Neben dem Erfolg des neuartigen Raketenantriebs mit Kerzenwachs sorgte bei den beteiligten Studierenden vor allem für Begeisterung, dass sie außerhalb von Vorlesungen und Seminaren an der Uni auch die Chance bekamen, bei Projekten wie ZEpHyR mitzuarbeiten. Die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis am Wissenschaftsstandort Bremen und Bremerhaven ermöglicht Einblicke in die Arbeit wissenschaftlicher Einrichtungen, die andernorts womöglich nicht gegeben sind. Allein bei ZEpHyR waren in den vier Projektjahren 40 Studierende in den unterschiedlichsten Projektbereichen involviert.
Wir sprachen mit Dr.-Ing Peter Rickmers, bisher Leiter der Abteilung Space Propulsion and Energy Systems (SPES), Raumfahrtantrieb und Energiesysteme am ZARM, seit dem 1. Juni 2016 beim DLR in Bremen. Ebenfalls im ZEpHyR-Team und unser zweiter Gesprächspartner: Student Thomas Ganser, B.A. Produktionstechnik mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt. Er war vor allem für die Konstruktion und die Antriebstests zuständig. Und er war derjenige, der den Startknopf drücken durfte.
Studierende, die mit Spaß und viel Leidenschaft dabei sind
Als Studierender hat man am ZARM viele Möglichkeiten, die erlernte Theorie in der Praxis anzuwenden. Es gibt die Abschlussarbeiten, die Praktikums- und Hiwi-Stellen, Programme wie STERN, Rexus/Bexus oder Drop your Thesis. Projekte wie ZEpHyR müssen doch heiß begehrt sein unter den Studierenden. Was muss man denn tun, um daran teilnehmen zu können?
Rickmers: Ja, das stimmt. Zur Projektphase des Raketenstarts waren wir neun Studierende und ich. Insgesamt im Projekt waren es aber 40, die zu irgendeinem Zeitpunkt in den letzten vier Jahren mitgearbeitet haben. Mal sind die Studierenden sechs, mal drei Monate oder auch mal ein Jahr im Projekt.
Ganser: Wie bin ich darauf gekommen? Es gab hier damals ein Praktikum. Da habe ich Peter das erste Mal angesprochen, ob eine Mitarbeit bei ZEpHyR möglich sei. Es war dann auch so, dass jemand gebraucht wurde für die Konstruktion. Und dann bin ich ihm so lange auf die Nerven gegangen, bis er mich genommen hat [lacht]. Und jetzt war ich anderthalb Jahre dabei!
Warum haben Sie sich denn für ein Studium an der Uni Bremen entschieden, Herr Ganser?
Ganser: Ich habe eigentlich mit Physik angefangen und habe dann zu Produktionstechnik mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt gewechselt. Weil es mich interessiert hat. Und ich bin gebürtiger Bremer. Die gehen ja selten weg [lacht]. Ich habe kein Problem damit irgendwann mal anderswo zu leben, aber es bot sich hier so an. Und ich habe es nie bereut. Beim Fachwechsel ging es mir um die Luft- und Raumfahrt. Ich weiß von Kommilitonen, dass man das nicht überall in Deutschland studieren kann. Es gibt nur ein paar ausgewählte Universitäten, die diesen Schwerpunkt anbieten.
Rickmers: Die Umgebung hier ist auch optimal. Wenn man im Bereich Luft- und Raumfahrt in Norddeutschland tätig sein möchte, dann gibt’s Bremen. Man kann natürlich noch Luftfahrt in Hamburg studieren, aber das ist entsprechend ausschließlich luftfahrtorientiert und hat mit Raumfahrtforschung nicht viel gemein. Wenn es einem aber um die Raumfahrt geht, dann ist man hier in Bremen genau am richtigen Ort. Und Thomas hat Recht, es gibt nicht so viele Unis, die diesen Studiengang anbieten und dann auch noch so viele Unternehmen und Institute im engsten Umkreis haben, die eine praktische Ausbildung bieten können. Wir haben hier zwar große Firmen und viele Leute, aber es ist nicht weitläufig.
Das stimmt. Die Stadt der kurzen Wege. Zeigen die Studierenden denn häufig Eigeninitiative und fragen bei den wissenschaftlichen Einrichtungen an, ob sie sich engagieren können?
Ganser: Es gibt viele Stellen für Studierende. Nicht nur im STERN-Projekt, sondern generell an der Uni. Einige werden nicht ausgeschrieben. Daher lohnt es sich immer Professoren direkt anzusprechen. Die wissen dann eventuell, wo was frei ist und können einen vermitteln.
Rickmers: Einen Standardweg gibt es eigentlich nicht. Das ist total unterschiedlich. Viele kommen zum Beispiel über Master-Projekte und Bachelor-Arbeiten rein. Häufig kommen einige durch das Labor dazu, über Vorlesungen und über Hörensagen von einem Studierenden zum nächsten – nach dem Prinzip "Ich kenne da noch jemanden". Viel geht über Vernetzung und Kommunikation zwischen den Studierenden.
Einsatzbereitschaft, die sich gelohnt hat, Herr Ganser?
Ganser: Manchmal habe ich mich gewundert, dass ich dafür bezahlt werde [lacht]. Wenn man sich so fühlt bei der Arbeit, dann ist das schon sehr schön. Ich wollte einfach dabei sein! Ich wollte eine Rakete konstruieren und die dann auch fliegen sehen. Und das ist auf jeden Fall – gerade für einen Studenten – sehr attraktiv. Nach den drei Startabbrüchen konnten wir den Aufenthalt in Kiruna ja verlängern und das ganze Team ist da geblieben. Einige mussten eigentlich arbeiten, es haben aber alle ihre Termine abgesagt. Dieser Rückhalt, den wir im Team hatten, der war großartig. Das war ein schönes Gefühl.
Rickmers: Ich hatte gehofft, dass die Hälfte des Teams bleibt – die haben ja auch alle Verpflichtungen. Dass wir erst seitens des DLR verlängern konnten und dass dann alle mitgezogen haben, war wirklich großartig.
Das Team zog an einem Strang - oder an der Rakete. Der Zusammenhalt im Team war einer der Gründe, warum die Arbeit an der Kerzenwachs-Rakete so viel Spaß machte.
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