, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen und eine Vision zu entwickeln, wie eine ethisch vertretbare Entwicklung in diesem Gebiet überhaupt möglich scheint. Und das erstreckt sich natürlich über längere Zeiträume.
Inwiefern folgt der Institutsneubau in Bremen dem bei MEVIS schon länger verfolgten Prinzip des agilen Arbeitens?
Prof. Hahn: Die äußere Form des Gebäudes ist abgeleitet aus drei ineinanderfließenden Teilen. Es gibt drei biologisch motivierte Zellen, die sich überlappen und insofern in Interaktion treten. Innen ist das Institut sehr offen gestaltet. Alle Büros sind mit viel Glas ausgestattet und daher interaktiv einsehbar. Man hat, wenn man daran auf den Fluren vorbeiläuft, auch eine Einschätzung, ob man den Kollegen oder die Kollegin in einem Raum stören darf. Die Struktur trägt dazu bei, dass die Menschen miteinander in Kontakt treten können.
Zwischen den Büros gibt es ‚Inseln‘, wo man sich hinsetzen und vielleicht mal einen Tee trinken kann, dazu verschiedene Interaktions- und Kreativräume für größere Gruppen, auch wieder mit einem offenen Prinzip, sodass man auch von außen sehen kann, wer sich dort gerade aufhält und ob man stören würde, wenn man den Raum beträte. Das ist die Grundidee der Architektur: Offenheit und kurze Wege, und das ist tatsächlich gelungen. Ich bin total begeistert.
Wir haben im Erdgeschoss einen Kommunikations- und Lounge-Bereich und wünschen uns, dass dort die Menschen nach Corona vielfach in Kommunikation treten. Es gibt auch einen Garten, der ebenfalls genutzt werden soll, beispielsweise für mobiles Arbeiten. Zudem gibt es einen schönen Tagungsbereich für knapp 200 Leute, der durch Zwischenwände in drei Räume teilbar ist. Wir glauben, dass diese Räumlichkeiten vielfach genutzt werden, für wissenschaftliche Veranstaltungen, aber auch für Workshops mit verschiedenen Personengruppen im Sinne des vorhin diskutierten Themas.
Welche Auswirkungen hat die räumliche Transparenz auf die Arbeits- und Organisationsstrukturen innerhalb des Instituts?
Prof. Hahn: Wir sind ein Institut ohne Abteilungen und sogar ohne abgegrenzte Arbeitsgruppen. Wir arbeiten in einem dynamischen Netzwerk und in dieser Weise hoch agil – nicht nur in der Softwareentwicklung. Wir sind für jedes neu startende Projekt in einer bestmöglichen Konstellation im Team neu zusammengesetzt. Die Menschen arbeiten typischerweise im Durchschnitt in zwei bis drei Projektteams. Und diese dynamische Projektteam-Zusammensetzung wird eben auch durch das Gebäude unterstützt. Wir gehen sogar so weit zu sagen, dass die allermeisten Büros von Menschen gemeinsam genutzt werden sollen, die nicht das Gleiche machen, damit sich zusätzlich wieder Interaktions- und Anknüpfungspunkte über den Tellerrand hinweg ergeben. Und das alles konnten wir sehr hochwertig in diesem neuen Gebäude abbilden.
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