Hand in Hand mit dem Roboter
Digitalisierung / Industrie 4.0Mensch-Roboter-Kollaboration in der Produktion: Das Projekt AutARK
Die Block Transformatorenwerke in Verden. Roboter bewegen in der Produktion die bis zu 200 Kilogramm wiegenden Elektrogeräte, aber noch immer müssen Angestellte kiloschwere Einzelteile per Hand zusammensetzen. Eine auf Dauer körperlich anstrengende Arbeit, die nur teilweise und umständlich mit Kränen unterstützt wird.
Praktischer wären da Roboter, die dem Menschen zur Hand gehen, die Werkteile halten und bewegen, sodass Beschäftigte nur dort aktiv eingreifen, wo die Fähigkeiten des Roboters aufhören. Diese enge Zusammenarbeit ist bisher undenkbar – denn Industrieroboter, die schwere Lasten bewegen, stellen ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Aus diesem Grund schalten sie heute noch automatisch ab, sobald sich eine Person nähert.
Mit dem Roboter auf Tuchfühlung
Ein vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördertes Forschungsprojekt mit Bremer Beteiligung will den starken Arm des Roboters mit der feinen Hand des Menschen kombinieren. Es heißt „AutARK“ und geht neue Wege in der so genannten Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK). „Wir wollen den nötigen Sicherheitsabstand soweit verringern, dass eine Zusammenarbeit möglich wird – Ziel sind effizientere, platzsparende Abläufe in der Montage“, sagt Pierre Taner Kirisci, Innovationsmanager bei Pumacy Technologies.
Das Berliner Unternehmen mit einer Niederlassung in Bremen steuert in dem Projekt Know-how im Bereich Prozessmanagement bei, während das Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) Wissen um Sensorik einbringt, sowie das Labor zur Erprobung des Prototypen stellt. Außerdem beteiligt ist die süddeutsche Arend Prozessautomation im Bereich der Robotersteuerung sowie die Verdener Block Transformatoren-Elektronik GmbH, die Praxiswissen beisteuern.
Neue Wege gehen
Alle vier Partner haben sich zusammen Großes vorgenommen. „Bisherige MRK-Ansätze sind kamerabasiert. Dieser Weg ist aber limitiert, Kameras können nur einen starren Winkel erfassen und brauchen gute Beleuchtung. Wir nutzen eine andere Technik“, so Kirisci. Die basiert auf dem Vorgängerprojekt „InSA“ des BIBA. Darin wurden Wearables getestet – Kleidungsstücke oder Armbänder, die mit Sensoren ausgerüstet sind und jederzeit die Position des Trägers oder der Trägerin weitergeben. Diese Technologie soll weiterentwickelt im Projekt „Autark“ zum Einsatz kommen. „Wir können so bis auf wenige Zentimeter genau die Position von Körper und Händen bestimmen und diese Sensordaten an den Roboter in Echtzeit übergeben“, erläutert Kirisci.
Unterstützt wird dieses System von einer künstlichen Intelligenz, die aus realen Anwendungsdaten lernt und somit die Arbeit zwischen Mensch und Roboter immer weiter verbessert. „Wir wünschen uns ein lernfähiges System, das später in der Fabrik auf Arbeitsabläufe eingehen kann und zusammen mit dem Menschen daran arbeitet, Prozesse zu optimieren und die Ergonomie zu erhöhen“, so Kirisci.
Sicherheit oberstes Gebot
Eine der größten Herausforderungen im Projekt ist es, die Sicherheit zu gewährleisten. Aus diesem Grund sind sämtliche Sensoren redundant ausgelegt. Zusätzlich erfassen Laserscanner das Geschehen – eine zweite Sicherheitsebene. Ziel ist nicht nur ein funktionierender Prototyp – ein sogenannter Demonstrator – sondern ein zertifizierungsfähiges, herstellerunabhängiges System, quasi die Vorstufe zu einer Zulassung im Serienbetrieb. „Wir arbeiten dazu mit den Berufsgenossenschaften zusammen, um Anforderungen an Normen und Gesetzen zu entsprechen“, berichtet der Innovationsmanager.
Produktion digitalisieren
Neben der Gewährleistung der Arbeitssicherheit ist die Datenerfassung die zweite große Herausforderung für die Forscherinnen und Forscher. „Sämtliche Arbeitsprozesse in einer Montagelinie bei Block Transformatoren zu erfassen, auszuwerten und digital nachzumodellieren wird uns einen großen Teil der zweijährigen Projektzeit beschäftigen“, spricht Kirisci über das Arbeitspaket des Prozessspezialisten Pumacy Technologies im Forschungsvorhaben. „Zusätzlich wollen wir diesen Vorgang automatisieren, denn bei neuen Arbeitsabläufen soll das System ja eigenständig dazulernen können.“
Das Projekt endet 2020, in den Folgejahren könnte eine Zertifizierung und Zulassung angestrebt werden. Bis Roboter und Mensch also tatsächlich Hand in Hand arbeiten, wird noch eine Weile vergehen. Zeit für Pierre Kirisci und sein Team, sich auch Gedanken über eine weitere große Herausforderung in der MRK zu machen: „Es wird eine neue Art des Arbeitens auf uns zukommen – wie der Menschen darauf reagiert, wie wir Arbeiterinnen und Arbeiter schulen und mitnehmen in die neue Arbeitswelt, das wissen wir noch nicht; müssen wir aber von Anfang an mitdenken.“
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Kai Stührenberg
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