Der Astronaut als Bäcker
Frisch gebackene Brötchen auf dem Frühstückstisch, noch warm und lecker duftend: Für viele gibt es keinen besseren Start in den Tag. Astronauten bleibt dieser Genuss bisher verwehrt, denn Backöfen im Weltall gibt es nicht. Noch nicht. Das Bremer Start-up „Bake in Space“ arbeitet daran, das bald zu ändern. Wenn alles nach Plan läuft, wird der deutsche Astronaut Alexander Gerst 2018 bei seiner Mission zur Internationalen Raumstation ISS zum ersten Mal überhaupt „außerirdische“ frische Backwaren genießen können.
Ein Stück Heimat in der Ferne
„Unser Ziel ist es, die Zukunft des Menschen im All mitzugestalten“, sagt Sebastian Marcu, Gründer und Geschäftsführer von Bake in Space. Dabei könne Brot eine wichtige Rolle spielen – sowohl für die langfristige Versorgung als auch für die Bekämpfung von Heimweh, denn mit Geschmack und Duft von frischem Brot verbänden die meisten ein Stück Heimat. Die Idee zum Projekt stammt von dem deutschen Raumfahrtingenieur Neil Jaschinski, der ebenfalls zum Team gehört und in den Niederlanden beheimatet ist, wo er die heimische Backkunst schmerzlich vermisst. Er backt daher selbst zu Hause und bringt immer wieder auch Brot von Geschäftsreisen aus Deutschland mit. „Es gibt zwei deutsche Kernkompetenzen“, meint Marcu. „Die eine ist Technologie und die andere Brot. Da wäre es doch schade, wenn wir das Backen im Weltraum den Amerikanern überlassen würden.“
Weltweite Aufmerksamkeit
Im März 2017 hat der 43-jährige Medieninformatiker sein Unternehmen mit Sitz im Bremer Innovations- und Technologiezentrum (BITZ) offiziell gegründet. Nur wenige Wochen später gewann Bake in Space bereits die ESA BIC Challenge – einen Wettbewerb, der neue Geschäftsideen mit dem Fokus auf substantiellen Fortschritt in der Kommerzialisierung der Raumfahrt fördert. Es folgte ein Bericht in der Fachzeitschrift „New Scientist“, den unterschiedliche Medien auf der ganzen Welt aufgriffen. Sogar der amerikanische Talkmaster Jimmy Kimmel machte das deutsche Weltraumbrot schon auf humorvolle Weise in seiner Sendung zum Thema. „Die Sache schlägt wirklich hohe Wellen“, erzählt Marcu. „Für uns ist es spannend zu sehen, wie groß das Interesse auch international ist.“
Selbstversorgung für lange Reisen
Hohe Wellen hat einst auch eine Geschichte aus dem Jahr 1965 geschlagen, als zwei amerikanische Astronauten ein Corned-Beef-Sandwich an Bord ihres Raumschiffes schmuggelten und aßen. Nach ihrer Rückkehr zur Erde handelten sie sich dafür einen Rüffel der Raumfahrtbehörde NASA ein, da die in der Schwerelosigkeit herumschwebenden Krümel zu einer ernsten Gefahr für Mensch und Maschine hätten werden können. Seither ist Brot im Weltall tabu, als Alternative haben sich inzwischen Tortilla-Wraps bewährt. Ansonsten besteht die Nahrung im Wesentlichen aus vorproduzierten, dehydrierten oder gefriergetrockneten Lebensmitteln. „Aber wie versorgen wir die Menschen, wenn es künftig weiter hinausgehen soll und eine Reise 500 Tage und nicht mehr ein paar Monate dauert? Das geht nur über Selbstversorgung“, ist Marcu überzeugt. „Wir sehen darum im Brot eine Lebensgrundlage für die bemannte Raumfahrt der Zukunft.“ Gebraucht werde allerdings eine möglichst krümelfreie Variante.
Ohne Spezial-Ofen geht nichts
Auf der Erde ist alles ganz einfach: Der Teig wird hergestellt, in den vorgeheizten Ofen geschoben und nach einer bestimmten Backzeit wieder herausgenommen. Im All ist die Brotproduktion hingegen ein komplexer Vorgang. Nicht nur, dass die Backware nicht krümeln darf – auch der Ofen muss andere Anforderungen erfüllen als beim irdischen Backen. So darf keine der Außenflächen wärmer als 45 Grad werden, damit sich niemand verletzt. Vorheizen ist zu gefährlich, da beim Öffnen der Tür eine heiße Luftblase entweichen würde, die sich in der Schwerelosigkeit nicht sofort mit der umgebenden Luft vermischt. An dieser unsichtbaren Blase könnten sich die Astronauten verbrennen, weswegen der Ofen auch eine aktive Kühlung für die Zeit nach dem eigentlichen Backvorgang benötigt. Weil das Brot dadurch länger im Ofen bleiben muss, ist zudem eine Befeuchtungsvorrichtung erforderlich, damit es nicht austrocknet.