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21.6.2016 - Jann Raveling

Bremer Informatiker auf dem Weg zum Weltmeistertitel – im Roboterfußball

Digitalisierung / Industrie 4.0

Team B-Human der Universität Bremen ist weltklasse

Bis 2050 soll eine Mannschaft aus autonomen Robotern gegen die amtierenden menschlichen Fußball-Weltmeister antreten - und gewinnen! Das ist das Ziel von RoboCup, der FIFA des Roboterfußballs und Veranstalter des gleichnamigen Turniers, dessen Weltmeisterschaft im Juli 2016 in Leipzig stattfand. Klingt zunächst wie ein fernes Vorhaben, wenn man sich die hundegroßen Roboter wie vom Bremer B-Human Team anschaut. Mit kleinen Tippelschritten suchen sie den Ball, platzieren sich behäbig dahinter, schießen etwas ungelenk. Wenn sie nicht gerade umfallen.


Aber der Eindruck täuscht: Die Roboterforschung hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt. Bekannt geworden sind etwa die zwei- und vierbeinigen Laufroboter von Boston Dynamics, die selbst im unwegigen Terrain sicher operieren können:

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Auch wenn die Roboter des Bremer Teams kleiner sind, werden an ihnen wichtige Aspekte auf dem Weg zum Robo-Ronaldo erforscht: Wahrnehmung von Objekten im Raum, autonomes Handeln oder Kommunikation und Abstimmung untereinander. "Fußball ist sehr komplex: schnelles Reagieren, Teamplay, das Erlernen von neuen Situationen im Spiel – das macht die Disziplin sehr spannend für Roboterforscher", sagt Dr. Thomas Röfer. Er forscht am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) innerhalb der Gruppe Multi-sensorielle interaktive Systeme im Forschungsbereich Cyber-Physical Systems. Und er leitet das B-Human Team. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem DFKI und der Universität Bremen.


Zwischen Fußballarena und Lan-Party: Bremer Informatik-Studierende tüfteln an Robo-Spielern

Das besteht aus 25 Studenten. B-Human setzt auf den Nao-Roboter des französischen Herstellers Aldebaran Robotics. Mit ihm spielen sie in der sogenannten "Standard-Platform"-Liga. Alle Teams dieser Liga verwenden den gleichen Roboter – nur die Software wird von jeder Mannschaft selbst programmiert. Und entscheidet so über Sieg oder Niederlage.

Wenn sich die jeweils fünf Roboter eines Teams auf dem Spielfeld gegenüberstehen, kann niemand mehr eingreifen. Die Roboter agieren völlig autonom, werden nicht gesteuert. Die Bremer Roboter sind dabei besonders erfolgreich, wie die Infografik zeigt:

Die Studierenden engagieren sich mit Spaß und Leidenschaft beim Robo-Gekicke. "Das Thema ist sehr praktisch und gleichzeitig technisch anspruchsvoll. Durch die Meisterschaften gibt es zudem einen kompetitiven Aspekt, der motiviert", sagt etwa Jesse Richter-Klug. Der Informatikstudent im Masterstudium verbringt mit gut 20 Stunden in der Woche viel Zeit in der Robowerkstatt des DFKI.

Die sieht aus wie eine Mischung aus Fußballarena und Lan-Party: Auf der einen Seite ein halbes Feld mit Tor, auf der anderen ein großer Tisch mit einem gutem Dutzend Laptops. "Bei uns kann sich jeder mit dem Aspekt beschäftigen, der ihm am meisten Spaß macht, etwa Bildverarbeitung oder das Kicken". Programmieren mehrere Studenten an der gleichen Aufgabe – zum Beispiel das schnelle Aufstehen nach einem Sturz – treten die verschiedenen Code-Schnipsel am Ende gegeneinander an. Der beste Code schafft es in die finale Version.

Der Weltmeister-Pokal geht nach Bremen

Die finale Version hat auch 2016 funktioniert: B-Human wurde beim RoboCup auf Herz und Nieren – oder besser gesagt Servomotor und Schaltkreis – geprüft. Und die Software hat überzeugt. Sowohl die dribbelstarken Leipziger als auch die Weltmeister 2015 aus Australien ließ das Bremer Team hinter sich und setzte sich schließlich im Finale gegen UT Austin Villa im 11 - beziehungsweise 1,3- Meterschießen durch. Die Tüftelei der Bremer Nachwuchswissenschaftler hat sich gelohnt: B-Human wurde zum fünften Mal in acht Jahren Weltmeister. 2017 haben sie dann bei den deutschen Meisterschaften nachgelegt - hier verteidigten sie im Mai erfolgreich ihren Deutscher Meister-Titel.


