Mit Nachwuchskräften nachhaltig die Energiewende bestreiten
Start-upsDer QLab Think Tank entwickelt Innovationsprozesse im Bereich der Nachhaltigkeit
In fünf Wochen ein Unternehmen neu aufstellen, ein Geschäftsmodell neu anpacken? Das kann gelingen. Andrea Kuhfuß vom Bremer Think Tank QLab weiß, wie man mit jungen Nachwuchskräften solche Herausforderungen angeht – und unterstützt damit Unternehmen in der Energiewende.
„Wie können sich Stadtwerke aufstellen, um Klimaziele zu erreichen und die Energieversorgung sicherzustellen?“ – eine hochkomplexe Frage, auf die wohl niemand eine Antwort hat. Aber eine Frage genau nach dem Geschmack von Andrea Kuhfuß und den Nachwuchskräften des QLabs.
Die Expertin für Organisationsentwicklung berät mit ihrem Think Tank Unternehmen oder Kommunen in der Energiewende, wie etwa Stadtwerke. Das QLab entstand 2020 und wurde gemeinsam von Andrea Kuhfuß und Boris Gloger gegründet.
Frau Kuhfuß, wahrscheinlich könnte man nicht falscher liegen, als wenn man beim QLab von einem Beratungsunternehmen sprechen würde, oder?
Kuhfuß: Ja, wir sind keine klassische Unternehmensberatung. Wir machen schwierige Sachverhalte in Unternehmen oder Institutionen besprechbar. Wir schauen uns Problemstellungen an, über die andere nicht sprechen können oder wollen – aus politischen oder organisatorischen Gründen. Viele Unternehmen tun sich mit Innovationsprozessen schwer, vor allem darin, gute Ideen vom Papier in die Realität umzusetzen und die dafür nötigen Ressourcen im Unternehmen zusammenzubringen. Da setzen wir an, diese Prozesse moderieren und steuern wir. Dabei konzentrieren wir uns auf Nachhaltigkeitsfragen in der Energiewende.
Wie sieht diese Arbeit konkret aus?
Kuhfuß: Wir arbeiten mit sogenannten Innovation Sprints. Wir laden fünf Nachwuchskräfte aus aller Welt ein, konzentriert in fünf Wochen an einer konkreten Unternehmensherausforderung zu arbeiten. Wir greifen dabei auf agile Design-Thinking-Prozesse zurück, die es ermöglichen, innerhalb kürzester Zeit beeindruckende Ergebnisse auf die Beine zu stellen.
Kommen die Teammitglieder dafür nach Bremen?
Kuhfuß: Nein, wir verstehen uns als Expert:innen für Remote Work. Unsere Sprint-Teilnehmenden sitzen in Indien, Brasilien, Puerto Rico, Mexiko wie auch Deutschland. Das klappt ganz wunderbar.
Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Können Sie ein Beispiel für so einen Sprint geben?
Kuhfuß: Unser aktueller Sprint – der fünfte – befasst sich mit der Frage, wie Stadtwerke sich aufstellen können, um Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig die Energieversorgung sicherzustellen. Eine hochkomplexe Frage, zu der es noch keine Antwort gibt – deshalb stellen wir sie uns. Innerhalb von fünf Wochen ist dabei nicht nur ein mehr als 70-seitiger Bericht mit Handlungsempfehlungen und Roadmaps entstanden, sondern auch der Prototyp einer App. Und dieses Wissen können wir nun wiederum an andere Stadtwerke weitergeben, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.
Wer war die Auftraggeberin des jetzigen Sprints?
Kuhfuß: Die Stadt Verden, denen die Stadtwerke Verden gehören.
Zu welchen Erkenntnissen kam das interdisziplinär aufgestellte Team in diesen fünf Wochen?
Kuhfuß: Stadtwerke stehen vor großen Herausforderungen: Natürlich müssen sie die Versorgungssicherheit gewährleisten, aber Klimaneutralität darf dabei nicht aus den Augen geraten, gerade, weil auch in absehbarer Zeit gesetzliche Vorgaben zu erfüllen sind – etwa über das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz. Gleichzeitig verändert sich das Geschäftsmodell der Stadtwerke selbst, denn immer mehr Menschen und Unternehmen produzieren ihren eigenen Strom über Solaranlagen und brauchen Energieversorger nicht mehr in diesem Maße. Zudem wissen viele Bürgerinnen und Bürger sehr wenig über die Energiewende oder fühlen sich angesichts der Komplexität überfordert.
Und hier, so unsere Erkenntnisse, könnten Stadtwerke neue Wege gehen und sich neue Geschäftsmodelle eröffnen: Indem sie ein One-Stop-Shop zu allen Energiethemen werden.
Also eine erste Anlaufstelle?
