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14.4.2020 - Jann Raveling

Wie die WFB-Auslandsbüros die Corona-Epidemie erleben

Internationales

Unsere Kolleginnen und Kollegen berichten von den Corona-Auswirkungen in Vietnam, China, Türkei und den USA

Länderbrief Vietnam

In insgesamt vier Ländern ist die Wirtschaftsförderung Bremen unter der Marke „Bremeninvest“ aktiv, um Unternehmen auf der Suche nach einem Standort in Bremen zu unterstützen. Neben den drei Schwerpunktländern Türkei, Vietnam und China ist Bremen Partner des Northern Germany Innovation Offices im Silicon Valley.

Wir haben die vier Auslandsbüroleiterinnen und -leiter gefragt, wie sie die Situation vor Ort wahrnehmen und wie die Corona-Krise das dortige Wirtschaftsleben beeinträchtigt.

Lu Wang - Leiterin Bremeninvest-Büro China in Shanghai
Lu Wang - Leiterin Bremeninvest-Büro China in Shanghai

China

In China nahm die Corona-Epidemie ihren Anfang. Das Land konnte die exponentielle Ausbreitung des Virus in der Provinz Hubei eingrenzen und zwischenzeitlich einige der Beschränkungen wieder lockern. Trotzdem gibt es weiterhin Restriktionen im öffentlichen Leben. Wang Lu, Leiterin des Bremeninvest-Büros, arbeitet in Shanghai, rund 700 Kilometer von Hubei entfernt. Auch in Shanghai ist das Leben noch eingeschränkt:

„Im öffentlichen Raum müssen wir jederzeit Atemschutzmasken tragen. Die Körpertemperatur wird bei dem Eintritt in der U-Bahn sowie in öffentlichen Räumen wie auf dem Wohncampus, im Park und im Shoppingcenter gemessen. In den großen Ballungszentren wie Shanghai, Beijing, Shenzhen und Guangzhou ist die Anzahl der Infizierten durch Einreise von außerhalb in letzter Zeit leicht gestiegen.

Wir vermeiden Dienstreisen und Kundenbesuche, ich arbeite derzeit im Home-Office. U-Bahn, Bus oder Zug nutzen wir nur in Ausnahmefällen.

Die Wirtschaft bekommt die Auswirkungen der Krise natürlich zu spüren, Einrichtungen wie Restaurants, Theater oder Kinos sind geschlossen. Fabriken, Dienstleistungsfirmen, Handelsfirmen, Kanzleien, Immobilienmakler und Veranstalter verlieren Aufträge. Mitarbeitende können großteils nicht zum Arbeitsplatz. Investitionen werden zurückgehalten. Die Lieferketten sind unterbrochen, staatlichen Hilfsmaßnahmen gibt es noch nicht.“

Gern in Bremen: Huong Thi Hoang
Gern in Bremen: Huong Thi Hoang © WFB/Pusch

Vietnam

Im wirtschaftlichen Herzen des Landes, Ho-Chi-Minh-City, sitzt Hoang Thi Huong und betreut von dort aus Unternehmen, die in Bremen ihr Geschäft aus- oder aufbauen wollen. Auch in Vietnam haben die Maßnahmen gegen den Coronavirus weitreichende Folgen:

„Fast alle Unternehmen haben geschlossen, der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Den Menschen wird empfohlen, zu Hause zu bleiben, und wenn sie rausgehen, etwa für den Einkauf oder Arztbesuche, müssen sie Schutzmasken tragen. Es gibt eine strikte Social-Distancing-Verordnung seit dem 1. April. Noch sind keine statistischen Daten verfügbar darüber, wie stark die Wirtschaft eingebrochen ist, aber viele Fabriken produzieren nicht mehr. Und die wenigen, die noch laufen, werden bald keine Materialien mehr haben, weil die Maßnahmen den Import und Export erschweren. Im Servicebereich sieht es ähnlich aus, nur noch die Bereiche Essenslieferungen, Warentransport und die Lebensmittelkette laufen noch. Unternehmen sind zudem limitiert in der Ausfuhr von Gütern wie Medizin und Reis, außerdem ist es ihnen verboten, Veranstaltungen zu organisieren oder Gäste zu beherbergen.

Ich arbeite bereits seit mehr als zwei Wochen im Home-Office, da es in meinem Wohngebäude schon sehr früh einen positiven Coronafall gab – ich habe mich aber bisher nicht angesteckt! Zur Arbeit könnte ich jetzt auch gar nicht mehr, denn dem Gebäude wurde der Strom abgestellt und niemand darf mehr herein bis zum 15. April. Zu Hause kümmere ich mich viel um meine Kinder und spreche mit Verwandten – das Thema Nummer Eins ist überall natürlich Corona.

