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1.6.2018 - Jann Raveling

Sieht so das Büro der Zukunft aus?

Automotive

Im Daimler Innolab in der Bremer Überseestadt entsteht der Arbeitsplatz von morgen

Das großflächiges Graffiti von Bremer Künstlern lockert den Workshopraum auf
Das großflächiges Graffiti von Bremer Künstlern lockert den Workshopraum auf © Assassin Design

Das Daimler Innolab in der Bremer Überseestadt ist Experimentierplatz des Autokonzerns. Auf 350 Quadratmetern forschen sieben Doktorandinnen und Doktoranden an den Herausforderungen der automobilen Zukunft.

Kinderzimmer oder Arbeitsplatz? Im „Denkraum“ des Innolabs ist eine Antwort nicht ganz so einfach. Das Zimmer wird von einem riesiges Holzgestell dominiert, das an eine Mischung aus Hochbett und Höhle erinnert. Daneben stehen Minizelte aus Kuschel-Decken und Kissen sowie gemütliche Bänke, die zum Entspannen einladen. Ist das noch Arbeitsplatz? „Ja!“, sagt Christo Papanouskas, Inhaber der Agentur Assassin Ideas und externer Berater im Innolab. „Unsere Denkweise ändert sich je nach Raum, in dem wir uns aufhalten. Wir müssen weg vom Schreibtisch, wenn wir kreativ sein wollen!“

Vorbild ist das Silicon Valley. Google, Amazon und Co. haben seit Jahren Rückzugsräume für ihre Angestellten eingerichtet. Dort ist Denken, Herumspinnen und kreatives Ausleben abseits des stetig blinkenden Mailpostfachs und des unablässig klingelnden Telefons möglich. Das Innolab folgt dieser Idee und denkt sie noch weiter: „Die gesamte Inneneinrichtung ist selbst konstruiert und entspricht so exakt unseren Bedürfnissen“, führt der 26-jährige fort.

Neue Arbeitswelt: demokratisch Unternehmen führen

Der junge Agenturinhaber weiß, wovon er spricht. Mit „Assassin Ideas“ berät er Start-ups und mittelständische Unternehmen zu Innovation, Change Management, Strategien und Geschäftsmodellen. Seine 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genießen viele Freiheiten in ihrer Arbeitsgestaltung, er führt sein Unternehmen demokratisch: Alle entscheiden gemeinsam, wo es hingeht.

Das Innolab ist nicht sein einziges Projekt in Bremen. Zentral am Marktplatz stehen zwei weitere Einrichtungen. Das Space 27 ist ein Workshopraum, der für moderne Arbeitsprozesse ausgerüstet ist und von Unternehmen gemietet werden kann. Und Work 15 ist ein Coworking-Space für Freiberufler oder kleine Teams.

Selbstkonstruierte Bank aus Paletten im Denkraum
Selbstkonstruierte Bank aus Paletten im Denkraum © Assassin Design

Die Kooperation mit Daimler entstand auf einem Start-up-Event in Bremen, das Papanouskas moderierte. Der Konzern suchte jemanden, der sich mit New Work auskannte und Papanouskas war angetan von der Idee, einen Experimentierplatz bauen zu können.

MIt Büro im Eigenbau Identifikationsorte schaffen, Menschen begeistern

Sieben Wochen lang haben die Daimler-Doktoranden und das Agentur-Team gemeinsam fünf Tonnen Holz und 1,2 Tonnen Splitt geschleppt, zersägt und zusammengezimmert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Eine modulare und mobile Küche, ein großer Seminarraum mit Hockern, Tischen und Podesten, ein Rückzugs- und Denkraum, zwei holzvertäfelte Balkone, einen Zen-Garten und ein Büro mit zwölf Arbeitsplätzen, höhenverstellbar und mobil. Alles im vierten Stock eines Bürokomplexes inmitten der Bremer Überseestadt.

Und das alles für sieben Doktoranden?

„Das Innolab ist Forschungsort, Experimentierplatz und Weiterbildungsstätte zugleich“, führt Papanouskas aus. Die Doktoranden forschen hier einerseits an Zukunftsthemen, andererseits erproben sie neue Arbeitsmethoden und -umfelder. Und sie geben ihr Wissen weiter. Regelmäßig kommen Teams in das Innolab, um sich in Workshops von den Doktoranden zu neuen Arbeitsmethoden wie Scrum, Design Thinking, Kanban weiterbilden zu lassen. Oder die Räume zu nutzen, um hier Seminare zu abteilungsinternen Themen abzuhalten.

Christo Papanouskas, Agenturgründer und Berater im Innolab
Christo Papanouskas, Agenturgründer und Berater im Innolab © Assassin Design

Unternehmen können die Räume für bis zu 20 Personen samt Ausstattung für Kreativworkshops mieten. So profitieren alle vom Wissen und tauschen sich dabei intensiv miteinander aus. Das Büro bietet außerdem Platz für Coworking-Schreibtische. „Wir suchen bewusst den Kontakt zu den vielen Start-ups und Kreativen in der Bremer Überseestadt, um unser gemeinsames Ideenpotenzial auszuloten“, so Papanouskas.

