Ein Verbund fürs Leben: Das Faserinstitut Bremen feiert sein 50-jähriges Bestehen
ErfolgsgeschichtenUnverzichtbar für die Industrie: Das Faserinstitut Bremen arbeitet an Leichtbaulösungen für die Zukunft
Leicht, stabil und ressourcenschonend: Leichtbau ist eine grundsätzliche gute Strategie für die verschiedensten Produkte. Moderne Faserverbundwerkstoffe, eine Werkstoffklasse, in der hochfeste Fasern und Kunststoffe kombiniert werden, nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Das Faserinstitut Bremen (Fibre) erforscht und entwickelt seit 1969 diese und andere Materialien. Nun feiert das Institut sein 50-jähriges Bestehen.
Leichtbau mit Faserverbundwerkstoffen ist aus der heutigen Industrie nicht mehr wegzudenken, da er viele Vorteile bietet. Die daraus hergestellten Bauteile sind besonders leicht und leistungsfähig in Bezug auf ihre mechanischen Eigenschaften. Sie sind sehr fest, steif und widerstehen dynamischen Beanspruchungen besonders gut; gleichzeitig sind sie korrosionssicher. So können bei der Herstellung und im Betrieb von Produkten besonders gut Material und Energie eingespart werden. Dafür sind die Werkstoffe in ihrer produktspezifischen „Komposition“, der Herstellung und bei der Bauteilkonstruktion mit sehr anspruchsvoll. Dominiert wird der Markt heute von zwei typischen Werkstoffen: Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK), ohne die heute moderne Windenergieanlagen nicht denkbar wären, und Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK), die für besonders leistungsfähige Produkte wie zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden. Die Carbonfaser, auch Kohlenstofffaser genannt, ist wegen ihrer hervorragenden mechanischen Eigenschaften die 'Königin der Verstärkungsfasern', sagt Christoph Hoffmeister, seit 2002 Verfahrensingenieur am Faserinstitut.
Das eigenständige Institut, das zwei Hauptstandorte im erst frisch eingeweihten Forschungszentrum Ecomat (siehe Infokasten) in der Airport-Stadt und an der Bremer Universität unterhält, kann gleichzeitig auf die Expertisen des Composite Technology Center (CTC) in Stade und seines Faserlabors an der Bremer Baumwollbörse zurückgreifen.
Komponenten für Flugzeuge
Die Erforschung, Entwicklung und Optimierung der Faserverbundwerkstoffe, ihre Herstellung und die Umsetzung in Produkte stehen beim Faserinstitut Bremen seit Jahren im Fokus. Heute arbeitet die Mehrzahl der 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts daran. Dabei entstehen neue und verbesserte Bauteile für Flugzeuge, wie zum Beispiel eine Landeklappe in neuer Bauweise, Flugzeugfensterrahmen und leichtere Komponenten für den Flugzeuginnenraum. Hinzu kommen Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften für Anwendungen in der Raumfahrt.
Ein besonders spannender und kreativer Aspekt der Arbeiten ist der Transfer der Werkstoffe und der dazugehörigen Technologien in Produkte anderer Branchen und Märkte. Das können zum Beispiel Crash-absorbierende Elemente für Kleinflugzeuge sein, Orthesen und Komponenten für Sportwagen oder auch Landmaschinen.
Erfolgsgeschichte beginnt im Hafen
„Die damit verbundenen Kooperationen mit Unternehmen verschiedener Branchen, Netzwerke, Universitäten und Instituten besitzen einen ganz besonderen Reiz", so Christoph Hoffmeister, der anfügt: „Und dieser Transfer ist uns sehr wichtig". Gleichzeitig bilden die Kontakte auch einen großen Mehrwert für den Wirtschafts- und Industriestandort Bremen. An rund 30 großen Forschungsvorhaben arbeitet das Fibre zurzeit. Neben der Forschung auf den Gebieten des Leichtbaus und der Faserverbundwerkstoffe widmet sich das Fibre dabei auch den „Technischer Textilien“, die später in den unterschiedlichsten Produkten integriert sein können. Beispiele dafür sind Airbags, Luftfilter, Hohlfasern als Dialysemembranen oder auch Geigensaiten.
„Die Carbonfaser ist die Königin der Verstärkungsfasern.“
Christoph Hoffmeister, Verfahrensingenieur am Fibre
Der Grundstein hierfür wurde bereits vor mehr als 100 Jahren gelegt. Wie viele Bremer Erfolgsgeschichten beginnt auch die des Fibre im Hafen. Bereits im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Hansestadt zum Hauptimporthafen für Baumwolle in Zentraleuropa. Die damaligen Auswandererschiffe, die auf ihrer Rückfahrt von den USA nach Bremen unterwegs waren, suchten sinnvolle Fracht – und entschieden sich für Baumwolle. 1872 gründete sich die Bremer Baumwollbörse, weitere rund 60 Jahre später wurden dort erste Prüfverfahren zur Qualitätskontrolle der Fasern entwickelt. 1955 entstand das Baumwolllabor in der Hansestadt unter der Leitung von Dr. Fritz Hadwich. Die Aufgaben wurden umfangreicher, die Anforderungen komplexer. So entschied man sich 1969, die Labore für Baumwolle und Wolle in ein unabhängiges Institut zu überführen. Das Fibre war geboren.
Insbesondere der Arbeit des seit 2001 als Institutsleiter tätigen Prof. Dr. Axel S. Herrmann ist es zu verdanken, dass sich das Fibre in den vergangenen Jahren sehr konsequent dem Thema Leichtbau verschrieben hat. So entstanden neue Kooperationen mit Airbus und Partnern aus der Luftfahrttechnik. Auch nach außen hin wurde dies ab 2005 sichtbar, nachdem das Fibre durch die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems und der Akkreditierung des Labors seine Organisation festigte. Die Folgejahre waren durch ein stetiges Wachstum der Anzahl der Beschäftigten und von Forschungs- und Entwicklungsprojekten gekennzeichnet.
Heute arbeitet die Hälfte der Beschäftigten im Ecomat in der Bremer Airport-Stadt in unmittelbarer Nähe zu Airbus. Im rund 73 Millionen Euro teuren Neubau entwickelt das Faserinstitut zusammen mit Industrie- und Forschungspartnern Leichtbaulösungen für morgen. Dazu zählen neben dem Hauptmieter Airbus, unter anderem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Firma Testia und das Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT). „Arbeiten mit Partnern und Nachbarn“, beschreibt Christoph Hoffmeister einen der Vorteile des neuen Forschungszentrums, das erst im Mai eingeweiht wurde.
Brücke zwischen Forschung und Anwendung
Dass die Brücke zwischen Forschung und Anwendung trotz Einzugs in das Ecomat bestehen bleibt, dafür sorgen zahlreiche akademische Angebote. Mit insgesamt sieben Vorlesungen an der Universität Bremen und der Hochschule Bremerhaven sowie jährlich rund 50 Abschlussarbeiten und studentischen Projektarbeiten leistet das Institut einen wichtigen Beitrag für die Ausbildung von Studierenden in den Ingenieurswissenschaften. Hinzu kommen zahlreiche Netzwerke, die sich in den vergangenen Jahren zwischen Wirtschaft, Industrie und Forschungseinrichtungen gebildet haben. Die Rahmenbedingungen könnten kaum besser sein für eine erfolgreiche Zukunft – und der Wirtschaftsstandort Bremen spielt dabei eine herausragende Rolle.
Bastian Müller
Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation
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Über das Ecomat
Erfolgsgeschichten
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