Auch im Kundenverkehr, der jetzt vor allem über E-Mail oder Telefon läuft. Viele meiner Kunden sind in Bremen aktiv, deshalb halte ich sie auf dem Laufenden, wie die Lage in Deutschland ist. Ich informiere mich über den Weser-Kurier, über die vietnamesische Community in Bremen und meinen Bremer Kollegen bei der WFB, Kolja Umland. Mit meinen Kunden planen wir viel, reden über Businesspläne und über mögliche Besuche in Bremen im dritten Quartal, wenn das Leben hoffentlich wieder ein wenig zurück in Richtung Normalität zurückkehrt.“

Erol Tüfekҫi (re.) im Gespräch mit einem türkischen Unternehmer
Erol Tüfekҫi (re.) im Gespräch mit einem türkischen Unternehmer © bremeninvest

Türkei

In der Türkei führt Erol Tüfekçi das Bremeninvest-Büro Izmir, einer Millionenmetropole im Westen des Landes. „Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hat alle internationalen Flüge im Rahmen der Covid-19-Maßnahmen vorübergehend eingestellt. Lokale Flüge dürfen nur mit Sondergenehmigung vom Gouverneur stattfinden. Zwischen Großstädten können wir die öffentlichen Verkehrsmittel nur mit Sondererlaubnis benutzen. Der Betrieb von vielen Geschäften wurde vorübergehend eingestellt. Alle Arten von Versammlungen sind vorübergehend verboten. Zwar herrscht hier keine totale Ausgangssperre, aber die staatlichen Maßnahmen ähneln einer.

Große Einkaufszentren sind vorübergehend geschlossen (außer Apotheken und Einzelhandelshops), ebenso wie große Handelsketten, ob Mediamarkt, IKEA oder Elektronikmärkte. Was offen ist, hat seine Öffnungszeiten reduziert, die Kundenanzahl in Einzelhandelsläden darf zudem maximal zehn Prozent der Ladenfläche betragen. Alle anderen müssen warten.

Für Menschen über 65 Jahren und solche mit Immunproblemen sowie chronischen Beschwerden gilt eine totale Ausgangssperre. Polizisten helfen beim Einkauf für ältere Menschen, sie gehen die Leute von Tür zu Tür besuchen, wenn sie zuvor per Telefon um Hilfe fragen. Ansonsten hilft die Familie. Wir gehen einmal die Woche für uns und unsere Eltern einkaufen und versuchen sonst, die Wohnung nicht zu verlassen.

Wir versuchen uns selbst zu motivieren, um in dieser traurigen Situation keine Depression zu bekommen, machen regelmäßig am Abend Sport, trinken viel Wasser und nehmen Vitamine zu uns, um gesund zu bleiben. Ich arbeite seit zwei Wochen im Home-Office, kommuniziere vor allem über E-Mail, Whatsapp, und Telefon. Fast alle Firmen in der Türkei haben angefangen, im Home-Office zu arbeiten, wenn es geht. Andere, wie Autobauer, haben ihre Produktionen vorübergehend eingestellt. Hersteller von medizinischer Güter werden vom Staat stärker kontrolliert und dürfen ihre Waren vorübergehend nicht ausführen.

Der Staat hat ein Förderpaket von 15 Milliarden Euro aufgesetzt. Zwei Millionen Familien, die Standard-Sozialhilfe erhalten, werden zusätzlich mit 1.000 Lira (140 Euro) im Rahmen des "Economic Stability Shield" erhalten. Auch Rentner profitieren von einem 1.000-Lira-Bonus, der im Mai für das Fest des Ramadan im April ausgezahlt wird. Darüber hinaus sind staatliche und private Bankkredite einfacher und in größeren Mengen zu erhalten

Kennt das Silicon Valley wie seine Westentasche: Tim Ole Jöhnk
Kennt das Silicon Valley wie seine Westentasche: Tim Ole Jöhnk © WFB/Rathke

USA

Tim Ole Jöhnk ist Direktor des Northern Germany Innovation Office (NGIO), einer gemeinsamen Initiative der norddeutschen Bundesländer mit Beteiligung der Wirtschaftsförderung Bremen. Ziel ist es, Kontakte und Kooperationen mit dem Silicon Valley anzubahnen und so norddeutsche Unternehmen an den Trends und Innovationen des High-Tech-Tals teilhaben zu lassen. Auch im sonnigen Kalifornien ist Corona derzeit das Thema Nummer Eins:

„Wir sind nun seit zehn Tagen von der Ausgangssperre betroffen. Damit waren San Francisco und die Bay Area die ersten Gegenden in den USA, die sich zu einem solchen, vor einer Woche noch von vielen als „extrem“ bezeichneten, Schritt entschieden haben. Inzwischen sind alle sehr froh, dass die Kommunen diesen beschlossen haben.

Meine Frau und ich wohnen direkt auf dem Campus der Universität Stanford – der sich jetzt völlig verwaist anfühlt. Wir haben unser Esszimmer in unser Büro umgewandelt und machen das Beste aus der Situation. Wir nutzen oft Zoom und andere Online-Dienste, um mit Familie und Freunden in der ganzen Welt zu sprechen.“ Lesen Sie den ganzen Beitrag von Tim Ole Jöhnk hier

Unterstützung in Bremen erhalten – die Task Force

Um betroffene Unternehmen in der Krise zu unterstützen, hat das Land Bremen in der Task-Force bei der BAB – die Förderbank für Bremen und Bremerhaven eine zentrale Anlaufstelle für Alle eingerichtet, die durch das Coronavirus in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

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