Premiere für B-Human in der Outdoor-Klasse

Zwei neue Herausforderungen kamen in diesem Jahr auf die Nao-Roboter zu, wie uns Jesse im Vorfeld erzählt: "Wir treten dieses Jahr in der Outdoor-Klasse an, spielen auf einem Kunstrasen-ähnlichen Teppich." Fieser Untergrund für Roboter-Latschen – Gleichgewicht halten ist hier die große Kunst. Und Stollen sind nicht erlaubt. Zweite Herausforderung: Wird üblicherweise bei gleichmäßigem Kunstlicht gespielt, kicken die Robos nun bei Tageslicht. Sonne und Schattenspiel können jederzeit die Bilderkennung durcheinanderbringen. Bis zur letzten Minute wurde getestet und optimiert. So mancher kleine Nao-Roboter taumelte auf dem Spielfeld und verlor auch mal das Gleichgewicht. Dennoch erreichte B-Human in der Outdoor-Competition den zweiten Platz.

Die Regeln im RoboCup werden von Jahr zu Jahr anspruchsvoller. So ist seit Anfang 2016 der Ball erstmals nicht mehr leuchtend orange sondern schwarzweiß – sehr schwierig zu erkennen für die Kameras, denn Feldlinien, andere Roboter und Tor sind ebenfalls weiß. Der steigende Schwierigkeitsgrad ist ganz bewusst so gewählt, so wird das Spiel immer realistischer zum echten Fußball. Bis sie dann 2050 endlich 1:1 gegen echte Spieler bolzen.

Bremen als herausragenden Informatik-Standort positionieren

Die Studierenden engagieren sich mit Spaß und Leidenschaft beim Robo-Gekicke. "Roboterfußball selbst ist ein Forschungsfeld, wir haben schon viele Publikationen darüber veröffentlicht“, erzählt Röfer vom DFKI, "außerdem lernen wir hier Dinge, die auch für andere Projekte spannend sein können, es findet ein indirekter Wissenstransfer statt“. So wurden Teile der Softwarearchitektur für das DFKI-Projekt ASSAM - Assistance for Safe Mobility verwendet, das Menschen mit Beeinträchtigungen in ihrer Mobilität unterstützen soll.

Weiterer Vorteil von B-Human: Das Projekt zieht junge Studierende nach Bremen und als Forschernachwuchs an das DFKI. Das Informatikstudium in der Hansestadt wird so attraktiv für Abiturienten, denn sie haben hier die Möglichkeit, Roboterforschung auf dem neusten Stand der Technik zu betreiben. Das Projekt Robo-Cup ist in das Informatik-Curriculum der Universität Bremen integriert - Studierende, die sich für die Robofußballer engagieren, bekommen so etwa im Rahmen ihres Informatik-Studiums dafür Credit-Points zugute geschrieben.

Das zahlt so auch auf den Technologiestandort Bremen ein. Denn Aufmerksamkeit ist dem Champion im Roboterfußball gewiss. Und mit ihm auch seinen Sponsoren – die wichtig sind. "Die Reisen zu den Matches, Reparaturen und Neuanschaffungen, das kostet Geld", sagt Röfer. So sind Unterstützer willkommen, wie etwa die Wirtschaftsförderung Bremen. "Für uns sind die Minifußballer die perfekten Botschafter für den IT- und Wissenschaftsstandort", bestätigt Dr. Klaus Sondergeld, ehermaliger Geschäftsführer und Leiter Standortmarketing der WFB.

Ob es bis 2050 klappt mit dem Match "Jogis Jungs“ gegen "Röfers Roboter“, da ist sich der Teamchef vom DFKI noch nicht sicher. Aber, dass bis dahin Roboter einen viel größeren Platz in unserem Alltag einnehmen werden. "Autonomes Fahren wird ein erster Schritt dahin sein, mit den menschenähnlichen Roboter dauert es noch etwas, aber geschehen wird es ganz bestimmt", so Röfer.



Anlässlich der WM haben auch die Wissenschafts-Erklärer von Science Cliption einen Beitrag gemacht. Begleiten Sie jetzt Sheldon, den Robofußballer:

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