Unsicherheit begegnen, die Zukunft ordnen

Coworking, Raumvermietung – das hört sich ganz und gar nicht nach einem Großkonzern an. Was treibt Daimler an, das Innolab zu gründen? „Die Wirtschaftswelt der Zukunft ist durch Unsicherheit und hohe Dynamik bestimmt“, sagt Papanouskas. „Frühere No-Goes lösen sich auf. Die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem verschwimmen, die Eigenverantwortlichkeit steigt, der Stechuhr-Kapitalismus nimmt ab.“ Gleichzeitig verändern sich Konsummodelle. Carsharing wird immer attraktiver, nicht jeder möchte in Zukunft ein eigenes Auto haben. Ungewohntes Terrain für einen Autokonzern.

Eine Zukunft, auf die sich „der Stern“ frühzeitig einstellen muss. Aus diesem Grund gibt es Innolabs in ganz Deutschland – in Bremen das zur Arbeitswelt der Zukunft. „Wir schauen uns hier die nächsten 15 Jahre an. Die Doktoranden forschen zu Fragen wie: Wie kann man Führungskräfte auf die Arbeitswelt von morgen vorbereiten? Wie lässt sich die Schwarmintelligenz nutzen? Wie können wir in unbestimmten Situationen Profit generieren?“

Das Arbeiten neu erlernen

Herausfordernde Fragen in einer herausfordernden Umgebung. „Wir haben eine steile Lernkurve hinter uns. Es gibt hier keine strengen Arbeitsvorgaben, jeder muss sich selbst organisieren. Mit dieser Freiheit der Arbeit umzugehen ist anstrengend“, berichtet Papanouskas von den ersten Wochen im Lab. „Die Technik – die Digitalisierung – ist im Büro der Zukunft nicht entscheidend. Es ist wichtiger, wie wir kommunizieren und uns organisieren.“

Arbeitsraum im Innolab: Sieht nicht spektakulär aus, aber alle Schreibtische sind selbst konstruiert, höhenverstellbar und mobil
Arbeitsraum im Innolab: Sieht nicht spektakulär aus, aber alle Schreibtische sind selbst konstruiert, höhenverstellbar und mobil © Assassin Design

Denn der Arbeitsalltag werde in Zukunft immer fragmentierter. Angestellte müssen gleichzeitig an vielen kleinen Aufgaben arbeiten, hätten kaum Zeit, konzentriert an einer Sache zu bleiben, so Papanouskas. Damit umzugehen, müsse jeder erst lernen. Ein Ergebnis aus dem Innolab ist deshalb eine neue Art, Meetings abzuhalten. Die Forscherinnen und Forscher treffen sich heute zu mehreren 20-Minuten-Meetings als zu stundenlangen Besprechungen. Darüber hinaus organisieren sie im digitalen CRM-System ihren Alltag. Offline und online, beides ist wichtig in der Arbeitswelt der Zukunft.

Kreativität auch abseits von Kreativjobs nutzen

Für viele mag das alles utopisch klingen. Denn ein Großteil der Industrie-Jobs von heute passt nicht in dieses Schema. Ein Bandarbeiter kann nicht entscheiden, wann er zur Arbeit kommt oder womit er sich am heutigen Tag beschäftigt – Chaos wäre vorprogrammiert. Eine Buchhalterin hat einen genau definierten Aufgabenbereich und kann sich nicht ihre Arbeit selbst suchen.

„Aber auch diese Personen haben wertvolle Ideen, die ein Unternehmen nutzen muss, um in Zukunft zu überleben“, so Papanouskas. Es sei wichtig, diese Erfahrungen wertzuschätzen – vielleicht in einem interdisziplinären Design-Thinking-Workshop, an dem neben Ingenieuren und Produktdesignern auch Bandarbeiter oder Lackierer teilnähmen. Außerdem befinden sich viele Jobs im Wandel. Aufgaben werden künftig von Computern übernommen, die frei werdende Zeit könne dann mit anderen Tätigkeiten ausgefüllt werden, die dann kreativer, freier sein würden als bisher.

Bis es soweit ist, wird im Innolab noch viel gewerkelt, umgebaut, gedacht und erfunden. „Das Büro ist nie fertig“, schließt Papanouskas, „deshalb haben wir jeden Mittwoch einen Bau-Nachmittag eingeführt. Damit an anderen Tagen in Ruhe gearbeitet werden kann.“


Kontakt zum Innolab: Christo Papanouskas, c.papanouskas@assassin-ideas.com, 01702316996


Ihre Ansprechpartnerin für den Gewerbepark Hansalinie ist Jutta Zernikow, Tel.: 0421 9600 249, jutta.zernikow@wfb-bremen.de.

Weitere Informationen zur Überseestadt Bremen, Ansiedlung und Vermarktung erhalten Sie bei Dagmar Nordhausen, Tel. +49 (0)421 9600 252, dagmar.nordhausen@wfb-bremen.de und Jons Abel, Tel. +49 (0)421 9600 613, jons.abel@wfb-bremen.de.

Mehr Informationen zur Automobilwirtschaft in Bremen auf unserer Übersichtsseite.

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