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16.3.2017 - Sonja Bleibenich

Raumfahrtmission in der Getränkedose

Luft- und Raumfahrt

Bundesweiter CanSat-Wettbewerb für Schüler startet wieder in Bremen

Gruppenbild beim Raketenstart in Rotenburg (Wümme) im Rahmen des Deutschen CanSatWettbewerbs 2016
Gruppenbild beim Raketenstart in Rotenburg (Wümme) im Rahmen des Deutschen CanSatWettbewerbs 2016 © DLR (CC BY 3.0 DE)

Ein "Satellit" in der Größe einer Getränkedose: Das ist CanSat. Es ist aber auch ein bundes- und europaweiter Wettbewerb, in dem Schüler-Teams diese Satelliten entwickeln, bauen, programmieren – und starten lassen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Knowhow erfordert und Jugendliche sehr praktisch für Technikentwicklung und Raumfahrt begeistert. Die Wirtschaftsförderung Bremen unterstützt diese überzeugende Initiative. 

Dr. Daniel Borowski, Physik-Lehrer am Gymnasium Vegesack, hat den deutschen Wettbewerb – als Ableger des europaweiten CanSat-Wettbewerbs der Europäischen Weltraumbehörde ESA – in Bremen mit initiiert. Der 47-Jährige erläutert im Interview den Stand der Dinge.

Dr. Daniel Borowski (links) mit Schülern bei der Präsentation der Projekte des Deutschen CanSatWettbewerbs 2016.
Dr. Daniel Borowski (links) mit Schülern bei der Präsentation der Projekte des Deutschen CanSatWettbewerbs 2016 © Spacebenefit (CC BYNC 3.0 DE)

Zum vierten Mal ist der deutsche Wettbewerb jetzt ausgeschrieben, zehn Teams kommen in die Endauswahl. 2016 waren mit dem Technischen Bildungszentrum Bremen-Mitte, dem Ökumenischen Gymnasium und dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium drei der zehn Teilnehmer aus Bremen. Gibt es einen Grund für diese „Bremer Note“?

Dr. Daniel Borowski: Es gibt mehrere. Bremen ist ein Standort mit langer Tradition in der Luft- und Raumfahrt. Außerdem wurde 2006 auf Initiative der Hochschule Bremen in Kooperation mit dem Gymnasium Vegesack und dem Ökumenischen Gymnasium ein Oberstufenprofil Luft- und Raumfahrt ins Leben gerufen, später kam das Technische Bildungszentrum Bremen-Mitte dazu. Im Bildungsbereich gibt es inzwischen also drei Schulen, die mit dem Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt arbeiten; daneben das DLR-School-Lab als außerschulischen Lernort. Aus dieser Kooperation heraus ist dann auch der deutsche CanSat-Wettbewerb entstanden. Natürlich erreichen wir mit dem Wettbewerb, der bundesweit ausgeschrieben ist, die Bremer Schulen besonders gut.

Die technischen Anforderungen des Schülerwettbewerbs sind recht ausgefeilt: Der Mini-Satellit wird während des Wettbewerbs mit einer Rakete auf eine Höhe von mehreren hundert Metern gebracht und muss dann im Sinkflug per Fallschirm Aufgaben erfüllen. Worauf kommt es an?

Die Anforderungen sind in der Tat recht vielfältig und anspruchsvoll, weshalb sich der Wettbewerb vor allem an Oberstufenschüler richtet. Sie müssen sich eine Mission überlegen, die in wissenschaftlicher, technischer und/oder gesellschaftlicher Hinsicht interessant ist. Dann gilt es, technische Herausforderungen zu bewältigen. Dazu gehört, eine elektrische Schaltung zu entwickeln und zu löten, einen Microcontroller zu programmieren und ein Bergungssystem zu entwickeln, damit der Satellit nach seiner Mission auch wieder heil unten ankommt. Hier ist zum Beispiel eine bestimmte Fallgeschwindigkeit vorgeschrieben, die erfüllt werden muss. Das Ganze muss in eine Getränkedose passen. Das sind alles Aufgaben, die über das normale Schulcurriculum hinausgehen.

Bei der Teilnahme an CanSat steht basteln und löten auf dem Stundenplan.
Bei der Teilnahme an CanSat steht basteln und löten auf dem Stundenplan. © DLR (CC BY 3.0 DE)

Was haben sich Teams in der Vergangenheit einfallen lassen?

Das Siegerteam 2015, die „URS Investigators“ von einem Mädchengymnasium in Köln, hatten zum Beispiel die Suche nach außerirdischem Leben simuliert. Das setzt die Existenz von Wasser voraus. Die Schülerinnen hatten es sie sich also zur Aufgabe gemacht, Wasser in Form von Luftfeuchtigkeit nachzuweisen.

