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15.5.2018 - Jann Raveling

Wem gehören Windkraftanlagen?

Windenergie

Die Eigentümerschaft in der Windenergiebranche: Wer Windkraftanlagen finanziert und besitzt

Weites Land, viel Wind: Die Windenergie in Deutschland hat eine bunte Eigentümerstruktur.
Weites Land, viel Wind: Die Windenergie in Deutschland hat eine bunte Eigentümerstruktur.

Wem gehören Windkraftanlagen? Auf diese Frage gibt es viele Antworten, je nachdem ob an Land oder auf der See. Ob große Konsortien, Bürgergemeinschaften oder Landwirte: Windkraftanlagen werden von unterschiedlichsten Quellen finanziert.

2017 hat die in Deutschland installierte Windenergie 55 Gigawatt überschritten – was rein rechnerisch der installierten Leistung von mehr als 40 Atomkraftwerken entspricht. Nur ein kleiner Teil davon – circa zehn Prozent – auf See, die Mehrheit der Windkraftanlagen steht an Land. Aber egal ob an Land oder auf See, eine Windkraftanlage ist teuer und kann schnell mehrere Millionen Euro kosten. Bei Offshoreanlagen gilt die Faustregel: zwei bis vier Millionen Euro pro Megawatt Leistung. Bei einem großen Windpark mit 80 oder mehr Anlagen (zum Beispiel BARD Offshore 1) gehen die Kosten so schnell in die Milliarden. Wer finanziert dieses Investment?

Dazu werfen wir einen Blick auf die Eigentümerstruktur in der Windkraftbranche. Zu Offshore-Projekten gibt es zum Ende des Artikels einen gesonderten Absatz, denn Offshore-Projekte sind aufgrund ihrer Dimensionen und ihrer Komplexität deutlich kostenintensiver und werden anders finanziert als Windparks an Land.

Wem gehören Windkraftanlagen? Eine Übersicht über die Anteilseigner:

Privateigentümer

Hinter ihnen stehen die so genannten Bürgerwindparks. Sie machen mit 39 Prozent sogar den größten Anteil in der Onshore-Windenergie aus, so eine aktuelle Studie des Trend- und Marktforschungsinstituts trend:research. Privateigentümer meint zumeist Gesellschaften, deren Anteilseigner Privatpersonen sind, häufig Anwohner direkt aus der Gemeinde, in der der Park errichtet wird. Sie gründen gemeinsam eine GmbH oder eine eingetragene Genossenschaft (eG), deren Gesellschafter sie sind. Die Gewinne aus der Energieerzeugung werden den Gesellschaftern jährlich ausgeschüttet. Finanziert werden solche Projekte aus einem Teil Eigenkapital sowie Darlehen von Banken und Förderinstituten. Mit der Planung, Projektierung und dem späteren Betrieb werden externe Dienstleister oder selbst gegründete Betriebsgesellschaften beauftragt.

Projektierer

Projektierer sind Unternehmen, die sich mit der Planung, der Projektentwicklung, dem Bau und dem Management von Windparks befassen. In dieser Rolle sind sie grundsätzlich nicht Eigentümer der Windkraftanlagen, sondern mit der Realisierung eines Parkprojekts beauftragt. Da aber das Know-how ohnehin schon vorhanden ist, betreiben viele Projektierer auch eigene Parks und geben Anleihen an Investoren aus, beteiligen sich als Anteilseigner oder verkaufen sie komplett an Investoren. Beispiele für Projektierer aus Bremen sind die wpd AG, die Energiekontor AG oder die Energiequelle GmbH. Sie machen knapp ein Viertel (23 Prozent) der Land-Eigentümer aus.

Fonds/Banken

Wie jedes große Investitionsprojekt müssen auch Windparks durch Kredite finanziert werden. Banken profitieren aber nicht nur durch Kreditvergabe vom Windkraftboom – sie mischen auch selbst mit, indem sie sich an Vorhaben beteiligen, vor allembei den sehr kostenintensiven Offshore-Projekten. So wird etwa der erste kommerzielle Windpark auf deutscher See, BARD Offshore 1, von der Ocean Breeze Energy GmbH & Co. KG betrieben, die wiederum zu 100 Prozent der UniCredit Bank AG aus München gehört.

Ernergieversorger (EVU)

Energieversorgungsunternehmen gehören knapp 15 Prozent aller Windkraftanlagen an Land. Diese lassen sich wiederum in internationale, überregionale und regionale Energieversorger unterteilen. EVU betreiben Kraftwerke, Stromnetze und Energieinfrastrukturen und rechnen die Stromerzeugung mit Privathaushalten oder Unternehmen ab. Besonders bei Offshoreprojekten beteiligen sich überregionale und internationale Energieversorger aufgrund der hohen Investitionssummen. Auf dem Land engagieren sich auch kleine, regionale EVUs wie etwa Stadtwerke, wenngleich diese Abgrenzung fließend ist. So haben etwa die Stadtwerke Bochum Anteile zu zehn Prozent am Trianel Offshore-Windpark vor Borkum erworben.