Kuhfuß: Genau. Wir haben den Prototyp einer App gebaut, die umfangreiche Informationen bietet, Produkte aufzeigt, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Tools enthält, um etwa den eigenen CO2-Fußabdruck zu messen. Wenn Stadtwerke so einen Info-Hub anbieten, schaffen sie sich neue Möglichkeiten. Und das ist nur ein Beispiel von vielen aus unserem Bericht.
Wie kommen die Sprint-Teilnehmenden zu diesen Ergebnissen?
Kuhfuß: Der Design-Thinking-Prozess ermöglicht es uns, schnell und trotzdem tiefgreifend zu arbeiten. Das Team führt Recherchen durch, befragt Betroffene in den Unternehmen und Kommunen, aber auch Bürgerinnen und Bürger sowie Branchenexpert:innen. Idealerweise arbeiten auch Beschäftigte unserer Kundinnen und Kunden während der fünf Wochen ganz oder teilweise mit. Wir erreichen so eine tiefe Verzahnung im Unternehmen und das ist natürlich wichtig, damit der Prozess funktioniert. Natürlich sind wir auch nach den fünf Wochen weiterhin aktiv dabei, den Innovationsprozess fortzuführen, wenn die Unternehmen das wünschen.
Und woher kommt das Team für den jeweiligen Sprint?
Kuhfuß: Wir veröffentlichen Ausschreibungen an internationalen Universitäten und auf Jobportalen, suchen dort nach Master-Studierenden, die Qualifikationen in den relevanten Fachgebieten mitbringen. Das sind aktuell etwa angehende Ingenieurinnen und Ingenieure im Bereich der Umweltwissenschaften. Unsere Aufgabe ist es dann, die Bewerberinnen und Bewerber auszuwählen und daraus ein Team zu formen, das wir dann während des Sprints eng betreuen.
Was haben die Nachwuchskräfte davon?
Kuhfuß: Für sie ist es eine wahnsinnig wertvolle Erfahrung, da sie oft das erste Mal an echten Problemstellungen arbeiten und nicht nur Theorie pauken. Sie erhalten einen Einblick ins Arbeitsleben, aber auch moderne Arbeitsmethoden. Natürlich erhalten sie auch eine Aufwandsentschädigung in dieser Zeit, aber es geht niemandem ums Geld.
Zudem entstehen Kontakte zu Unternehmen, die sie später einmal einstellen können. Aus früheren Sprints sind bereits Beschäftigungsverhältnisse entstanden. Denn die teilnehmenden Unternehmen lernen so auch, welche wertvollen Impulse von dort kommen – und können die Sprints zur Rekrutierung nutzen.
Was müssen Unternehmen mitbringen, die jetzt vor Herausforderungen in der Energiewende stehen und vielleicht aufmerksam geworden sind auf das QLab?
Kuhfuß: Zwei Dinge. Zum einen müssen sie offen für unseren Arbeitsprozess sein und bereit sein, mit uns über Prozesse und Abläufe zu sprechen. Und zweitens müssen sie bereit sein, die Ergebnisse der Arbeit öffentlich zu machen. Wir glauben daran, dass wenn man Wissen teilt, auch sein eigenes Wissen multipliziert. Aus unseren Projekten sollen alle etwas haben, unsere Teams, die teilnehmenden Unternehmen und das QLab.
Es muss auch nicht zwingend ein Innovation Sprint sein. Wir teilen unser Wissen gern, ich halte viele Vorträge. Kürzlich etwa im Rahmen der Büroeröffnung des Netzbetreibers TenneT in Bremen, wo ich einen Talk zu „Chancen und Herausforderungen des Netzausbaus in Bremen“ moderiert habe. Wir freuen uns immer über Neugier und sind offen für alles.
Frau Kuhfuß, vielen Dank für das Gespräch!
Erfolgsgeschichten
Prof. Dr. Karen Struve ist Professorin für Frankoromanistik an der Universität Bremen. In ihrem Forschungsfeld beschäftigt sie sich unter anderem mit postkolonialen Literatur- und Kulturtheorien sowie mit den Narrativen der Angst und der weltweiten Anxiety Culture. Was Karen Struve an ihrer Arbeit besonders begeistert, verrät sie bei „Wissenschaft persönlich".
Mehr erfahrenVor seiner Pensionierung war er wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Interkulturelle und Internationale Studien sowie Leiter des Arbeitsbereich Wahlen und Parteien am Institut für Politikwissenschaft. Heute engagiert er sich beim Hannah Arendt Institut für politisches Denken und führt außerdem seine Forschung im Bereich "Regieren und Politik in Bremen" fort.
zum PorträtEr sorgt dafür, dass sich das Publikum in wenigen Augenblicken in einer Szene orientieren kann: Weit mehr als hundert Filmproduktionen hat der Bremer Szenenbildner Dennis Duis schon begleitet und dabei mit Bildern und Stimmungen die jeweilige Welt geschaffen, in der die Handlung spielt. Eines seiner jüngsten Projekte wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.
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