2016 hat ein Bremer Team gewonnen, das ein Navigationssystem für Sonden entwickelt hat, die auf einem fremden Planeten landen. Ein GPS-Satellit ist dort ja nicht verwendbar. Das ist sehr anwendungsnah. 

Dr. Daniel Borowski, Physiklehrer am Gymnasium Vegesack und Mitinitiator des deutschen CanSat-Wettbewerbs

Was ist aus Ihrer Sicht das Zentrale am Wettbewerb? Was lernen die Teilnehmenden?

Es sind nicht nur technische Herausforderungen zu meistern, sondern die Teams müssen auch die Finanzierung planen, Mittel einwerben und Öffentlichkeitsarbeit leisten: Alles orientiert sich eben an einer echten Raumfahrtmission. Das können die Teilnehmer nur bewältigen, wenn sie gut im Team zusammenarbeiten, das ist ein zentraler Aspekt. 

Über welchen Zeitraum erstreckt sich der Wettbewerb?

In diesem Jahr ist es so: Die Bewerbungsfrist für die Teams endete am 3. Februar. Zwei Wochen später wurde bekannt gegeben, wer von der Jury ausgesucht wurde. Ende März gibt es zum Start einen Lehrer-Workshop, dann geht es los und zieht sich über einige Monate. Die Teilnehmer haben eine hohe Bereitschaft, über die Unterrichtszeit hinaus an ihrem Projekt zu arbeiten. Vom 25. bis 29. September kommen sie dann in Bremen zur Start-Kampagne zusammen.

Der Wettbewerb ist ursprünglich von der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) initiiert worden, Sie selbst haben sich engagiert, um den deutschen Wettbewerb in Bremen auszurichten. Mit welchem Zweck und Ziel?

Ganz klar: junge Menschen für die Naturwissenschaften und Technik zu begeistern, Raumfahrt im Besonderen. Die ESA verfolgt damit das Ziel, Nachwuchs zu generieren. Gemessen am Bedarf interessieren sich zu wenig junge Menschen für naturwissenschaftlich-technische Berufe, weshalb die Förderung der MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, ja ein Thema ist. Und wir können den Schülern, die schon ein Interesse am Thema haben, ein Projekt anbieten, das ihnen noch mal einen Schub gibt.

Es geht uns auch darum, die öffentliche Wahrnehmung Bremens als Luft- und Raumfahrt- und als Bildungsstandort zu stärken.

Dr. Daniel Borowski, Physiklehrer am Gymnasium Vegesack und Mitinitiator des deutschen CanSatWettbewerbs

Welche Rückmeldungen haben Sie in den vergangenen Jahren von den Teilnehmenden bundesweit bekommen?

Sie sind immer sehr begeistert, hatten Spaß am Gebastel und Gelöte. Der Raketenstart in Rotenburg ist natürlich eine besondere Erfahrung.

Raketenstart in Rotenburg (Wümme) beim Deutschen CanSat-Wettbewerb 2016.
Raketenstart in Rotenburg (Wümme) beim Deutschen CanSat-Wettbewerb 2016. © DLR (CC BY 3.0 DE)

Es entwickelt sich übrigens eine interessante Dynamik im Verlauf des Wettbewerbs: Obwohl die Teams ja eigentlich Konkurrenten sind, helfen sie sich gegenseitig. Ansonsten ist die Woche, in der die Teilnehmer alle in Bremen sind, sehr vollgepackt, weil wir auch ein umfangreiches Begleitprogramm anbieten. Wir besichtigen beispielsweise den Fallturm am ZARM, besuchen Airbus und die Integrationshalle bei OHB, wo die Satelliten zusammengebaut werden. Von einer Teilnehmerin aus dem ersten Siegerteam wissen wir, dass sie zum Studieren nach Bremen gekommen ist.

Das Siegerteam darf anschließend zum europäischen CanSat-Vergleich. Gibt es bereits Erfolge zu vermelden?

Ja, die Sieger der ersten beiden Wettbewerbe wurden jeweils Vize-Europameister. Der Sieger von 2016 geht Ende Juni an den Start. Es ist das Team „Recognize“ vom Bremer Humboldt-Gymnasium. Auch hier sind wir guter Dinge.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ganz einfach, dass es so erfolgreich weitergeht wie bisher!

Vielen Dank für das Gespräch!


Weitere Informationen zum Luft- und Raumfahrtstandort Bremen finden Sie hier auf unserer Seite.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Raumfahrt ist Dr. Barbara Cembella, Clustermanagerin Raumfahrt, Tel. 0421 9600-340, barbara.cembella@aviaspace-bremen.de.

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