„Große 4“

Eine gesonderte Erwähnung in der Liste der Windkraftanlagen-Besitzer verdienen die großen Vier der deutschen Energieerzeugungslandschaft als umsatzstärkste Unternehmen: E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall. Während sie nur an einem kleinen Teil der Landwindkraftanlagen beteiligt sind, betragen ihre Anteile im Offshorebereich 23 Prozent. Das liegt daran, dass die hohen Investitionskosten dieser Parks von kapitalstarken Unternehmen einfacher gestemmt werden können.

Gewerbe

Mit knapp über sechs Prozent macht das Gewerbe nur einen kleinen Teil derjenigen aus, denen Windparks gehören. Industriebetriebe können mit Windkraftanlagen, ob einzeln oder gleich zu mehreren, ihre Energiebilanz verbessern, Emissionen reduzieren, Eigenstrom erzeugen und Positives für ihr Image schaffen. Das eignet sich vor allem für kommunale oder kommerzielle Betriebe, die über große Grundflächen verfügen und an geeigneten Stellen stehen, etwa Mülldeponien-Betreiber. Denn häufig steht die Aufstellung von Windrädern im Konflikt mit anderen Interessen der Anrainer der jeweiligen Gewerbe- und Industriegebiete.

Landwirte

Viele Landwirte besitzen Ländereien, die sich hervorragend für Windkraftanlagen eignen. Aus diesem Grund verpachten sie ihre Grundstücke an die Betreiber- und Eigentümergesellschaften und profitieren von den Pachteinnahmen. Manche Landwirte bauen aber auch eigenständig einzelne Windkraftanlagen auf ihrem Gelände, um so eine weitere Einnahmequelle für sich zu generieren. Dabei nutzen sie häufig den erzeugten Strom zur Eigenbedarfsdeckung und erst in zweiter Linie zur Einspeisungsvergütung.

Die starke Zunahme im Offshorebereich verteilt sich vor allem auf die großen Player
Die starke Zunahme im Offshorebereich verteilt sich vor allem auf die großen Player © trend:research, Eigentümerstruktur: Erneuerbare Energien, 2018

Wem gehören Offshore-Windkraftanlagen?

Aufgrund der hohen Kosten von ein bis zwei Milliarden Euro bei der Errichtung eines Offshore-Parks mit mehreren hundert Megawatt Leistung (Beispiel: Veja Mate in der Nordsee, 402 MW Leistung, 1,9 Milliarden Euro Finanzierungsvolumen), sieht die Eigentümerstruktur auf See anders aus als an Land. Um einen Windpark auf die Beine zu stellen, bilden sich meist Konsortien aus Finanzdienstleistern, Energieversorgern und Projektierern. Am Beispiel „Veja Mate“, der 2017 seinen Betrieb aufgenommen hat, lässt sich ein typisches Finanzierungs-Konglomerat erkennen: Neben der KfW-Bank beteiligt sich der dänische Exportkreditversicherer EKF sowie sechs Geschäftsbanken, darunter die Commerzbank, Deutsche Bank, Natixis, Banco Santander und Sumitomo Mitsui. Darüber hinaus stiegen private Investoren wie die von Copenhagen Infrastructure Partners (CIP) gemanagte Fonds, die Holding Highland Group und Siemens Project Ventures als Herstellerbeteiligung mit ein.

Offshore haben die großen Vier sowie Fonds/Banken die größten Anteile an der Eigentümerstruktur mit über 60 Prozent, den Rest teilen sich internationalen und regionalen EVU auf.

Wem gehört die Windenergie künftig?

Der Energiemarkt befindet sich im Wandel. „Projektierer, Fonds/Banken und Energieversorger engagieren sich in den Erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren deutlich stärker. Somit verlieren die Privatpersonen relativ gesehen Anteile“, resümiert Dirk Briese, Geschäftsführer von der trend:research GmbH. In ihrer 2018 erschienen Studie „Eigentümerstrukturen in den Erneuerbaren Energien“ haben die Marktforscher den gesamten Markt in Deutschland analysiert und umfassend dargestellt.

Auch bei der Windenergie an Land verlieren die Privatpersonen künftig Anteile, da Bürgerprojekte in Wahrheit stärker von Projektierern getragen werden und weniger von Privatpersonen selbst, wie sich in der Analyse der neuesten Ausschreibungsrunde 2017 gezeigt hat. „Bei den zuletzt in den Ausschreibungen zugeschlagenen Projekten handelt es sich nicht um „reine“ Bürgerprojekte. Je nach Abgrenzung beziehungsweise Definition kann das zukünftig zu weiteren Veränderungen der Anteile führen“, so Briese.

Eines bleibt aber gleich: Die stetige Zunahme der Windkraft am Energiemix. So hatte 2017 die Energieerzeugung aus Windenergie schon den zweitgrößten Anteil an der Nettostromerzeugung in Deutschland. (Quelle: Fraunhofer ISE) Und mit dem Ausbau der Offshore-Parks wird dieser Anteil noch zunehmen.


Welche Unternehmen in Bremen und Bremerhaven die Windkraft ausmachen, dass erfahren Sie in unserem Artikel "10 Windenergieunternehmen in Bremen – von hier weht der Wind!"


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Näheres zur Windkraft gibt es bei Dieter Voß, Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Abteilung Industrie, Innovation, Digitalisierung, 0421 361-32175, dieter.voss@wah.bremen.de

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