
Manchmal können kleine Innovationen ein großes Problem lösen. REETEC und Gullyver ist das für die Windenergiebranche gelungen: Sie haben ein kompaktes Kamerasystem entwickelt, mit dem Rotorblätter von Windenergieanlagen besonders gründlich von innen inspiziert werden können – vertikal. Kai Jäger, Bereichsleiter Rotorblatt und Turmservice (REETEC) und Sebastian Anders, Geschäftsführer von Gullyver Gesellschaft für mobile Inspektionssysteme, erklären, wie das funktioniert.
Harmonisch wiegen sich die hohen Gräser und Blumen im Garten vor dem Gebäude der Firma REETEC im Wind. Passend für den Windenergiedienstleister, der in der Bremer Überseestadt seinen Firmensitz hat. Von hier aus werden Teams koordiniert, die für Windparkbetreiber Rundum-Services erbringen. Der Rotorblatt-Service für Onshore- und Offshore-Anlagen gehört dazu. Oben an den Rotorblättern weht hingegen ein deutlich weniger harmonischer Wind: „Onshore- und offshore sorgen Sandpartikel, Salzkristalle und Regen für eine Erosion der Blattoberfläche. Und im Blattinneren können Stege, Schotten oder Rippen defekt und Delaminationen vorhanden sein“, erklärt Kai Jäger.
Nur 40 Prozent des Rotorblatts sind begehbar
Alle zwei Jahre müssen die Anlagen daher inspiziert werden – so steht es in den „Grundsätzen für die zustandsorientierte Instandhaltung von Windenergieanlagen“. Allerdings gilt dies nur für die begehbaren Bereiche der Anlage. Weil sich das Blatt zur Spitze hin verjüngt, sind aber nur rund 40 Prozent begehbar. „Das war uns zu wenig. Als kleines Unternehmen sind wir gut darin, Sonderlösungen zu finden“, sagt Sebastian Anders. Seine Firma aus der Bremer Neustadt ist auf die Herstellung von Systemen zur Kamerainspektion von Brunnen, Kanälen und Rotorblättern spezialisiert.
Bereits seit längerer Zeit bietet Gullyver einen Kamerawagen für die Inspektion von Rotorblättern an. Dieser fährt waagerecht in das Rotorblatt hinein: entweder noch im Werk, als Teil der Qualitätssicherung vor der Auslieferung oder während der Inspektion einer Windenergieanlage. Dann werden die Rotorblätter bei einer 3-Uhr-Position arretiert und der Kamerawagen fährt hinein. Das funktioniert aber nicht immer reibungslos: „An manchen Hindernissen im Blatt kommt der Kamerawagen einfach nicht vorbei, oder die Krümmung des Blatts macht ein durchgängiges Befahren unmöglich. Also mussten wir uns etwas anderes überlegen“ berichtet Anders.
Die Idee: Vertikale Inspektion von Rotorblättern
Und so kamen Jäger und Anders auf eine verblüffend einfache, aber sehr praktische Idee: Sie entfernten die Räder des Wagens und machten ihn damit zur Kamerasonde: „Wenn wir jetzt das Rotorblatt in der 6-Uhr-Position – also vertikal – arretieren, können wir das Gerät einfach langsam in das Blatt absinken lassen. Bei dieser vertikalen Inspektion sind keine Hindernisse mehr im Weg, und die hochauflösende Kamera kann den Innenbereich filmen“, sagt Anders.
